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Militärputsch in Mali: Präsident verkündet Rücktritt


Nach Meuterei
Militärputsch in Mali: Präsident verkündet Rücktritt

Von dpa, reuters, sje

Aktualisiert am 19.08.2020Lesedauer: 4 Min.
Ibrahim Boubacar Keita: Mali's Präsident hat seinen Rücktritt in einer Fernsehansprache angekündigt.Vergrößern des Bildes
Ibrahim Boubacar Keita: Mali's Präsident hat seinen Rücktritt in einer Fernsehansprache angekündigt. (Quelle: Archivbild/Ludovic Marin/Pool via AP)

Mali steckt seit Monaten in einer politischen Krise, etliche Terrorgruppen sind in dem afrikanischen Land aktiv. Nach einer Meuterei sollen nun der Staatschef sowie der Premierminister festgenommen worden sein.

Malis Präsident Ibrahim Boubacar Keïta ist nach einem Putschversuch des Militärs zurückgetreten. Seinen Rücktritt verkündete er am frühen Mittwochmorgen in einer live im Fernsehen ausgestrahlten Ansprache. "Ich habe mich entschieden, meinen Posten zu verlassen", sagte er, bekleidet mit einer Maske zum Schutz vor dem Coronavirus.

Am Dienstag hatten Soldaten bei einer Meuterei Keita und Mitglieder seiner Regierung festgenommen. "Ich möchte, dass kein Blut vergossen wird, um mich an der Macht zu halten", sagte er weiter. Keita dankte "dem malischen Volk für seine Unterstützung in diesen langen Jahren".

Im dem westafrikanischen Krisenstaat hatten zuvor Mitglieder der Sicherheitskräfte gemeutert. In der Garnisonsstadt Kati, die rund 15 Kilometer von der Hauptstadt Bamako entfernt liegt, sei es am Dienstag "zu einer Meuterei von Bewaffneten und Schusswechseln" gekommen, hieß es in einer Sicherheitswarnung des Auswärtigen Amtes in Berlin. Zudem habe es Spannungen in Bamako gegeben. Daraufhin seien Staatschef Ibrahim Boubacar Keïta und Premierminister Boubou Cissé festgenommen worden, sagte Sidi Gakou, ein der Meuterei nahe stehender Offizier, der Deutschen Presse-Agentur. Dies konnte zunächst nicht unabhängig bestätigt werden.

Der Kommissionschef der Afrikanischen Union (AU), Moussa Faki Mahamat, verurteilte die Festnahme des Präsidenten, Regierungschefs und anderen Regierungsmitgliedern aufs Schärfste. Er rief zu ihrer sofortigen Freilassung auf. Zudem verurteilte er "jeden Versuch einer verfassungswidrigen Änderung".

Die Anführer des Militärputsches versprachen, "in angemessener Zeit" Neuwahlen abzuhalten. "Wir, die patriotischen Kräfte des Nationalen Komitees zum Wohl des Volkes, haben entschieden, unsere Verantwortung vor dem Volk und der Geschichte zu übernehmen", sagte Ismael Wagué, der stellvertretende Stabschef der Luftwaffe, im Staatsfernsehen. Zugleich versprach er, bestehende internationale Verträge würden eingehalten.

Hintergründe unklar

Der Hintergrund der Meuterei war bislang unklar. In Bamako gab es der US-Botschaft zufolge Berichte von Soldaten, die durch die Stadt fuhren und in die Luft schossen. Zudem gebe es Berichte über Demonstranten, die sich in der Stadt versammelten. Zuvor hatten mehrere westliche Botschaften vor Spannungen und Unruhen gewarnt und ihren Bürgern vor allem in Bamako geraten, zu Hause zu bleiben.

Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Meuterei. Der westafrikanische Staatenverbund Ecowas rief zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung auf. Die Militärs sollten unverzüglich in ihre Kasernen zurückkehren. Der Staatenverbund verurteile jeden nicht der Verfassung des Landes entsprechenden Regierungswechsel "aufs Schärfste".

Frankreich schloss sich den Aussagen von Ecowas an, wie es in einer Mitteilung des Außenministeriums hieß. Frankreich bekräftige seine uneingeschränkte Verbundenheit mit der malischen Souveränität und Demokratie, so das Ministerium. Die französischen Behörden folgten demnach den Entwicklungen in Mali aufmerksam.

Macron verspricht Unterstützung

Staatschef Emmanuel Macron habe mit Malis Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta, dessen nigerianischen Amtskollegen Mahamadou Issoufou, dem Präsidenten der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, sowie dem senegalesischen Präsidenten Macky Sall telefoniert, teilte der Élyséepalast mit. Macron habe seinen Gesprächspartnern uneingeschränkte Unterstützung ausgesprochen. Die frühere Kolonialmacht Frankreich ist in Westafrika massiv im Einsatz gegen Islamistenmilizen vertreten, Mali ist ein Schwerpunkt.

Der Putschversuch könne "in keiner Weise eine Antwort auf die tiefe gesellschaftspolitische Krise sein, die Mali seit mehreren Monaten getroffen hat", erklärte zudem der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell via Twitter. In Absprache mit Ecowas, der AU und den Vereinten Nationen fordere die EU einen Dialog.

Mali seit Monaten in der Krise

Mali steckt seit Monaten in einer politischen Krise. Die Opposition im Lande fordert den Rücktritt von Präsident Keïta. Seine Popularität war angesichts von Vorwürfen rund um Korruption und Wahlmanipulationen stark gesunken. Zudem wird er dafür kritisiert, die Gefahr durch den islamistischen Terror nicht in den Griff zu bekommen. Jüngst ist es immer wieder zu großen, teilweise gewalttätigen Protesten in dem Land gekommen. Ecowas hatte daraufhin versucht, zwischen Keïta und dem Anführer der Protestbewegung, Imam Mahmoud Dicko, zu vermitteln.

Ein Sprecher des Oppositionsbündnisses M5-RFP erklärte, die Festnahme des nach seinen Initialen IBK genannten Präsidenten sei kein Militärputsch, sondern ein Volksaufstand. "IBK wollte nicht auf sein Volk hören". Das schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. Auf Änderungsvorschläge habe der Präsident mit "Tötungen" reagiert.

Obwohl die Hintergründe der Meuterei noch unklar sind, bezweifelt Alexandre Raymakers, Sicherheitsexperte der Beratungsfirma Verisk Maplecroft, dass die Oppositionsbewegung dahinter steckt. "Die Meuterei dürfte von einer Vielzahl an Faktoren getrieben sein, die eher eng mit der sich verschlechternden militärischen Lage in Zentral- und Nord-Mali als mit der aktuellen politischen Krise verknüpft sind", betonte er.

UN-Mission mit deutschen Soldaten gegen den Terror

In Mali – sowie anderen Ländern der Sahelzone – sind etliche islamistische Terrorgruppen aktiv, einige haben dem Islamischen Staat (IS) oder Al-Kaida die Treue geschworen. Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International zeigen sich über die steigende Gewalt zunehmend besorgt. Bereits rund 250.000 Menschen wurden aufgrund anhaltender Angriffe allein in Mali vertrieben.

In dem Land sind auch deutsche Soldaten als Teil der UN-Stabilisierungsmission Minusma sowie der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali im Einsatz. Jüngst stimmte der Bundestag mit großer Mehrheit für eine Ausweitung der Beteiligung deutscher Soldaten an der EUTM-Mission.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa, Reuters
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