"Unglaublicher Schlag gegen die Pressefreiheit" Russland lädt Deutsche Welle zum Krisengespräch
Der Auslandssender Deutsche Welle will seine Büros in Moskau nicht kampflos aufgeben. Rundfunkrat und Intendanz drängen darauf, dass Russland die Maßnahmen gegen den Sender rückgängig macht.
Nach der Schließung des Büros der Deutschen Welle in Moskau hat das russische Außenministerium den Büroleiter zu einem Gespräch eingeladen. Dabei solle es um die nächsten Schritte nach der von dem Ministerium angeordneten Schließung gehen, teilte die Deutsche Welle am Montag nach einer gemeinsamen Sitzung von Rundfunkrat und Verwaltungsrat mit.
Die Gremien forderten Russland auf, den Entzug der Akkreditierung sowie die Schließung des Büros unverzüglich rückgängig zu machen. Der Rundfunkratsvorsitzende, Prälat Karl Jüsten, sprach von einem "unglaublichen Schlag gegen die Pressefreiheit".
Intendant Peter Limbourg erklärte: "Wir hoffen stark, dass die russische Seite ihre völlig überzogene Entscheidung revidieren wird." Mit der Schließung des Moskauer DW-Büros nehme sich die russische Seite "auch selbst die Möglichkeit, ihre Standpunkte aus erster Hand in unserem Programm abzubilden".
Revanche für Umgang mit RT DE?
Als Vergeltung für den Ausstrahlungsstopp des russischen Fernsehkanals RT DE in Deutschland hatte Moskau der Deutschen Welle am Donnerstag ein Sendeverbot erteilt. Nach Angaben der zuständigen deutschen Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) hat RT DE jedoch nie die nötige medienrechtliche Zulassung beantragt. Das DW-Büro in Moskau hatte die erforderlichen Lizenzen der russischen Behörden.
Die Deutsche Welle veröffentlichte am Montag einen Auszug aus der Email, in der das russische Außenministerium das Moskauer DW-Büro über die Maßnahmen informiert hat.
Darin heiße es: "Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass im Zusammenhang mit den von russischer Seite ergriffenen Vergeltungsmaßnahmen gegen die unfreundlichen Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zum Verbot der Satelliten- und sonstigen Ausstrahlung des deutschsprachigen Fernsehsenders RT DE die Akkreditierung von Mitarbeitern des Büros der Fernseh- und Radiogesellschaft Deutsche Welle vom russischen Außenministerium ab dem 4. Februar 2022 aufgehoben wird."
Weiterer Eklat um Antisemitismus-Vorwürfe
Auch Antisemitismus-Vorwürfe gegen Mitarbeiter der Deutschen Welle halten den Auslandssender derzeit in Atem. Inzwischen hat der Sender in fünf Fällen ein Trennungsverfahren eingeleitet. Das sagte DW-Intendant Peter Limbourg am Montag in einem Pressegespräch. Zu den einzelnen Mitarbeitern wurden keine Angaben gemacht.
In den vergangenen Wochen lief eine externe Untersuchung gegen einige Mitarbeiter der Arabisch-Redaktion sowie freischaffende Mitarbeiter der DW im Ausland, nachdem Vorwürfe durch einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung" Ende November öffentlich bekanntgeworden waren. Die Mitarbeiter wurden für die Zeit der Prüfung freigestellt.
Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Psychologe Ahmad Mansour stellten am Montag Ergebnisse vor. Sie betonten, dass es sich um punktuelles Fehlverhalten gehandelt habe. Ein struktureller Antisemitismus in der Arabisch-Redaktion sei nicht festgestellt worden.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa