Sonderbericht zu Ozean und Eismassen Das sind wichtigsten Befunde des Weltklimarats
Der Weltklimarat ist die wichtigste Autorität bei der Vermessung der Klimakrise. Ein neuer Sonderbericht warnt eindringlich vor den Folgen. Der Überblick.
Im Ringen um entschiedene Klimaschutzmaßnahmen liefert der Weltklimarat IPCC neue Argumente. In seinem Sonderbericht über die Ozeane und die weltweiten Eis- und Schneevorkommen, der am Mittwoch in Monaco veröffentlicht wurde, zeichnet das Expertengremium ein alarmierendes Bild der Risiken. Die zentralen Punkte des 900-Seiten-Berichts im Überblick:
Schrumpfende Gletscher
670 Millionen Menschen in höher gelegenen Bergregionen sind bei der Wasserversorgung auf Gletscher angewiesen. Aber der Klimawandel lässt diese Gletscher schnell zurückgehen. Das hat bereits zu einem Anstieg des Wasserabflusses geführt und die Wasserversorgung vorübergehend erhöht – ein Phänomen, das in Asien, den Alpen und Alaska beobachtet wird.
Wenn die Speicher von Gletscherwasser schrumpfen, wird sich der aktuell zu beobachtende Effekt umkehren, wodurch Flüsse austrocknen könnten. Kleinere Gletscher in Regionen wie Ostafrika, den tropischen Anden und Indonesien verlieren bis zum Jahr 2100 voraussichtlich mehr als 80 Prozent ihrer derzeitigen Eismasse, wenn die Emissionen hoch bleiben.
Steigende Meeresspiegel
Der durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursachte Klimawandel treibt die Temperaturen in die Höhe und erwärmt das Meer, wodurch es sich ausdehnt. Das wiederum führt zu einem Anstieg des Meeresspiegels. Wissenschaftler haben festgestellt, dass schmelzende Gletscher und Eisschilde in Polar- und Bergregionen ebenfalls dazu beitragen.
Während sich der globale Meeresspiegel im 20. Jahrhundert um etwa 15 Zentimeter anhob, steigt er jetzt doppelt so schnell – eine Entwicklung, die sich auch noch beschleunigt. Im globalen Klimasystem ist inzwischen so viel Erwärmung eingetreten, dass der Meeresspiegel noch Jahrhunderte lang weiter ansteigen wird. Für das 22. Jahrhundert prognostiziert der Weltklimarat, dass sich der Anstieg verhundertfacht. Statt 3,6 Millimeter jährlich würde das Wasser dann jedes Jahr um mehrere Zentimeter steigen.
Angenommen, die Treibhausgas-Emissionen sinken stark und die Erwärmung lässt sich auf weit unter zwei Grad Celsius begrenzen, wie im Pariser Abkommen von 2015 festgelegt, könnte der Anstieg des Meeresspiegels bis zum Ende des Jahrhunderts auf etwa 30 bis 60 Zentimeter begrenzt werden. Steigen die Emissionen von Treibhausgasen jedoch weiter stark, könnte der Meeresspiegel bis 2100 um 60 bis 110 Zentimeter klettern.
Gezeiten-Hochwasser und Sturmfluten
Setzt sich die Erwärmung fort, werden starke Sturmfluten – die in der Vergangenheit einmal pro Jahrhundert beobachtet wurden – in vielen Regionen regelmäßig auftreten. Und zwar jährlich bis Mitte des Jahrhunderts.
Das erhöht die Risiken für viele niedrig gelegene Küstenstädte und kleine Inseln. Eine Zunahme der Intensität und des Ausmaßes von Sturmfluten und der Niederschlagsraten tropischer Wirbelstürme erhöht die Gefahren – insbesondere, wenn die Treibhausgas-Emissionen nicht stark sinken.
Zusammenbruch der Meeres-Ökosysteme
Bis heute hat der Ozean mehr als 90 Prozent der überschüssigen Wärme im Klimasystem aufgenommen. Bis 2100 wird der Ozean bis zu zwei- bis viermal mehr Wärme aufnehmen als zwischen 1970 und heute – selbst wenn die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzt bleibt. Bei höheren Emissionen könnte der Wert auf das Fünf- bis Siebenfache steigen.
Die Erwärmung und Versauerung der Ozeane, der Verlust von Sauerstoff und Veränderungen in der Nährstoffversorgung treffen die marinen Ökosysteme bereits hart. Marine Hitzewellen haben sich seit 1982 in ihrer Häufigkeit verdoppelt und werden voraussichtlich noch schlimmer. Es wird prognostiziert, dass sie bei einer Erwärmung von zwei Grad Celsius 20-mal häufiger auftreten werden als in vorindustriellen Zeiten. Steigen die Emissionen weiter stark, werden Meereshitzewellen 50-mal häufiger auftreten. Eine solche Hitzewelle richtete etwa am weltgrößten Korallenriff, dem Great Barrier Reef vor der Küste Australiens, massive Schäden an.
Der Weltklimarat warnt, die Erwärmung der Ozeane sorge dafür, dass Meeresbewohner vom Plankton bis zu großen Fischen und Meeressäugern sich neue Lebensräume suchen müssten. Die Erwärmung und Übersäuerung der Meere könne dazu führen, drohen die Fischfangmengen bis zum Jahrhundertende um 20 bis 24 Prozent im Vergleich zum Zeitraum 1986 bis 2005 zurückzugehen.
Verschwindendes arktisches Meereis
Das arktische Meereis nimmt in jedem Monat des Jahres ab und wird immer dünner. Wenn die globale Erwärmung bei 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau stabilisiert wird, wäre der Arktische Ozean nur einmal in hundert Jahren im September – dem Monat mit dem geringsten Eis – eisfrei. Wenn die globale Erwärmung zwei Grad erreicht, könnte dieses Phänomen alle drei Jahre auftreten.
Die beiden Eisschilde der Erde in der Antarktis und auf Grönland sind seit 2006 jährlich um durchschnittlich mehr als 430 Milliarden Tonnen Eis geschrumpft – ein wesentlicher Faktor für den Anstieg der Meeresspiegel. Niedriggelegene Gletscher wie in den Alpen und in Skandinavien werden laut IPCC-Prognose bis 2100 rund 80 Prozent ihrer Masse einbüßen. Außerdem werden immer mehr Berge ihre Schneedecke verlieren.
Tauende Permafrostböden
Der seit vielen Jahren gefrorene Permafrost taut auf. Auch wenn die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius begrenzt bleibt, werden bis 2100 rund ein Viertel der oberen Schicht des weltweiten Permafrostes auftauen. Bei weiter stark steigenden Treibhausgas-Emissionen ist es möglich, dass rund 70 Prozent dieses oberen Permafrostes verloren gehen könnten.
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Beim Schmelzen von Permafrostböden würden außer Massen an Quecksilber und anderen giftigen Altlasten dutzende bis hunderte Milliarden Tonnen von darin gespeicherten Treibhausgasen freigesetzt, was die Erderwärmung wiederum verstärken würde.
- Nachrichtenagenturen Reuters, AFP