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Annalena Baerbock bei G7-Treffen der Außenminister in Kanada


Baerbock bei G7-Treffen
Rette sich, wer kann


12.03.2025 - 15:38 UhrLesedauer: 6 Min.
Donald Trump: Der US-Präsident demontiert das westliche Bündnis.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Der US-Präsident demontiert das westliche Bündnis. (Quelle: IMAGO/Pool/ABACA/imago-images-bilder)
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Seit dem Amtsantritt von Donald Trump steht das westliche Bündnis unter Beschuss. Bei den Treffen der G7-Staaten geht es in diesem Jahr um Schadensbegrenzung. Doch es droht ein Streit auf offener Bühne.

Für sie könnte es eine ihrer letzten Reisen als deutsche Außenministerin werden: Annalena Baerbock nimmt ab Mittwoch noch einmal an einem G7-Treffen der Außenministerinnen und Außenminister in Kanada teil. Doch eine einfache Abschiedsreise wird es für sie ganz sicher nicht. Im Gegenteil. Es geht um viel in diesen Tagen.

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Das Treffen der Außenministerinnen und Außenminister findet in der kanadischen Gemeinde Charlevoix in der Nähe von Quebec-City statt. Ein geschichtsträchtiger Ort für das westliche Bündnis. Im Jahr 2018 wurden hier zum ersten Mal die großen Risse zwischen den USA und den anderen sechs Staaten in besonderem Maße sichtbar. US-Präsident Donald Trump stellte sich während seiner ersten Amtszeit quer, wollte keine Regulierungen für mehr Klimaschutz, drohte seinen westlichen Partnern mit einem Handelskrieg und wollte sich nicht mehr zur regelbasierten Weltordnung bekennen.

Nachdem die anderen Staats- und Regierungschefs auf ihn eingeredet hatten, einigten sie sich am Ende mit ihm doch auf eine allgemein gehaltene Abschlusserklärung. Doch noch im Flugzeug zog Trump seine Zustimmung zurück, weil er sich über eine Pressekonferenz des kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau geärgert hatte. Mehr dazu lesen Sie hier.

Knapp sieben Jahre später ist Trump in den USA zurück an der Macht, und bereits nach wenigen Wochen seiner zweiten Amtszeit ist das Ungemach für die restlichen 6 G7-Staaten noch größer geworden. Die neue US-Regierung ist an einer Zusammenarbeit im westlichen Bündnis nur wenig interessiert, nähert sich dafür Staaten wie Russland an. Trump lobt Kremlchef Wladimir Putin, während er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Oval Office öffentlich vorführt. Gegen US-Nachbarn und enge Verbündete wie Kanada und die EU-Staaten führt der Republikaner schon jetzt einen Zollkrieg.

Video | Dieser Politiker könnte Trump Paroli bieten
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Quelle: t-online

Die ersten Wochen mit der aktuellen US-Regierung im Amt lassen für die kommenden vier Jahre Schlimmeres befürchten. Traditionelle Bündnisse haben für die USA unter ihrer aktuellen Administration offenbar keine Bedeutung mehr. Institutionen wie die Nato oder auch die G7 funktionieren kaum noch – ein Albtraum für viele überzeugte Transatlantiker in Europa und den USA.

In Kanada ringen die Außenministerinnen und Außenminister nun um Schadensbegrenzung – aber die ist sehr unwahrscheinlich. Für die Europäer und Japan heißt es jetzt: alle gut festhalten. Es wird turbulent.

Schutz der regelbasierten Ordnung vor den USA

Vor allem die europäischen Mitglieder stehen vor der Aufgabe, die USA möglichst an der Seite von Europa zu halten und weiteren großen Schaden für das transatlantische Bündnis zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern.

