Teilweise seit zehn Jahren gefangen Hamas übergibt sechs weitere Geiseln an das Rote Kreuz
Die Hamas hat sechs weitere Geiseln dem Roten Kreuz übergeben. Zwei von ihnen wurden bereits seit zehn Jahren gefangen gehalten.
Die islamistische Hamas hat im Gazastreifen sechs weitere Geiseln freigelassen. Vier von den sechs waren beim Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 verschleppt worden, zwei waren bereits seit rund zehn Jahren in der Gewalt der radikalen Islamisten.
Vermummte und bewaffnete Hamas-Kämpfer in Uniformen inszenierten die Übergaben erneut mit einer Bühne, lauter Musik und palästinensischen Fahnen. In Rafah kamen zunächst Avera Mengistu (39) und Tal Schoham (40) frei. In einer Liveübertragung im Fernsehen war zu sehen, wie die Terrororganisation dem Roten Kreuz zunächst in Rafah im Süden des Küstengebiets zwei Männer übergab.
Schoham wurde bei der Hamas-Zeremonie gezwungen, einige Worte zu sagen. Die Umgebung der Bühne, Ruinen von Häusern, zeugte vom Krieg. Beide freigelassenen Geiseln seien in einer Erstaufnahmestelle im Süden Israels angekommen, teilte das Militär mit. Dort würden sie zunächst medizinisch untersucht. Anschließend werden die beiden Männer ihre Angehörigen wiedersehen.
In der zweiten Übergabe im palästinensischen Flüchtlingslager Nuiserat wurden Elija Cohen (27), Omer Schem Tov (22), Omer Wenkert (23) übergeben. Das israelische Militär bestätigte, dass die drei im Gazastreifen in Empfang genommen worden seien. Die Hamas hatte die drei Männer in Nuseirat an das Rote Kreuz übergeben, das sie dann nach Angaben eines Reporters der Nachrichtenagentur AFP in einem Konvoi fortbrachte. Wie auf Fernsehbildern zu sehen war, inszenierte die Hamas den Transfer in Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens erneut im Beisein zahlreicher schwer bewaffneter Kämpfer als eine Art Zeremonie.
Später wurde noch Hischam al-Sajed (36) freigelassen. Die Übergabe der letzten und sechsten Geisel erfolgte ohne TV-Übertragung in der Stadt Gaza. Die Islamisten hätten darauf verzichtet, weil es sich bei der Langzeitgeisel Hischam al-Sajid um einen israelischen Araber handelte, berichtete der arabische Sender Al-Dschasira.
602 Palestinänser werden im Gegenzug befreit
Avera Mengistu und Hischam al-Sajid sind Langzeitgeiseln der Hamas. Al-Sajid ist ein israelischer Araber, der die Grenze in den Gazastreifen 2015 auf eigene Faust überquert hatte. Gleiches gilt für den in Äthiopien geborenen Mengistu, der bereits seit 2014 in der Gewalt der Hamas ist. Die Hamas veröffentlichte auch Aufnahmen der beiden, im Jahr 2022 wurde al-Sajid etwa in einem Bett mit Sauerstoffmaske gezeigt. In Israel löste dies Entsetzen aus.
Im Gegenzug für die sechs Männer soll Israel nach palästinensischen Angaben im Rahmen einer Waffenruhe-Vereinbarung insgesamt 602 inhaftierte Palästinenser freilassen. Darunter 50 mit lebenslangen Haftstrafen.
Mann soll während gesamter Geiselhaft angekettet gewesen sein
Palästinensische Terroristen entführten Omer Schem-Tov, Omer Wenkert und Elija Cohen vom Nova-Musikfestival in der Negev-Wüste. Cohens Partnerin überlebte das Massaker nach Angaben des Forums der Geisel-Familien, in dem sie sich unter Leichen versteckte. Cohen soll während seiner gesamten Geiselhaft angekettet gewesen sein, wie israelische Medien unter Berufung auf Berichte von jüngst freigelassenen Geiseln meldeten.
Tal Schoham, der auch österreichischer Staatsbürger ist, wurde mit seiner Frau, ihren beiden Kindern und weiteren weiblichen Angehörigen entführt. Frauen und Kinder kamen im November 2023 als Teil eines damaligen Abkommens zwischen Israel und der Hamas frei.
Freilassung von drei Geiseln vorgezogen
Die Hamas lässt drei der sechs Geiseln früher als geplant frei. Drei Männer sollten gemäß dem Waffenruhe-Abkommen ursprünglich erst kommendes Wochenende freigelassen werden. Die Islamisten wollten, dass die Freilassung Dutzender hochrangiger Mitglieder der Terrororganisation aus israelischen Gefängnissen nicht in letzter Minute scheitert, berichteten mehrere Medien. Laut der US-Nachrichtenseite "Axios" gibt es sowohl aufseiten der palästinensischen Terrororganisation als auch innerhalb der israelischen Regierung Befürchtungen, dass die erste, sechswöchige Phase der Waffenruhe nicht wie verabredet bis Anfang März halten könnte – und wichtige Forderungen dann unerfüllt bleiben.
Seit Beginn der Waffenruhe im Gaza-Krieg am 19. Januar hatten Islamisten im Gazastreifen in mehreren Runden bislang 19 Geiseln freigelassen. Zusätzlich kamen fünf aus Israel entführte Thailänder unabhängig von der Vereinbarung frei.
- Nachrichtenagentur dpa