Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Assads Sturz Ist das Aus der Putin-Söldner in Afrika besiegelt?
Der Fall des syrischen Diktators Baschar al-Assad könnte für Russlands Söldner-Operationen in Afrika das Ende bedeuten. Denn Syrien war als Standort für die Russen zentral.
Bis vor Kurzem war eine russische Transportmaschine vom Typ Iljuschin regelmäßig neben einem Hangar am Flughafen der malischen Hauptstadt Bamako zu sehen. Es kamen stets frische Kämpfer der Wagner-Truppe für die Mali-Operation gegen Dschihadisten an, samt Waffen und Munition. Der Flieger kam aus Russland, wurde aber bei einem Zwischenstopp auf dem russischen Stützpunkt Khmeimim in Syrien aufgetankt, um dann zunächst Station in Ost-Libyen zu machen, wo Wagner auch eine große Operation hat.
Dann flog die Maschine wie ein Bus alle afrikanischen Söldner-Standorte ab, von Bamako über Ouagadougou in Burkina Faso bis Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik und dem Sudan, um Truppen zu rotieren und Munition zu liefern.
Zur Person
Ulf Laessing leitet das Regionalprogramm Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) mit Sitz in Malis Hauptstadt Bamako.
Syrien war bisher das Drehkreuz für Russland, um nach Afrika Söldner zu schicken. Per Schiff kamen stets Waffen, Ausrüstung und Treibstoff zur russischen Marinebasis in Tartus an der syrischen Mittelmeerküste. Weiter ging es dann per Transportflugzeug vom Stützpunkt Khmeimin, wo aus Russland kommende Transportflieger betankt wurden.
Kein Plan B für Russland
Andere Logistik-Optionen hat Russland nicht. Die Flugstrecke ist von Russland viel zu lang, maximal ginge es bis Libyen als Leertransport. Die anderen Afrika-Standorte sind erst recht unerreichbar. Ein paar Wochen können die Söldner dort durchhalten. Doch es wird nicht die Stimmung und die Leistung der Kämpfer fördern, wenn sie nicht mehr turnusgemäß abgelöst werden und keine neue Munition bekommen.
Assads Sturz durch Rebellen bringt damit Moskaus Expansion in Afrika jäh zu Ende. Russland hat in den letzten drei Jahren Militärkooperationen mit Ländern wie Mali und Niger geschlossen, die sich von ihren bisherigen Partnern, der ungeliebten Kolonialmacht Frankreich und Europa, loslösen wollen. Überall im Sahel entstehen derzeit russische Kulturinstitute, in Bamako sogar eine Journalistenschule, um per "Soft Power" Russland als vermeintlich verlässlichere Alternative zum Westen anzupreisen.
Afrika-Engagement wird wohl reduziert
Doch wenn der zentrale Baustein der Russland-Strategie, die Söldnerdienste im Kampf gegen Dschihadisten und zum Eigenschutz von Juntas, wegfällt, nutzt all die russische Desinformation nichts. Dies ist ohne Wagner alles heiße Luft. Bei den afrikanischen Partnern dürfte schnell eine Ernüchterung eintreten, da sie viel Geld für die Söldner bezahlen müssen. Russland macht keine Entwicklungszusammenarbeit oder regelmäßige humanitäre Hilfe wie Europa. Moskaus Kartenhaus droht zusammenzubrechen.
Putin wird nun gezwungen, sein Afrika-Engagement zu reduzieren. Kurzfristige Logistik-Lösungen gibt es nicht. Russland wird sich verstärkt um eine Marinebasis in Tobruk in Ost-Libyen bemühen, wo es den Militärmachthaber Khalifa Haftar mit Söldnern, Trainings und Waffen unterstützt. Nichts deutet aber auf einen Durchbruch hin. Die Gespräche gehen seit über einem Jahr. Bislang hatten die Vereinigten Staaten Haftar vor solch einem Abkommen gewarnt. Wie Präsident Donald Trump hier agiert, muss man abwarten.
Es gibt keine Abkommen
Die Nato-Länder Türkei und Italien dürften aber auch kaum erfreut sein, russische Kriegsschiffe im südlichen Mittelmeer anzutreffen. Italien unterhält gute Beziehungen zu Haftar, weil es über steigende Zahlen syrischer Flüchtlinge per Boot besorgt ist. Rom wird Druck auf Haftar ausüben, Russland keine Marinebasis einzuräumen. Vor allem gilt Haftar als nicht zuverlässig und sprunghaft bei Partnerschaften. Russland nutzt bereits Luftstützpunkte in Ost-Libyen, die aber Haftars Regierung gehören und jederzeit entzogen werden könnten. Es gibt keine Abkommen wie in Syrien, wo die Marinebasis auf die Sowjetzeiten zurückgeht.
Die neuen syrischen Machthaber haben sich bisher nicht zu den künftigen Beziehungen zu Russland geäußert. Sympathien dürften sie kaum für Putin hegen, da russische Jets in den vergangenen Jahren Idlib in Nordsyrien – Rebellenhochburg und Zufluchtsort für zwei Millionen Binnenflüchtlinge – terrorisiert haben. Selbst wenn Moskau seine beiden Standorte behalten könnte, würden Versorgungsflüge möglicherweise zu gefährlich, wenn Syrien wie Libyen nach dem Sturz von Diktator Gaddafi im Chaos versinken könnte – ein keineswegs abwegiges Szenario. Für Moskau brechen in Afrika schwere Zeiten an.
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