Vorbild für Deutschland? Wie Schweden die niedrigsten Asylzahlen seit 30 Jahren erreichte
In Schweden sind in diesem Jahr erst etwas mehr als 5.000 Asylanträge gestellt worden. Vor knapp zehn Jahren veränderte das Land seine Asylpolitik radikal.
Seit dem Anschlag von Solingen steht die Begrenzung der Migration wieder im Zentrum der politischen Debatte in Deutschland. Unter anderem fordert Oppositionschef Friedrich Merz drastische Veränderung von Bundeskanzler Scholz – und wirft ihm vor, die Kontrolle über das Land zu verlieren.
Ein Land, das Merz dabei lobend erwähnt, ist Schweden. Die Zahlen in dem nordischen EU-Land sind tatsächlich bemerkenswert. In Schweden ist die Zahl der Asylanträge in den vergangenen neun Jahren drastisch zurückgegangen – von mehr als 150.000 auf weniger als 10.000 pro Jahr. In diesem Jahr wurden bisher 5.600 Asylanträge gestellt, es werden voraussichtlich die niedrigsten Zahlen seit 1997 erreicht.
Schweden wird in diesem Jahr wohl Auswanderungsland
Wie ist den Schweden das gelungen? Ende 2015 veränderten die regierenden Sozialdemokraten die Asylpolitik radikal. Schweden erschwerte etwa den Zutritt auf eigenes Territorium, setzte auf konsequentere Abschiebungen und förderte die freiwillige Rückkehr der Asylsuchenden.
Maria Malmer Stenergard, die schwedische Migrationsministerin, erklärte im Frühjahr über die schwedische Asylpolitik: "Der Trend zu einer Einwanderung, die bewältigt werden kann, ist von entscheidender Bedeutung, wenn wir die Integration verbessern wollen." In diesem Jahr wandern nach Angaben der Regierung mehr Menschen wieder aus Schweden aus als ein.
Ministerin spricht von "absurder Situation"
Schweden begrenzte außerdem die Höhe der Sozialleistungen für Asylbewerber. Höhere Zahlungen schafften eine "absurde Situation, die Anreize schafft, nicht zu arbeiten, sondern stattdessen von der Gesellschaft zu leben", erklärte Stenergard am Dienstag in der "Bild".
Auch das Untertauchen von Menschen, die keinen Schutzstatus hätten, werde erschwert: Migranten sollten nicht mehr bei Verwandten leben dürfen, wo die Behörden Schwierigkeiten hätten, sie zu finden, sondern nur noch in Aufnahmezentren. Diejenigen, die keinen positiven Asylbescheid bekommen, sollen schnell in ein Rückkehrzentrum gebracht werden.
Bandenkriminalität bleibt ein Problem
Hat Schweden mit der Begrenzung der Einwanderung auch seine Probleme mit Kriminalität gelöst? Bisher nicht: Bandenkriminalität bleibt besonders in Stockholm eine große Sorge. Im Herbst vergangenen Jahres unterzeichnete Ministerpräsident Ulf Kristersson einen Beschluss, nach dem auch die Armee zur Bekämpfung der Gewalt hinzugezogen werden könnte.
Immer wieder liefern sich Banden im Kampf um Kontrolle auf dem Drogenmarkt besonders in einkommensschwachen Vierteln gewalttätige Auseinandersetzungen – inklusive Schusswechseln und Sprengstoffanschlägen.
- dw.com: "Schweden: Mehr Menschen gehen als kommen" vom 10. August 2024
- dw.com: "Schweden will Armee gegen Bandenkriminalität einsetzen" vom 29. September 2023
- bild.de: "Schweden ist plötzlich AUSwanderungsland" vom 27. August 2024