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Kanada: Trumps Drohungen lassen Mark Carney jubeln


Liberaler Wahlsieg in Kanada
Trumps Drohungen bringen die Wende für Carney

Von t-online
Aktualisiert am 29.04.2025 - 14:52 UhrLesedauer: 4 Min.
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Parlamentswahlen in Kanada: Der Kandidat der Liberalen, Mark Carney, gewinnt in Kanada. (Quelle: IMAGO/Dominic Gwinn/imago)
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Der politische Neuling Mark Carney schaffte es, Anhänger aus dem linken und konservativen Lager zu mobilisieren. Wer ist Trudeaus Nachfolger und warum gewann er die Wahl?

Überraschend haben in Kanada die Liberalen die Parlamentswahlen gewonnen: Obwohl die Partei unter dem Vorsitz des ehemaligen Managers und Zentralbankdirektors Mark Carney in den Umfragen nur knapp vor der Konservativen Partei lag, dürfte ihr nun ausgerechnet US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf Auftrieb verschafft haben (lesen Sie hier mehr dazu).

Wechsel ins liberale Lager

Trotz Zuwächsen (144 Sitze) verpasste Pierre Poilievres Konservative Partei die Regierungsmehrheit deutlich. So blieben die Konservativen nach zeitweise großem Vorsprung in den Umfragen hinter den Erwartungen zurück. Nach wiederholten Wahlniederlagen steht nun die Frage im Raum, ob Poilievre Parteichef bleiben kann. Schließlich verlor er auch seinen Sitz im Parlament, nachdem er seinen Wahlkreis verloren hatte.

Bei der Wahl mussten insbesondere kleinere Parteien Verluste hinnehmen. Die Kanadier stimmten überwiegend für Liberale oder Konservative – besonders zulasten der Neuen Demokratischen Partei (NDP). Die NDP fiel von 18 Prozent (2021) auf fünf Prozent, Parteichef Jagmeet Singh konnte seinen Wahlkreis in British Columbia nicht verteidigen und trat zurück.

Auch die Grünen halbierten ihren Stimmenanteil auf ein Prozent. Der Bloc Québécois hielt acht Prozent, doch bleibt die Sitzverteilung abzuwarten. Trotz dominierender großer Parteien spielen kleinere Parteien wie NDP und Bloc Québécois weiterhin eine Rolle im Parlament.

Den Grund für einen ausbleibenden Wahlerfolg der kleineren Parteien sehen viele Beobachter in den verschärften Drohungen durch Donald Trump.

Lange Zeit galten die Konservativen als Favoriten und lagen klar vorn. Verbündete hatten sich von der Partei des amtierenden Premierministers Justin Trudeau abgewandt und waren in andere Lager gewechselt – auch zu den Konservativen. Noch Anfang 2025 sah es nach einem Regierungswechsel zugunsten der Partei von Pierre Poilievres aus. Doch mit der Wiederwahl Donald Trumps änderte sich die Lage plötzlich.

Eine Aufholjagd

Alle Kandidaten bemühten sich vor der Wahl um eine klare Abgrenzung von Trump, nur einem fiel dies schwer: dem Spitzenkandidaten der Konservativen, Pierre Poilievres. Es gab Parallelen zwischen ihm und dem US-Präsidenten, auch Poilievres sprach von Fake News und einer woken, linksradikalen Ideologie.

Den Liberalen und Carney gelang eine Aufholjagd. Obwohl die Partei seit 2021 hinter den Konservativen zurücklag und noch im Dezember in Umfragen bei nur rund 20 Prozent stand, holte sie innerhalb weniger Wochen stark auf. Die Konservativen, die zuvor bei etwa 45 Prozent lagen, verloren rund zehn Prozentpunkte. Den Liberalen hingegen gelang es, ihre Zustimmung mehr als zu verdoppeln, und damit die Konservativen in kürzester Zeit zu überholen.

Trumps Drohungen verhalfen zum Sieg

Im Vorfeld der Wahlen in Kanada drohte der US-Präsident Donald Trump wiederholt mit Zöllen und stellte die Souveränität Kanadas infrage. Aufsehen erregte er mit der Äußerung, Kanada zu seinem 51. Bundesstaat zu machen.

Die verschärfte Rhetorik Trumps konnte Mark Carney für sich nutzen und setzte den Fokus auf wirtschaftliche Stärke. Mark Carney profitierte von der Stimmung, attackierte Trump und den Oppositionsführer der Konservativen Pierre Poilievre gleichermaßen. Carney betonte nach der Wahl, Trump wolle "uns brechen, damit die USA uns besitzen kann". Er versprach, sich den Drohungen Donald Trumps entschieden entgegenzustellen. Sein Konkurrent Poilievre konzentrierte sich auf innenpolitische Themen wie Lebenshaltungskosten, Wohnraum und Kriminalität und erwähnte Trump kaum.

Carney hingegen erklärte die alten Beziehungen zu den USA für beendet und will unmittelbar nach der Wahl neue Verhandlungen aufnehmen. Trumps Verbündeter Kevin O'Leary nannte Carneys Strategie erfolgreich: Er habe die Frustration über die USA genutzt, um von eigenen Schwächen abzulenken.

Carney verwies im Wahlkampf hingegen auf seine erfolgreiche Krisenbewältigung in Kanada und Großbritannien, um seine Eignung in der aktuellen Wirtschaftskrise zu betonen.

Dennoch steht Carney vor einer großen Aufgabe, denn das Land ist gespalten. So sind die Liberalen in Alberta und Saskatchewan weit abgeschlagen, zwei an Öl- und Gasvorkommen reichen Prärieprovinzen, in denen schon seit Langem ein Gefühl der Entfremdung vom Machtzentrum in Ottawa herrscht. Auch die jungen Wähler stimmten vermehrt für die Konservativen.

Carney als Politikneuling

Als der ehemalige kanadische Premierminister Justin Trudeau plötzlich zurücktrat, musste die Leerstelle gefüllt werden. Trudeau war nach zehn Jahren im Amt zuletzt immer unbeliebter geworden – aufgrund steigender Preise und der sich verschlechternden Wirtschaftslage des Landes. Der ehemalige Manager Carney konnte sich überraschend ohne politische Erfahrung zum Parteivorsitz wählen lassen und wurde zum Premier vereidigt.

Mark Carney hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, in die Politik zu wechseln. Mit dem Ausscheiden Trudeaus sah er seine Chance. Er ist zwar kein politischer Veteran, aber über Parteigrenzen geschätzt aufgrund seiner wirtschaftlichen Expertise. Auch deshalb dürfte er einige Wähler aus dem konservativen Lager von sich überzeugt haben.

Ihm kam zugute, dass er sich während des Wahlkampfes bereits kurz als Premierminister profilieren und seine Ankündigungen mit einem Telefonat mit Trump und Treffen mit US-Kabinettsministern medienwirksam inszenieren konnte.

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