USA rufen alle Staatsbürger zur Ausreise auf Russisches Gericht erlässt Haftbefehl gegen US-Journalisten
Der US-Journalist Ewan Gerschkowitsch ist in Russland festgenommen worden. Auch die Bundesregierung zeigt sich "tief besorgt".
Ein Gericht in Moskau hat gegen den festgenommenen Korrespondenten Evan Gershkovich der renommierten US-Zeitung "Wall Street Journal" Haftbefehl wegen angeblicher Spionage erlassen. Das meldete die russische Staatsagentur Tass am Donnerstag. Dem Journalisten drohen bis zu 20 Jahre Haft bei einer Verurteilung.
Der Journalist war am Donnerstag laut Staatsmedien in Jekaterinburg im Ural vom russischen Geheimdienst FSB festgenommen worden. Das "Wall Street Journal" bestätigte die Festnahme.
Der 1991 geborene Reporter soll im Auftrag des US-Mediums Informationen über den militärisch-industriellen Komplex in Russland gesammelt haben, die ein Staatsgeheimnis darstellten, so der russische Vorwurf.
FSB: "Illegale Aktivitäten unterdrückt"
"Beim Versuch, geheime Informationen zu erhalten, wurde der Ausländer in Jekaterinburg festgenommen", teilte der FSB demnach mit. "Die illegalen Aktivitäten" des Journalisten seien "unterdrückt" worden. Medien hatten zuvor berichtet, der Reporter sei verschwunden. Er hatte demnach versucht, eine Reportage über die Einstellung der Bevölkerung zu den Anwerbeversuchen der Söldnergruppe Wagner zu schreiben.
Das "Wall Street Journal" wies die Anschuldigungen zurück und verlangte die sofortige Freilassung. "Wir stehen in Solidarität mit Ewan und seiner Familie", heißt es in einer Mitteilung der Zeitung. Gerschkowitsch sei ein "zuverlässiger und engagierter Reporter".
US-Regierung verurteilt Festnahme
Das Weiße Haus in Washington verurteilte die Festnahme scharf. Das Vorgehen der russischen Regierung gegen US-Bürger sei "inakzeptabel", erklärte die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre. Sie äußerte sich "zutiefst besorgt". Vertreter des Weißen Hauses und des US-Außenministeriums hätten mit Gershkovichs Arbeitgeber gesprochen.
Zugleich rief die US-Regierung ihren Aufruf an US-Staatsbürger erneuert, sofort aus Russland auszureisen. Die Anwesenheit von US-Amerikanern in Russland sei zutiefst besorgniserregend, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby, am Donnerstag.
Von der Festnahme des US-Reporters Evan Gershkovich und den Vorwürfen gegen ihn sei man überrascht worden. Es habe keine Vorwarnung gegeben und auch keine Anzeichen dafür, dass Russland eine Art größere Aktion gegen Journalisten im Allgemeinen plane, sagte Kirby weiter. Es sei nun noch zu früh zu sagen, ob dies der Fall sei.
Das US-Außenministerium rät Bürgerinnen und Bürgern der USA bereits von Reisen nach Russland ab – auch wegen des Risikos unrechtmäßiger Inhaftierungen. Es sei nicht neu für Russland, US-Amerikaner festzuhalten oder gegen eine freie und unabhängige Presse vorzugehen, sagte Kirby.
Journalisten in Russland Ziel der Sicherheitsbehörden
Auch die Bundesregierung hat sich "tief besorgt" über die Verhaftung des US-Journalisten Evan Gershkovich in Russland geäußert. "Die Arbeit von in Russland akkreditierten ausländischen Korrespondentinnen und Korrespondenten muss ungehindert und ohne Einschüchterungen möglich sein", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Donnerstagabend auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. "Journalismus darf nicht kriminalisiert werden."
Gerschkowitsch lebt seit sechs Jahren in Moskau und ist beim russischen Außenministerium als Journalist akkreditiert. Auf der Website des "Wall Street Journal" heißt es über Gerschkowitsch, er sei Reporter und berichte über Russland, die Ukraine und die ehemalige Sowjetunion. Zuvor sei er als Reporter für die Nachrichtenagentur Agence France-Presse und die "Moscow Times" tätig gewesen und habe als Nachrichtenassistent bei der "New York Times" gearbeitet.
US-Amerikaner in Russland werden immer wieder wegen Spionage verdächtigt. Das dürfte der erste Fall eines Journalisten sein, der offiziell beim russischen Außenministerium akkreditiert ist. Russland hatte zuletzt im Zuge des Ukraine-Kriegs die Gangart gegen westliche Journalisten verschärft. Die russische Opposition sprach von einer "Geiselnahme".
"Putin ist bereit, jede Methode anzuwenden"
"Putin ist bereit, jede Methode anzuwenden, um Druck auf den Westen auszuüben", teilte das Team des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny mit. Kremlchef Wladimir Putin hatte in der Vergangenheit immer wieder inhaftierte russische Kriminelle in den USA durch einen Austausch mit in Moskau verurteilten Amerikanern freibekommen.
In Jekaterinburg sind dem "Spiegel" zufolge in den vergangenen Monaten immer wieder westliche Journalistinnen und Journalisten Ziel der Sicherheitsbehörden geworden. Sie seien gefilmt und von den Behörden befragt, Bilder von ihnen und zum Teil auch ihre Telefonnummern auf ultrapatriotischen und kremlloyalen Telegram-Kanälen veröffentlicht worden.
- spiegel.de: "Russische Behörden nehmen US-Journalist fest – Spionagevorwürfe"
- twitter.com: Tweet von @Sota_Vision
- wsj.com: "About Evan Gershkovich" (englisch)
- wsj.com: "Russian Security Service Detains Wall Street Journal Reporter Evan Gershkovich" (englisch)
- meduza.io: "FSB arrests Wall Street Journal reporter Evan Gershkovich in Yekaterinburg" (englisch)
- 66.ru: "На задержанного в Екатеринбурге журналиста Wall Street Journal завели уголовное дело о шпионаже" (russisch)
- Nachrichtenagenturen Reuters, dpa und AFP