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Außenministerin Baerbock betonte vor ihrem Abflug daher, dass den G7 weiter eine Schlüsselrolle zukomme: "Wir mögen unsere Meinungsverschiedenheiten haben. Gemessen werden wir aber am Ende daran, ob wir Antworten auf die zentralen Sicherheitsfragen unserer Zeit finden." Für die Grünen-Politikerin sind "die Herausforderungen durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, Chinas Auftreten im Indo-Pazifik sowie die Krisen im Nahen Osten" eng mit der Sicherheit aller G7-Staaten verwoben. Baerbock ergänzte mit Blick auf die Ukraine: "Der Weg zu Frieden führt über Stärke und Geschlossenheit – eine Sprache, die Putin versteht."

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G7 summit in Italy (clockwise from C, back) Italian Prime Minister Giorgia Meloni, U.S. President Joe Biden, Japanese Prime Minister Fumio Kishida, British Prime Minister Rishi Sunak, European Commission President Ursula von der Leyen, European Council President Charles Michel, German Chancellor Olaf Scholz, Canadian Prime Minister Justin Trudeau and French President Emmanuel Macron attend a Group of Seven summit on June 13, 2024, in the southern Italian city of Fasano, Puglia. (Pool photo) PUBLICATIONxINxA (Quelle: IMAGO/imago)

Zur Organisation

Die G7 ist ein Zusammenschluss führender Industrienationen mit liberal-demokratischen Werten. Sie stimmen sich zu globalen Themen ab. Mitglieder sind: Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien, USA sowie die EU als ständiger Gast.

Doch hierbei eine gemeinsame Linie mit den USA zu finden, ist keine einfache Aufgabe – dessen ist sich die Außenministerin bewusst. Das gilt für sie noch mal in besonderem Maße, denn der nächsten Bundesregierung wird sie nicht mehr angehören. In Kanada hat sie somit wenig Spielraum für Kursänderungen.

Für Baerbock geht es deshalb vor allem darum, die bestehenden außenpolitischen Positionen Deutschlands zu untermauern: etwa die Unterstützung der Ukraine, geringere Beschränkungen für globalen Handel, die Verteidigung internationaler Institutionen und des internationalen Rechts. Für künftige außenpolitische Kursanpassungen wird die nächste Bundesregierung zuständig sein.

In einer ähnlichen innenpolitischen Situation beim G7-Treffen ist Gastgeber Kanada. Nach den Bundestagswahlen in Deutschland wird es auch im zweitgrößten Flächenstaat der Welt in den kommenden Wochen Wahlen geben. Premier Justin Trudeau hat sein Amt als Parteichef der Liberalen Partei am Sonntag bereits an den ehemaligen Zentralbankchef Mark Carney abgegeben. Carney wird auch vorläufig Kanadas Premier werden.

Für Kanada und Deutschland kommen diese Machtwechsel zur Unzeit. Denn Donald Trump befindet sich bereits auf Konfrontationskurs.

Rubio verteidigt Trump

Der US-Präsident wird indes in den kommenden Tagen nicht an dem Treffen in Kanada teilnehmen, da nur die Außenminister der G7-Staaten dort tagen. Die Trump-Regierung wird dementsprechend von Marco Rubio vertreten. Der US-Außenminister hatte in den vergangenen Wochen oft die Aufgabe, vor allem die Europäer zu beruhigen – während Trump und sein Vize J. D. Vance immer wieder Öl ins diplomatische Feuer gossen. Rubio hatte hinter verschlossenen Türen stets versucht, die europäischen Staaten zu besänftigen. Seine Botschaft lautete: Die USA stünden weiter hinter der Ukraine, zur Nato, und die Europäer würde man nicht übergehen, wenn über ein Ende des Ukraine-Krieges verhandelt wird.

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Rubio gehört zu den Republikanern, die Trumps Zoll- und seine Ukraine-Politik kritisch sehen, heißt es. Erst vergangenen Donnerstag soll er bei einer Kabinettssitzung in Washington mit dem Milliardär und Trump-Vertrauten Elon Musk aneinandergeraten sein, weil dieser Rubio vorwarf, in seinem Ministerium noch keine Mitarbeiter entlassen zu haben. Es brodelt auch bei einigen Republikanern. Aber Rubio gehört dennoch zu den Ministern, die Trump nach außen hin verteidigen.

