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Kaschmir: Indien stoppt Wasserabkommen, Pakistan droht Eskalation


Duell der Atommächte?
Nun flammt ein alter Konflikt wieder auf


24.04.2025 - 09:29 UhrLesedauer: 4 Min.
Indische Soldaten patrouillieren an der Grenze zum von Pakistan kontrollierten Teil von Kaschmir.Vergrößern des Bildes
Indische Soldaten patrouillieren an der Grenze von Pakistan (Archivbild): Nach einem Attentat nehmen die Spannungen zwischen beiden Ländern zu. (Quelle: ap)
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Nach einem Attentat mit 26 Toten in der Grenzregion Kaschmir wachsen die Spannungen zwischen Indien und Pakistan. Delhi setzt ein Wasserabkommen aus. Pakistan kontert mit Vorbereitungen für einen Raketentest.

Der Konflikt zwischen Indien und Pakistan spitzt sich zu. Indiens national-populistischer Regierungschef Narendra Modi brach eine Reise ab und berief für Donnerstag eine parteiübergreifende Krisensitzung ein. Nach einem Attentat mit 26 Toten in der von beiden Ländern beanspruchten Region Kaschmir hatte Indien in der Nacht alle Grenzübergänge geschlossen und pakistanische Militärbeobachter ausgewiesen. Zudem setzte die Regierung in Delhi das Indus-Wasserabkommen mit dem Nachbarland aus.

Die pakistanische Führung wollte am Donnerstag über mögliche Reaktionen beraten. In den sozialen Medien wurde über einen möglichen Raketentest im Arabischen Meer spekuliert – angeblich in der Nähe des indischen Flugzeugträgers "Vikrant". Ein Blick auf einen Konflikt mit Eskalationspotenzial:

Warum flammt der Konflikt wieder auf?

Indien und Pakistan sind sich in inniger Gegnerschaft verbunden. Jetzt gewinnt der Konflikt durch ein Attentat an Schärfe. Bei dem Anschlag in der beliebten Urlaubsgegend nahe der Stadt Pahalgam im indischen Teil von Kaschmir waren am Dienstag 26 Menschen getötet worden, mindestens 17 weitere wurden verletzt. Die meisten von ihnen waren indische Feriengäste. Laut BBC war auch ein Brautpaar auf Hochzeitsreise unter den Opfern.

Indiens Regierung stuft den gezielten Angriff auf die Urlauber als Terrorakt ein. Indische Medien berichteten, eine islamistische Terrorgruppe mit möglichen Verbindungen zu Pakistan habe den Anschlag für sich reklamiert. Pakistans Regierung bestreitet die Vorwürfe.

Kaschmir steht seit Jahrzehnten im Mittelpunkt eines Konflikts zwischen beiden Ländern, die jeweils einen Teil der Region kontrollieren.

Wie wichtig ist das Indus-Wasserabkommen?

Der 1960 unter Vermittlung der Weltbank ausgehandelte Vertrag regelt die Wassernutzung des Indus und seiner Nebenflüsse. Indien setzte das Abkommen nun aus. Das gefährdet die Wasserversorgung von Millionen von Menschen in Pakistan. Die Unesco hatte zuletzt gewarnt, die zunehmende Wasserknappheit könne Konflikte auf der ganzen Welt anfachen.

Pakistans Außenminister Mohammad Ishaq Dar reagierte umgehend und erklärte in einem TV-Statement: "Indien hat keinerlei Beweise vorgelegt. Ihre Reaktion hat keinerlei Reife gezeigt." Dar nannte die indische Reaktion "übereilt" und "nicht ernst zu nehmen".

Die indische Regierung blieb hart. Der Indus-Wasservertrag werde so lange außer Kraft gesetzt, "bis Pakistan glaubhaft und unwiderruflich der Unterstützung des grenzüberschreitenden Terrorismus abschwört", sagte Außenamtsstaatssekretär Vikram Misri. Die Regierung in Islamabad hatte zuvor jede Beteiligung an dem Anschlag zurückgewiesen.

Wer steckt hinter den Anschlägen?

