Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Proteste in Belarus Uroma kämpft gegen Lukaschenko: "Sie ist die Heldin unserer Zeit"
Nina Baginskaya läuft ganz vorn mit bei den Protesten gegen den belarussischen Präsidenten Lukaschenko. Seinen Einsatzkräften blockiert sie den Weg – und gelegentlich verteilt die 73-Jährige auch Tritte.
"Ich gehe spazieren", sagt die ältere Frau zu dem vermummten Polizisten, der sich ihr auf einer Brücke in Minsk am 13. August in den Weg stellt. Er will sie stoppen, doch die Dame lässt sich nicht beirren. Wie schon oft zuvor bahnt sie sich den Weg an dem Polizisten vorbei.
Es ist Nina Baginskaya. Die kleine Frau mit den weißen Haaren lässt sich von Lukaschenkos Einsatzkräften nicht einschüchtern. Die Urgroßmutter protestiert nicht zum ersten Mal gegen die Verhaftung politischer Gefangener. Seit 1988 nimmt sie an Demonstrationen in Belarus teil. Immer ging es dabei um mehr Freiheit für die Menschen, mehr Autonomie und weniger staatliche Repression.
Die rot-weiße Fahne immer in der Hand
Und nun ist Baginskaya also bei den Protesten gegen Lukaschenko dabei. Mittlerweile ist sie eine der Galionsfiguren der Protestbewegung. Denn die Bilder von ihren Auseinandersetzungen stehen wie ein Sinnbild für die Proteste: Auf der einen Seite der Staat in Form von vermummten Sicherheitskräften mit Maschinengewehren. Auf der anderen Seite ist da die kleine, alte Frau. Ohne Waffe, doch mit weiß-roter Fahne in der Hand, dem Banner der Oppositionellen in Belarus.
Als ein Polizist mal versuchte, Baginskaya die Protest-Fahne zu entreißen, stellte sie sich gewaltsam gegen ihn. Ein anderes Mal läuft sie dem Polizisten hinterher und tritt ihm gegen das Schienbein. "Wenn dir jemand etwas wegnimmt, sagst du nicht 'Dankeschön'", erklärt sie danach der BBC.
Trotz Verhaftungen und Bußgeldern – Baginskaya hält stand
Baginskaya denkt trotzdem nicht daran, im Kampf gegen Lukaschenko aufzugeben. Die Rückschläge schüchtern sie nicht ein, ihr Ziel bleibt der Rücktritt des Präsidenten.
Immer wieder stellt sie sich den bewaffneten Polizisten in den Weg. Um zu verhindern, dass Demonstranten abtransportiert werden, baute sie sich vor einem gepanzerten Fahrzeug der Polizei auf und wich auch nicht zur Seite als die zwei Insassen ausstiegen – im Gegenteil: Sie diskutierte mit ihnen über die Verhaftung der Demonstranten.
Baginskaya selbst wurde mittlerweile so oft verhaftet, dass die Behörden einen Teil ihrer Rente konfisziert haben. Sie habe die ihr auferlegten Geldstrafen bei einer Höhe von 15.000 Euro aufgehört zu zählen, erklärt sie einer Zeitung aus Belarus.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Demonstranten rufen: "Nina! Nina!"
Als sie im September einige Einsatzkräfte festnehmen wollten, widersetzte sich Baginskaya und versucht einem Polizisten die Sturmhaube vom Kopf zu ziehen. Diese Taktik wird nun von ihren Anhängern kopiert. Bei einem erneuten Verhaftungsversuch Baginskayas riefen die Demonstranten: "Nina! Nina!" und rissen den Polizisten die Sturmmaske vom Kopf.
Plätze und Straßen in Minsk werden nun inoffiziell von Oppositionellen nach Namen der Protestbewegung benannt. Ein Platz trägt seit kurzem nun Baginskayas Namen. "Sie ist die Heldin unserer Zeit!", sagt eine Demonstrantin über sie der BBC.