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US-Strafzölle im Handelskrieg: Grundsatz des freien Welthandels bedroht


US-Strafzölle
Der freie Welthandel endet, der Handelskrieg beginnt

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 01.06.2018Lesedauer: 3 Min.
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Containerschiff: Die Zeit des freien Welthandels läuft ab, meint t-online.de-Expertin Ursula Weidenfeld.Vergrößern des Bildes
Containerschiff: Die Zeit des freien Welthandels läuft ab, meint t-online.de-Expertin Ursula Weidenfeld. (Quelle: imago-images-bilder)

Unter Donald Trump hat sich viel verändert. Nun verhängen die USA auch Strafzölle für Stahl und Aluminium aus Europa. Damit ist die Epoche des freien Welthandels passé.

Morgen früh, um sechs Uhr europäischer Zeit, beginnt ein neues Zeitalter. Galt bisher Freihandel als der beste Weg für einen gedeihlichen internationalen Warenaustausch, so ist von jetzt an jedenfalls in einem Land das Gegenteil richtig: in den USA. Auch Europa wird künftig für Stahl- und Aluminiumverkäufe – und möglicherweise bald auch für Autos – höhere Zölle bezahlen müssen.

Viele haben in den vergangenen Monaten versucht, die amerikanische Regierung zu überzeugen, dass dieser Weg falsch ist. Sie sind gescheitert. Die USA sind die Herzkammer des freien Welthandels gewesen. Jetzt werden sie zum Hauptinfarktrisiko.

USA waren Garantiemacht

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs galt es in der Weltwirtschaft als ausgemacht, dass niedrige Zölle und wenige Handelsbarrieren allen nutzen. Durch den weltweiten Wettbewerb würde die heimische Industrie angestachelt, auf dem besten Niveau zu produzieren. Die internationale Arbeitsteilung sorge dafür, dass jeder das produziere, was er am besten könne.

Dadurch blieben die Preise niedrig, der technische Fortschritt wäre hoch, Wirtschaftswachstum und Wohlstand könnten sich ausbreiten.
Die USA waren die Garantiemacht dieser Auffassung. Sie haben das 20. Jahrhundert mit dem freien Handel, und dem Dollar als einer weltweit akzeptierten Leitwährung geprägt.

Viele kleine Abkommen

Amerika war maßgeblich für die Weltfreihandelsgespräche und an der Gründung der Welthandelsorganisation WTO beteiligt. Es gab Fortschritte und Rückschläge in dieser Politik, aber das Grundverständnis über den Nutzen freien Handels war global dasselbe – und es hatte einen amerikanischen Pass.

Schon in den vergangenen Jahren ist deutlich geworden, dass die Zeit der großen Welthandelsabkommen vorüber ist. Statt eines umfassenden neuen Vertrags wurden viele kleine Abkommen über Handel und Wandel geschlossen – auch das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und Europa wäre ein solches gewesen. Doch jetzt bekommt die Auseinandersetzung eine neue Qualität. Europa hat umgehend Gegenmaßnahmen angekündigt. Der Grundsatz des freien Welthandels steht infrage.

Angeblich unfairer Handel

US-Präsident Donald Trump muss Anfang November einen schwierigen Wahlgang bestehen. Die "midterm elections" werden zeigen, wie populär der Präsident noch ist. Will Trump diese Abstimmung für Senat und Repräsentantenhaus gewinnen, muss er seinen Wählern neue Argumente für die "America First"-Strategie liefern. Angeblich unfairer Handel spielt da eine große Rolle.

Tatsächlich stimmt die große Erzählung, Freihandel nütze allen, nicht ganz: Ausgerechnet die traditionellen Industriearbeiter in den hochentwickelten Ländern profitieren nämlich seit den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts nicht mehr großartig. Sie haben zu Hunderttausenden ihre Stellen verloren, ohne eine neue zu finden, oder sie mussten sich mit mickrigen Lohnzuwächsen begnügen. Kein Wunder, dass die Unzufriedenheit hier besonders hoch ist. Ebenso, dass Importzölle für Stahl und Aluminium hier sehr populär sind.

Einst bedeutendster Freihändler

Die neuen Zölle werden allerdings nicht dafür sorgen, dass die Jobs sicherer werden. Die direkt betroffenen Unternehmen werden zwar erst einmal geschützt, auf die Dauer aber ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Und, schlimmer noch: Die Stahl- und Aluminiumverarbeitenden Unternehmen werden schon bald die Preise erhöhen und vermutlich Arbeitsplätze streichen müssen. Schon George W. Bush hatte nach den Terroranschlägen vom 11. September versucht, Stahlzölle zum Schutz der eigenen Industrie durchzusetzen. Schon nach wenigen Monaten musste er zurückrudern.

Möglicherweise gibt es genug frustrierte Industriearbeiter in Amerika, die bei den Novemberwahlen republikanisch wählen. Doch langfristig schadet die Handelspolitik von Donald Trump vor allem den USA: Die Bedeutung Amerikas im Welthandel wird zurückgehen. Das betrifft das Volumen. Es betrifft die Leitwährung, den Dollar. Vor allem aber betrifft es das Selbstverständnis des einst bedeutendsten Freihändlers der Weltwirtschaft.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. In ihrem Buch "Regierung ohne Volk. Warum unser politisches System nicht mehr funktioniert" schreibt sie über die Probleme der deutschen Politik.

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