Vereinbarung werde unterzeichnet Israel: Gantz und Netanjahu vereinbaren große Koalition
Die seit Monaten dauernde politische Hängepartie in Israel ist beendet: Regierungschef Benjamin Netanjahu und sein oppositioneller Rivale Benny Gantz haben sich auf die Bildung einer großen Koalition geeinigt.
Benjamin Netanjahu bleibt zunächst Regierungschef in Israel: Nach einem monatelangen, zermürbenden Machtkampf einigte sich der rechtskonservative Ministerpräsident am Montagabend mit seinem oppositionellen Rivalen Benny Gantz doch noch auf die Bildung einer Koalition.
Ein Abkommen über eine Notregierung der nationalen Einheit sei soeben unterzeichnet worden, teilten Netanjahus Likud und die Liste Blau-Weiß von Ex-Armeechef Gantz am Montag mit. Im Amt des Ministerpräsidenten soll rotiert werden: Netanjahu soll als Erster eineinhalb Jahre lang das Amt bekleiden und dann im Oktober 2021 von Gantz abgelöst werden.
Vor einigen Tagen hatte Präsident Reuven Rivlin das Parlament mit der Regierungsbildung beauftragt, nachdem eine verlängerte Frist zur Bildung einer neuen Regierung ohne Ergebnis abgelaufen war. Die Verhandlungsteams beider Seiten kündigten jedoch an, ihre Gespräche trotzdem fortzusetzen. Israel steckt seit mehr als einem Jahr in einer politischen Krise und hat seither keine voll funktionsfähige Regierung.
Zweimal mussten Neuwahlen angesetzt werden
Drei Parlamentswahlen, die letzte am 2. März, brachten weder für Netanjahus rechtsgerichtete Likud-Partei noch für die Liste Blau-Weiß des ehemaligen Armeechefs Gantz eine klare Mehrheit. Alle Versuche zur Bildung einer tragfähigen Regierungskoalition scheiterten, zweimal wurden Neuwahlen angesetzt.
Ursprünglich hatte Gantz eine Beteiligung an einer Regierung mit dem unter Korruptionsanklage stehenden Netanjahu strikt abgelehnt. Angesichts der Coronavirus-Pandemie vollzog er jedoch eine Kehrtwende und sprach sich gemeinsam mit dem Regierungschef für eine "nationale Notstandsregierung" aus. Ein Teil der Mitglieder von Gantz' Liste zog es daraufhin vor, in die Opposition zu gehen, anstatt mit Netanjahu gemeinsame Sache zu machen.
Der seit 14 Jahren in Israel regierende Netanjahu steht wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue unter Anklage. Er streitet alle Vorwürfe ab und sieht sich als Opfer der Staatsanwaltschaft und der Medien. Der Korruptionsprozess gegen ihn hätte eigentlich Mitte März beginnen sollen, wurde aber wegen der Coronavirus-Pandemie um zwei Monate auf den 24. Mai verschoben.
Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz gratulierte Netanjahu und Gantz. Er freue sich darauf, die gute Zusammenarbeit zu stärken und gemeinsam gegen alle Formen von Antisemitismus zu kämpfen, schrieb er auf Twitter. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff bezeichnete die Einigung als großen Schritt heraus aus der politischen Sackgasse. Gleichzeitig müsse sich die Stabilität der Vereinbarung auch langfristig beweisen. "Ein Prüfstein wird hierfür der Wechsel im Amt des Regierungschefs zwischen Netanjahu und Gantz zur Mitte der Wahlperiode sein." Auch müsse die Unabhängigkeit der Justiz weiterhin und langfristig gesichert werden.
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur AFP