"Ein klein wenig mehr als Hoffnung" Selenskyj hofft auf deutsche Waffenhilfe im Ukraine-Krieg

Der ukrainische Präsident erhofft sich bei einem Streitthema von Friedrich Merz für den Ukraine-Krieg einiges. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte ihn dort bisher abblitzen lassen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft darauf, dass der wohl künftige Kanzler Friedrich Merz (CDU) seinem Land zur Abwehr des russischen Angriffskriegs weitreichende deutsche Marschflugkörper vom Typ Taurus zur Verfügung stellt.
Selenskyj hofft auf deutsche Waffenhilfe im Ukraine-Krieg
Auf die Frage, ob er erwarte, dass Merz als Kanzler schnell über die Taurus-Lieferung für einen Einsatz im Ukraine-Krieg entscheiden werde, antwortete Selenskyj bei einem Treffen mit der geschäftsführenden Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Kiew: "Wir werden daran arbeiten." Man führe dazu Gespräche.
Zu Details wolle er sich aber nicht äußern, bevor Merz das Amt übernommen habe, fügte Selenskyj hinzu. Auf Nachfrage, ob es seine Hoffnung sei, dass Merz sich zu einer Lieferung von Taurus entschließe, sagte er: "Ja, natürlich." Es sei sogar "ein klein wenig mehr als Hoffnung".
Baerbock äußert sich zu Taurus-Lieferung für den Krieg in der Ukraine
Baerbock sagte auf die Frage zu Taurus, als ausscheidende Ministerin könne sie keine Entscheidung der neuen Regierung vorneweg nehmen. Sie fügte allerdings hinzu, die CDU habe im Bundestag immer wieder deutlich gemacht, wie wichtig weitreichende Waffen für die Ukraine seien.
Merz hatte Ende Februar die Frage offen gelassen, ob die Bundesregierung unter seiner Führung den durchschlagskräftigen Taurus-Marschflugkörper wie gewünscht an die Ukraine liefern würde. Die Ukraine müsse die Systeme bekommen, die sie zur Verteidigung benötige, auch Marschflugkörper. "Ob es dann der Taurus ist oder ein anderes System, das muss man sehen und im Kreise der europäischen Verbündeten abstimmen."
Zugleich warnte Merz damals, Deutschland dürfe sich nicht in den Krieg in der Ukraine hinein begeben. "Deutschland darf nicht Kriegspartei werden", sagte er. Der geschäftsführende Kanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt eine Taurus-Lieferung an die Ukraine strikt ab, weil er fürchtet, dadurch könne Deutschland in den Krieg hineingezogen werden.
Verstöße im Ukraine-Krieg: Selenskyj will weitere Sanktionen gegen Russland
Derweil warf Selenskyj beim Besuch von Baerbock Russland erneute Verstöße gegen eine vereinbarte Energiewaffenruhe im Ukraine-Krieg vor. Von den USA erwarte er eine "ernsthafte Demonstration von Sanktionsschritten", sagte Selenskyj bei einer Pressekonferenz in Kiew.
"Ich finde, wir sind am Punkt für eine Verschärfung der Sanktionen angelangt, denn ich denke, dass die Russen gegen das verstoßen, was sie Amerika versprochen haben", sagte Selenskyj. Er hoffe, dass US-Präsident Donald Trump genügend Einflussinstrumente habe.
Die Ukraine übermittle nahezu täglich Informationen zu Verstößen Russlands an die USA, sagte Selenskyj. Dabei habe sich das Land verpflichtet, "nicht mit Raketen auf Energieanlagen" zu schießen.
Moskau wirft der Ukraine Bombardierung der Infrastruktur vor
Moskau behauptet wiederum, sich an die Vereinbarung zu halten und wirft Kiew vor, russische Energieinfrastruktur weiter zu bombardieren.
Russland hat nach Angaben seines Außenministers Sergej Lawrow eine Liste mit angeblichen Verstößen der Ukraine gegen die vereinbarte Pause bei Angriffen auf Energieanlagen an die USA und die Vereinten Nationen übergeben. Kiew verletze weiter das Moratorium mit Schlägen gegen die russische Energieinfrastruktur, sagte Lawrow in Moskau. Die Liste mit den Verstößen sei auch an die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übergeben worden.
Trump und Kremlchef Wladimir Putin hatten am 18. März bei einem Telefongespräch vereinbart, dass Russland keine ukrainischen Energieanlagen mehr angreift. Putin ließ mitteilen, dass ein noch in der Nacht damals erteilter Befehl weiter in Kraft sei.
Lawrow berichtet von neuem Treffen mit den USA
Die USA und Russland bereiten derweil auf Ebene des Außenministeriums ein weiteres Treffen vor, wie Lawrow mitteilte. Dabei solle es darum gehen, Hindernisse auf dem Weg zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern aus dem Weg zu räumen. Einen Ort oder Termin nannte er nicht. Zudem gebe es Telefonate und Videokonferenzen. "Ich möchte keine Prognosen abgeben, aber wir sehen einige Fortschritte", sagte Lawrow.
Russland habe außerdem konkrete Vorschläge gemacht für eine Wiederbelebung der Schwarzmeer-Initiative, mit der auf militärische Gewalt in dem Gewässer verzichtet werden soll. Damit hätten zivile Frachtschiffe etwa für den Transport von Getreide, Düngemitteln und anderen Agrarprodukten wieder freie Fahrt. Russland hatte eine frühere Vereinbarung aufgekündigt, weil es seine Interessen nicht gewahrt sah.
Jetzt brauche es konkrete Schritte, sagte Lawrow. Als Beispiele nannte er den Zugang für russische Schiffe zu internationalen Häfen, zu Versicherungsunternehmen und zu einer normalen Finanzabwicklung. Das würde allerdings eine Aufhebung wesentlicher westlicher Sanktionen gegen Russland bedeuten. "Die amerikanischen Kollegen studieren jetzt unsere Vorschläge und haben versprochen, demnächst zu reagieren", sagte Lawrow.
- Nachrichtenagentur dpa