So hat Rubio bereits angekündigt, im Kreise der G7 russlandfeindliche Sprache in gemeinsamen Erklärungen zu unterbinden: "Wir können keine Erklärung unterstützen, die nicht mit unserer Position übereinstimmt, beide Seiten an den Verhandlungstisch zu holen", sagte der US-Außenminister. Zudem warb Rubio für den umstrittenen Trump-Plan, die Palästinenser aus dem Gazastreifen zu vertreiben.

Das G7-Außenministertreffen findet direkt nach den jüngsten Gesprächen zwischen der Ukraine und den USA in Saudi-Arabien statt. An dessen Ende stand eine überraschende Einigung: Die Ukraine und die USA möchten eine 30-tägige Waffenruhe, und die Amerikaner setzen die von Trump eingefrorenen Waffenlieferungen fort. Doch wie antwortet darauf nun Russland? "Der Ball ist in ihrer Hälfte", sagte Rubio.

Sollte Trump an dieser Absprache festhalten, wäre es für die Ukraine ein Schritt in die richtige Richtung. Denn die US-Regierung erkennt damit an, dass die Ukraine an Frieden interessiert ist. Das hatte Trump Selenskyj bei dessen Besuch in Washington abgesprochen. Jetzt wird die Reaktion Putins darauf wahrscheinlich auch das G7-Treffen in Kanada überschatten.

Die US-Regierung erwartet Ärger

Auch deswegen wird der US-Außenminister in Charlevoix im Mittelpunkt stehen. Marco Rubio erwarten aber nicht nur interessierte Fragen zu den Ukraine-Gesprächen, sondern auch viel Wut – besonders vonseiten der Gastgeber. Trump hat sein Land in einen beispiellosen Handelskrieg mit Kanada gestürzt. Trump verhängte Zölle in Höhe von 25 Prozent gegen kanadische Stahl- und Aluminiumimporte. Kanada reagierte darauf, indem es unter anderem Stromexporte in die USA mit Zöllen belegte. Daraufhin erhöhte der US-Präsident am Dienstag die US-Zölle kurzzeitig noch einmal um 25 Prozent und drohte damit, die kanadische Autoindustrie "lahmzulegen". Wenige Stunden später zog er diese Entscheidung jedoch wieder zurück.

Das Chaos in den Beziehungen zwischen den Verbündeten Kanada und USA ist unbeschreiblich. Trump bezeichnet Trudeau als "Gouverneur" und hat den Kanadiern angeboten, der 51. US-Bundesstaat zu werden. Der Ärger darüber in Kanada ist immens. Laut einer Erhebung des Soziologen und Meinungsforschers Angus Reid sprachen sich im Februar 2023 noch 73 Prozent der Kanadierinnen und Kanadier für freundliche Beziehungen zu den USA aus, im März 2025 waren es nur noch 23 Prozent.

Trump hat nur wenige Wochen gebraucht, um ein Bündnis zu beschädigen, das Weltkriege und zahlreiche andere Konflikte im vergangenen Jahrhundert überlebte. Kanada stand immer an der Seite der Amerikaner.

Das G7-Treffen wird daher nun überschattet vom Keil, den der US-Präsident ins westliche Bündnis getrieben hat. Es wird in Charlevoix darum gehen, dass die USA die Ukraine nicht völlig fallen und Putin den Krieg gewinnen lassen. Die Außenministerinnen und Außenminister werden darüber verhandeln, dass Trumps Zollkriege nicht weiter eskalieren. Zudem wird es darum gehen, dass die Amerikaner zumindest noch eine Zeit lang zur Nato stehen und Europa notfalls verteidigen. Die übrigen G7-Länder werden den USA erklären, dass sie verstanden haben: Sie werden ihre Sicherheit in die eigenen Hände nehmen. Aber das braucht Zeit, und es ist völlig unklar, ob Trump ihnen diese Zeit geben wird.

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