Pakistan bestreitet jede Verwicklung in den Terrorakt. Nach Angaben der indischen Streitkräfte beteiligten sich die Armee und die Polizei an der Suchaktion. Die Sicherheitsmaßnahmen im gesamten Kaschmir-Tal seien verstärkt worden, berichtete die Zeitung "Greater Kashmir". Die Polizei in Kaschmir veröffentlichte am Mittwoch zur Unterstützung der Fahndung Phantombilder von drei mutmaßlichen Angreifern.

Rebellengruppen kämpfen im indischen Teil Kaschmirs, der vorwiegend muslimisch geprägt ist, für eine Unabhängigkeit vom mehrheitlich hinduistischen Indien – oder für einen Zusammenschluss mit Pakistan.

Nach dem Anschlag gab es Medienberichten zufolge Hunderte Festnahmen im indisch kontrollierten Teil Kaschmirs. Wie der Sender NDTV und andere indische Medien unter Berufung auf Informanten berichteten, wurden in der Region im Kontext des Anschlags bislang etwa 1.500 Menschen festgenommen, um sie zu möglichen Verbindungen zu den Tätern zu befragen. Darunter hätten sich auch Personen befunden, die bereits früher wegen militanten Verhaltens aufgefallen seien, hieß es.

Indiens Verteidigungsminister Rajnath Singh drohte den Tätern und ihren vermeintlichen Hinterleuten mit einer raschen Reaktion: "Es wird eine laute und deutliche Antwort für die Verantwortlichen geben."

Worum geht es grundsätzlich beim Konflikt um Kaschmir?

Die nördliche Himalaja-Region Kaschmir ist seit der Unabhängigkeit Indiens und Pakistans im Jahr 1947 geteilt. Beide Länder beanspruchen das Gebiet vollständig für sich. Beide Atommächte und haben schon zwei Kriege um die Kontrolle der Bergregion geführt. Indien hat eine halbe Million Soldaten in der Region stationiert und geht dort seit 1989 gegen Rebellengruppen vor. Dabei wurden Zehntausende Zivilisten, Soldaten und Rebellen getötet.

Die indische Regierung von Premierminister Narendra Modi hob 2019 die Teilautonomie des Gebiets auf und stellte es unter direkte Kontrolle der Bundesregierung in Neu-Delhi. Seither haben die Kämpfe etwas nachgelassen.

Der Experte Michael Kugelman warnte, der Angriff vom Dienstag stelle ein "sehr ernstes Risiko für eine neue Krise zwischen Indien und Pakistan dar und wahrscheinlich das schwerste Risiko seit dem kurzen militärischen Konflikt, der sich 2019 ereignete".

Welche Folgen hat der Streit auf weitere Konflikte wie den Krieg in der Ukraine?

Indiens Erzfeind ist Pakistan. Aber sein großer strategischer Gegenspieler ist China. Umso aufmerksamer wird Chinas Unterstützung für Moskau im russischen Krieg gegen die Ukraine verfolgt. Der indische Premier Modi war im vergangenen Jahr nach Moskau gereist und hatte den russischen Staatschef Wladimir Putin demonstrativ umarmt. Indien ist ein wichtiger Abnehmer von russischem Öl und bringt deshalb wichtige Devisen in die russische Staatskasse.

Kurz nach seinem Besuch in Russland war Modi in die Ukraine gefahren. Das Ziel: Indiens Unabhängigkeit zu unterstreichen – gerade in der Außenpolitik. Er stehe "auf der Seite des Friedens", sagte Modi bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik bilanzierte: "Außenpolitisch unterstreicht Modi damit seinen Anspruch auf Gleichrangigkeit mit China, das in den letzten Jahren erfolgreich als internationaler Schlichter fungierte." Und: "Modis Versuch, Indien als Vermittler im Ukrainekonflikt zu positionieren, sollte daher nicht darüber hinwegtäuschen, dass er in erster Linie die Interessen seines eigenen Landes im Blick hat. Allerdings könnte die nun angestoßene Diskussion über eine Rolle als Vermittler dazu führen, dass westliche Staaten die Regierung in Neu-Delhi in dieser Frage künftig stärker in die Pflicht nehmen."

Indien und Pakistan sind beide Atommächte. An einer Eskalation des Konflikts in unruhigen Zeiten ist daher niemand gelegen.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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