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Zum journalistischen Leitbild von t-online.UN-Debatte in New York Donald Trump zieht eine Grenze
Donald Trumps Amerika lässt sich nichts vorschreiben – das war die Botschaft des US-Präsidenten an die UN. Der Welt präsentierte er "America First" als Vorbild und findet damit Gleichgesinnte.
Die Zukunft gehöre nicht den Globalisten, sagte Donald Trump: "Die Zukunft gehört den Patrioten." Der US-Präsident und seine Redenschreiber fanden einen griffigen Satz, um Trumps Auftritt vor den Vereinten Nationen auf den Punkt zu bringen.
Absage an das, wofür die UN stehen
Denn die Rede sollte eine Absage darstellen an das, wofür die UN eigentlich stehen: die viel beschworene multilaterale Zusammenarbeit, also das gemeinschaftliche Arbeiten an großen, die Welt betreffenden Problemen. Trumps Amerika will sich selbst aussuchen, ob und wann und wie es mit jemanden zusammenarbeitet. Und will das der Welt als Vorbild verordnen.
Es war eine betont ruhig vorgetragene Rede, ohne die für Trump typischen spontanen Bemerkungen. Auch ohne peinlichen Moment wie beim UN-Auftritt im vergangenen Jahr, als ihn der Saal beim allzu energisch vorgetragenen Selbstlob auslachte. Dieses Mal lachte im Saal niemand über Trump.
Nur am Anfang schwelgte er kurz selbst über die "weltgrößte Bühne", auf der er da stehe. Sonst blieb der US-Präsident ganz beim Redemanuskript: Amerika werde sich von internationalen Organisationen nichts sagen lassen. Das war der rote Faden, den nicht jeder Auftritt Trumps bietet.
Durchdrücken, stören, an die Wähler denken
Insofern passte die Rede perfekt zu seiner Strategie bei dieser UN-Woche in New York, die eigenen Schwerpunkte durchzudrücken und andere unliebsame Veranstaltungen wie den Klimagipfel zu stören. Dabei lässt sich Trump auch von innenpolitischem Kalkül treiben.
Der US-Präsident erwähnte etwa, ihm sei aufgefallen, dass bestimmte UN-Organisationen für das weltweite Recht auf Abtreibungen einträten. Da würden die USA ebenso wenig mitmachen wie bei einer internationalen Regulierung des Waffenbesitzes.
Er sagte, sein Land werde dafür sorgen, dass die Regeln im internationalen Handel nach eigenem Interesse neu definiert würden – die WTO sei hingegen zum Werkzeug der unfair vorgehenden Chinesen verkommen. Der Globalismus habe eine geradezu "religiöse Anziehung" auf Staatenlenker ausgeübt, die darüber die Interessen ihrer eigenen Staaten vergessen hätten. "Soweit das Amerika betrifft, sind diese Tage vorbei." Er stellte wieder einmal einen "fabelhaften" und "außergewöhnlichen" Freihandelsvertrag mit Großbritannien in Aussicht, sobald das Land die EU verlassen habe.
Stunde der Autokraten in New York
Trump sagt, diese Herangehensweise tauge zum Vorbild. Nach dem Motto: Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht.
Tatsächlich sprach er in Gesellschaft autoritärer Herrscher, die sich ebenfalls Einmischung verbieten und die bilaterale Kontakte zu Trump suchen. Der Redner vor Trump war Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, der sich gegen Einmischung in den Umgang mit Amazonas wehrte und angab, sein Land vor dem Sozialismus gerettet zu haben. Sein Spitzname: Tropen-Trump.
Nach Trump sprachen Ägyptens Herrscher Abdel Fattah el-Sisi, den Trump häufig zu Gesprächen trifft, und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. So schlug in New York zum Auftakt der UN-Generaldebatte die Stunde der Autokraten.
Über die Herausforderung des Klimawandels verlor Trump übrigens kein einziges Wort. Das ist eben ein Thema für die "Globalisten".
Iran? Trumps Tür steht offen
Trump sprach auch über den Iran, die drängendste außenpolitische Krise seiner Regierung. Dabei wiederholte er vor allem seine mittlerweile bekannte Kritik am dortigen Regime. Er sagte, wenn sich Irans Politik nicht ändere, werde man weiter die Sanktionen verschärfen – was gar nicht so einfach ist, weil längst weite Teile von Irans Wirtschaft und Politik damit belegt sind. Trump betonte zugleich auch, dass Amerika keine "dauerhafte Feindschaft" suchte und bekräftige die Bereitschaft für direkte Verhandlungen. Trumps Botschaft: Meine Tür steht offen.
Dazu finden in New York hektische Gespräche hinter den Kulissen statt. Auch Kanzlerin Merkel traf in der Sache sowohl Trump als auch Irans Präsident Hassan Ruhani. Doch diese Offensiven fanden nicht ihren Eingang in die Rede.
"Ihr werdet zurückkehren müssen"
Beim Thema Migration fand Trump eine neue Ansprache für seine bekannten Positionen. Er stellte Aktivisten und Organisationen, die sich für Migration einsetzten, als "grausam und böse" dar, da sie mitverantwortlich für das Leid von Migranten seien.
Flüchtlingskanzlerin Merkel, die im Publikum saß, studierte bei diesen Sätzen nach vorn gebeugt eifrig ein Papier.
Jene Migranten, die die US-Südgrenze überschreiten wollen, sprach trump direkt an: "Bezahlt nicht die Schmuggler", sagte er. "Wenn ihr hier ankommt, werdet ihr zurückkehren müssen."
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Für Trump ist die Reduzierung der Migration ein zentrales Wahlversprechen, um dessen Einlösung er immer noch ringt. Das andere lautet "America First" – seinen UN-Auftritt nutzte der Präsident dafür, dieses Prinzip anschaulicher zu machen.
- Beobachtungen vor Ort