Laut Bericht Putin soll Festnahme von US-Reporter genehmigt haben
Die Festnahme des US-Reporters Evan Gershkovich in Russland sorgte weltweit für Empörung. Diese Rolle soll Kremlchef Wladimir Putin dabei gespielt haben.
Es ist das bislang schwerwiegendste öffentlich bekannte Vorgehen gegen einen ausländischen Journalisten seit Beginn des russischen Kriegs in der Ukraine: Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat Evan Gershkovich, US-Reporter des "Wall Street Journal", Ende März in Jekaterinburg wegen Spionageverdachts festgenommen. Hier lesen Sie mehr dazu.
Inzwischen ist er offiziell angeklagt worden, was international Empörung auslöste. Doch jetzt sorgt ein neues Detail für Aufregung: Wie das US-amerikanische Nachrichtenmedium "Bloomberg" unter Berufung auf nicht namentlich genannte Insider berichtet, soll Kremlchef Wladimir Putin die Verhaftung des Journalisten persönlich genehmigt haben.
"Dies sollte ein echter Weckruf sein"
Die Initiative, einen US-Reporter wegen des Verdachts der Spionage zu verhaften, sei allerdings nicht von Putin, sondern von Spitzenbeamten des FSB ausgegangen, heißt es in dem Bericht weiter. Auch Kremlsprecher Dmitri Peskow verwies darauf, dass die Entscheidung, Gershkovich zu verhaften, bei dem Sicherheitsdienst gelegen habe.
"Bloomberg" zufolge sehen die Insider in der Zustimmung des russischen Präsidenten zu diesem Schritt einen wachsenden Einfluss von Kreml-Hardlinern, die auf eine Vertiefung einer Konfrontation mit Washington drängen. Auch Alina Polyakova, Präsidentin des Center for European Policy Analysis in Washington, betont: "Dies sollte ein echter Weckruf sein, nicht nur für die USA, sondern für den gesamten Westen." Der Schritt signalisiere, dass es in Putins Denkweise kein Zurück zu einer stabilen und verlässlichen Beziehung gebe.
Beweise liegen nicht vor
Der FSB zeigt sich wiederum überzeugt: Gershkovich habe "im Auftrag von amerikanischer Seite" als Staatsgeheimnis eingestufte Informationen über einen Militärkomplex gesammelt. Er sei verhaftet worden, als er versucht habe, Geheiminformationen zu besorgen, teilte der FSB mit. Beweise wurden nicht vorgelegt und zu dem Militärkomplex wurden keine näheren Angaben gemacht.
Aus dem Präsidialamt in Moskau heißt es nur, der Fall sei eine Angelegenheit des FSB. So weit man im Kreml wisse, sei der Journalist aber "auf frischer Tat ertappt" worden.
Gershkovich weist Vorwürfe zurück
Wie die russische Nachrichtenagentur Tass berichtet, habe Gershkovich die Vorwürfe des russischen Inlandsgeheimdienstes "kategorisch" zurückgewiesen und betont, er sei lediglich als Journalist in Russland. Der Fall des 31-Jährigen ist als "streng geheim" eingestuft. Ihm drohen 20 Jahre Haft.
Gershkovich ist US-Staatsbürger. Er berichtet seit 2017 über Russland. Vor dem "Wall Street Journal" arbeitete er für die englischsprachige Zeitung "The Moscow Times" und die französische Nachrichtenagentur AFP. In den vergangenen Monaten deckte er vor allem russische Politik und den Ukraine-Krieg ab.
Andere ausländische Journalisten, die über Russland berichten, zeigten sich im Netz solidarisch mit Gershkovich. "Evan Gershkovich ist ein sehr guter und mutiger Journalist, kein Spion, um Himmels willen", schrieb etwa der außerhalb Russlands lebende Investigativjournalist und Geheimdienst-Experte Andrej Soldatow. Die Festnahme sei "ein Frontalangriff auf alle Auslandskorrespondenten, die noch in Russland arbeiten. Und es bedeutet, dass der FSB von der Leine gelassen wurde."
- bloomberg.com: "Putin Approved Arrest of US Reporter on Spying Charges" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters, AFP und dpa