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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Beispielloser Vorgang Italienisches Schiff bringt Gerettete zurück nach Libyen
Präzedenzfall bei der Rettung von Menschen aus dem Mittelmeer: Erstmals seit Jahren haben europäische Retter Migranten offenbar wieder zurück nach Libyen gebracht.
Mehrere Seenotrettungsorganisationen werfen einem italienischen Schiff vor, 108 aus dem Mittelmeer gerettete Menschen zurück nach Libyen gebracht zu haben. Wegen eines ähnlichen Vorgangs ist Italien 2012 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden. Menschenrechtsorganisationen und die UN hatten die Entscheidung damals als wegweisend bezeichnet.
Nun hat das Versorgungsschiff "Asso Ventotto" (Asso 28) offenbar Menschen aus internationalem Gewässer zurück in das nordafrikanische Land gebracht. Navigationsdaten bestätigen, dass das Schiff im Hafen von Tripolis liegt. Die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR meldete auf Twitter, man sammele alle notwendigen Informationen. In einem Statement heißt es: "Libyen ist kein sicherer Hafen, und dieser Akt könnte zu einer Verletzung des Völkerrechts führen."
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Der italienischen Nachrichtenagentur Ansa zufolge gehört das Schiff der Gesellschaft Augusta Offshore in Neapel. Das Unternehmen erklärte, dass die "Rettungsaktionen unter der Koordination der libyschen Küstenwache stattfanden". Diese hat in den vergangenen Wochen ihren Einsatz ausgedehnt.
Salvini weist Verantwortung zurück
Italiens Innenminister Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega Nord teilte am Morgen mit, die libysche Küstenwache habe in den zurückliegenden Stunden 611 Menschen gerettet und zurück in das Land gebracht. "Die italienische Küstenwache hat nicht koordiniert und an keiner dieser Operationen teilgenommen."
Der Grünen-Politiker Erik Marquardt, der in der Seenotrettung engagiert und in der Szene gut vernetzt ist, schloss gegenüber der "Huffington Post" nicht aus, dass die Besatzung der "Asso Ventotto" nicht freiwillig handelte, sondern von Angehörigen der libyschen Küstenwache gezwungen wurde: "Ich kann mir vorstellen, dass sie starken Druck ausgeübt haben und niemand dem Schiff geholfen hat."
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) hatte am Abend von der Ankunft von 350 Migranten berichtet und gemeldet, es sei mit weiteren zu rechnen.
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Bei dem Fall, der vor dem Europäischen Gerichtshof gelandet war, waren 2009 mehr als 200 Menschen aus Afrika vor Lampedusa aus dem Meer geborgen und von der Marine zurück nach Libyen gebracht worden. Italiens Regierung hatte ein Rückführungsabkommen mit dem damaligen Machthaber Muammar al-Gaddafi abgeschlossen und die Position vertreten, Libyen sei ein sicheres Land. Der EMGR entschied 2012, dass Italien so nicht vorgehen durfte, da niemand der Folter oder unmenschlicher Strafe ausgesetzt werden dürfe. Seither gab es keinen entsprechenden Fall mehr.
Retter bringen Menschen auf Anweisung nach Europa
In den vergangenen Jahren haben die NGOs und die staatlichen Schiffe der EU-Mission "Sophia" aus dem Mittelmeer gerettete Menschen auf Anordnung der koordinierenden Seenotrettungsleitstelle MRCC in Rom nach Europa gebracht. Italien hat sich zuletzt dagegen gesperrt. Insgesamt vier Schiffe von NGOs werden aktuell in europäischen Häfen am Auslaufen gehindert. Auf welcher Grundlage die "Asso Ventotto" die Flüchtlinge wieder in Libyen abgesetzt hat, ist bisher unklar.
Gegen den Kapitän des deutschen Seenotrettungsschiffs "Lifeline", Claus-Peter Reisch, läuft auf Malta gerade ein Prozess, weil das Schiff den Vorwürfen zufolge nicht über erforderliche Dokumente verfügt. Reisch griff die neue Entwicklung auf, um zu fragen, wann nun ein Prozess gegen den Kapitän der "Asso Ventotto" beginnen werde.
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Die Organisation Sea-Watch fragte die IOM und die UNHCR in Libyen, ob sie dazu beitragen, die Verantwortlichen für völkerrechtswidrige Zurückweisung zur Rechenschaft zu ziehen oder ob sie Komplize bei der Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention seien.
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AfD-Politiker haben die Entwickler auf Twitter vereinzelt begrüßt. Björn Höcke sah darin einen Beweis dafür, dass von libyschen Stellen nicht auf ausländische Schiffe geschossen werde. NGOs weisen auch mit dieser Begründung den Vorwurf regelmäßig zurück, in libysches Hoheitsgewässer zu fahren und dort Menschen nahe der Küste abzuholen. Es gibt keine Belege für die Vorwürfe, auch GPS-Daten können das nicht untermauern.
- Eigene Recherchen
- Bericht der Nachrichtenagentur "Ansa"
- "Huffington Post"-Bericht zu dem Einsatz
- Facebook-Beitrag Matteo Salvini
- Position der "Asso Ventotto"