Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens Blockiert Erdoğan? Baerbock will "keine Hängepartie"
Bei dem Nato-Außenministertreffen in Berlin wird klar: Schweden und Finnland könnten schon zeitnah dem Verteidigungsbündnis beitreten. Lediglich die Türkei könnte die Aufnahme der skandinavischen Staaten blockieren.
Außenministerin Annalena Baerbock hat eine rasche Zustimmung Deutschlands zu einer Aufnahme von Finnland und Schweden in die Nato in Aussicht gestellt. Sollten sich beide Länder für eine Nato-Mitgliedschaft entscheiden, sei ihr sehr wichtig, "dass wir in diesem besonderen, für diese Staaten wirklich historischen Moment keine Hängepartie erleben sollten", sagte die Grünen-Politikerin am Sonntag beim Eintreffen zu Beratungen der 30 Nato-Außenminister in Berlin. "Deswegen haben wir als Bundesrepublik, deswegen haben wir als Bundesregierung alles dafür vorbereitet, einen sehr, sehr schnellen Ratifizierungsprozess zu machen."
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Dieser Schritt würde nach dem Abschluss des Nato-internen Prozesses für die Aufnahme der beiden nordischen Länder erfolgen – in Deutschland ist für die Ratifizierung eine Zustimmung des Bundestags notwendig. Baerbock sagte, die Bundesregierung habe dazu bereits mit allen demokratischen Parteien im Parlament gesprochen.
"Unsere Einigkeit bleibt unsere größte Stärke"
Finnland hat bei dem Treffen in Berlin nun auch offiziell seine Bewerbung um den Nato-Beitritt beschlossen. Präsident Sauli Niinistö und Regierungschefin Sanna Marin teilten mit, der Staatschef und der außenpolitische Ausschuss der Regierung hätten das Beitrittsgesuch am Sonntag vereinbart, zuvor sei dazu auch bereits das Parlament konsultiert worden. Niinistö und Marin sprachen von einem "historischen Tag" und einer "neuen Ära".
Schweden und Finnland sind heute bereits enge Partner der Nato, aber keine offiziellen Mitglieder des Militärbündnisses. Russlands Einmarsch in die Ukraine hat in beiden Ländern ein Umdenken zur Mitgliedschaft ausgelöst. Einwände gegen eine Aufnahme beider Länder hatte am Samstag der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu geäußert. Finnland und Schweden unterstützten "Terrororganisationen" wie die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die Kurdenmiliz YPG in Syrien, sagte er zur Begründung.
Baerbock zeigte sich schon am Samstag irritiert über Äußerungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Ihrer Ansicht nach müsste jedes demokratische Land eigentlich erfreut sein, wenn Demokratien mit starken Verteidigungsfähigkeiten das gemeinsame Bündnis stärker machten.
Erdoğan hatte tags zuvor erklärt, dass er "keine positive Meinung" zu einem möglichen Nato-Beitritt Finnlands und auch Schwedens hat. Außenminister Cavusoglu signalisierte dennoch Gesprächsbereitschaft.
Zum Abschluss ihres zweitägigen Treffens wollten die Nato-Außenminister am Sonntag über ein neues strategisches Konzept für das Verteidigungsbündnis beraten. Die aktuelle Fassung war 2010 beschlossen worden. Damals hatten die Alliierten beispielsweise noch gehofft, dass die Zeit der großen Spannungen mit Russland vorbei sei, und auch China keine Aufmerksamkeit geschenkt. Zudem soll es bei den informellen Gesprächen um die weitere Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen die Angreifer aus Russland und um die geplante Verstärkung der Nato-Ostflanke gehen.
Putin kritisiert finnische Pläne zu möglichem Nato-Beitritt
Kritik kommt, wie zu erwarten, aus Moskau. In einem Telefonat mit Finnlands Präsident Sauli Niinistö hat Kremlchef Wladimir Putin den geplanten Nato-Beitritt Helsinkis als Fehler bezeichnet. Von Russland gehe keine Bedrohung für das Nachbarland aus, betonte Putin nach Kremlangaben bei dem Gespräch. Finnlands Abkehr von der traditionellen Neutralität werde zu einer Verschlechterung der bislang guten nachbarschaftlichen Beziehungen führen, warnte er.
Finnland und auch das benachbarte Schweden sind heute bereits enge Partner der Nato, aber keine offiziellen Mitglieder. Russlands Einmarsch in die Ukraine hat in beiden Ländern eine intensive Nato-Debatte ausgelöst.
Bei einem Treffen der Nato-Außenminister in Berlin nahmen am Samstag auch die Amtsinhaber Schwedens und Finnlands, Pekka Haavisto und Ann Linde, als Gäste teil.
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters