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Merz nach Treffen: CDU-Chef fordert Olaf Scholz zu Zusammenarbeit auf


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Merz wettert nach Treffen mit Scholz
"Dem Bundeskanzler entgleitet das Land"


Aktualisiert am 27.08.2024Lesedauer: 6 Min.
Friedrich Merz: Er hat sich zu dem Gespräch mit Olaf Scholz geäußert.Vergrößern des Bildes
Friedrich Merz: Er hat sich zu dem Gespräch mit Olaf Scholz geäußert. (Quelle: Liesa Johannssen)
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CDU-Chef Friedrich Merz bietet Olaf Scholz eine enge Zusammenarbeit in Fragen der Migrationspolitik an. Scholz habe zunächst nicht zugestimmt und sich Bedenkzeit erbeten.

In seinem "atmosphärisch sehr guten" Gespräch mit Olaf Scholz hat CDU-Chef Friedrich Merz mehrere Vorschläge gemacht, um illegale Migration nach Deutschland zu begrenzen. Scholz habe ihm spontan nicht zugestimmt, allerdings eine schnelle Reaktion zugesagt, erklärte Merz am Dienstagnachmittag nach dem Treffen mit Scholz im Kanzleramt in Berlin. Am Nachmittag erklärte Scholz, Regierung und Opposition seien immer gut beraten, zusammenzuarbeiten.

"Er hat spontan keine Zustimmung geäußert, aber sehr wohl zugesagt, dass er das bedenken will und mir kurzfristig eine Rückantwort geben will. Das ist aus meiner Sicht in Ordnung", sagte Merz dazu. Er gehe davon aus, dass der Bundeskanzler "dieses Angebot nicht ausschlagen" werde. "Dem Bundeskanzler entgleitet mittlerweile das Land", erklärte Merz. Das habe er in der Deutlichkeit auch Scholz gesagt.

Merz will Aufenthaltsrecht ändern

Er wolle mit Scholz zu gemeinsamen Lösungen kommen, notfalls auch ohne die anderen Ampelkoalitionäre. Union und SPD hätten gemeinsam eine Mehrheit im Bundestag. "Wenn wir uns zusammenraufen – Union und SPD – dann brauchen wir weder die FDP noch die Grünen, um entsprechende gesetzliche Änderungen zu vollziehen", sagte der CDU-Chef.

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Zunächst müsse das Aufenthaltsrecht geändert werden. Aktuell lege man hier mehr Wert auf Steuerung als auf die Begrenzung der Zuwanderung. "Das Wort 'Begrenzung' gehört da wieder rein", so Merz.

Merz: "Geht nicht" lasse ich nicht mehr gelten

Darüber hinaus müssten Personen, die Asylanträge an der deutschen Grenze stellen, zurückgewiesen werden. Asylanträge, so Merz, müssten an der Grenze des ersten Zutrittslandes zur EU gestellt werden, das sei in keinem Fall Deutschland. Sollte das mit dem EU-Recht nicht vereinbar sein, müsse Deutschland eine nationale Notlage ausrufen.

Zu seinem gut einstündigen Gespräch mit dem Kanzler sagte Merz, man habe "gut gesprochen". Jetzt sei es die Entscheidung von Scholz, wie es weitergehe. Für ihn sei aber klar: "Geht nicht, ist kein Argument, das ich mehr gelten lasse, dann muss es machbar gemacht werden."

Er widerspreche hier vehement der SPD-Co-Vorsitzenden Saskia Esken, die gesagt habe, die Politik könne aus dem Anschlag von Solingen nichts lernen. Es gebe einen Kontrollverlust bei der Migration, und dies müsse geändert werden. "Es gibt kein Tabu, wir können über alle Regeln reden", fügte Merz mit Blick auf das Grundgesetz und die europäischen Gesetze hinzu. Zunächst einmal sei der nationale Gesetzgeber gefragt.

Änderung des Grundgesetzes denkbar

Für die Lösung von Migrationsproblemen sei Merz auch zur Änderung des Grundgesetzes bereit. Das Grundgesetz regelt in Artikel 16a das Asylrecht. Für eine Änderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich.

In Artikel 16a steht auch, dass sich jemand, der über einen Staat der Europäischen Union oder einen sonstigen sicheren Drittstaat nach Deutschland einreist, nicht auf das Asylrecht berufen kann. Nach den Dublin-Regeln ist derjenige EU-Staat für ein Asylverfahren zuständig, in dem ein Flüchtling ankommt.

Merz betonte, diese Regel sei die erste, die wieder eingehalten werden müsse. "Und wenn sie nicht eingehalten werden kann, dann haben wir nach meiner Überzeugung das Recht, an den deutschen Außengrenzen zurückzuweisen. Und davon müssen wir Gebrauch machen. Wir kriegen sonst das Problem nicht unter Kontrolle."

Merz: Zu viele Syrer leben von Bürgergeld

Merz sagte, man wolle die internationalen Verpflichtungen erfüllen. "Aber wir wollen sie auch erfüllen können. Wir können sie im Augenblick nicht mehr erfüllen."

Merz betonte zugleich, von den eingereisten Menschen sei es nur eine "kleine Prozentzahl, die uns Probleme machen". Ein großer Teil der Migrantinnen und Migranten lebe völlig unauffällig in Deutschland und versuche, sich zu integrieren. Aber: Von den derzeit gut eine Million Syrern lebe mehr als die Hälfte im Bürgergeld. Dies zeige, dass die Integration nicht gut verlaufe. "Die meisten, die hier sind, machen uns keine Probleme, außer dass sie in Summe zu viele sind." Die Ausländerbehörden seien völlig überlastet, was zwangsläufig auch zu Fehlern führe.

Scholz soll Weg für Abstimmungen frei machen

Um in diesen Fragen gemeinsam mit Scholz zu einer Lösung zu kommen, schlug Merz drei Schritte vor: Zunächst brauche es jeweils einen Mittelsmann aus Union und Regierungskoalition. Die beiden müssten klären, welche Gesetzesänderungen gemeinsam machbar wären. Für die Union schlug Merz dafür Thorsten Frei vor, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Bereits jetzt gebe es einen "begrenzten Katalog" von Gesetzen, die man gemeinsam in der kommenden Sitzungswoche ändern könne. Dafür würde bereits ein halber Tag im Parlament ausreichen. Außerdem forderte Merz Scholz auf, von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen, um den Weg für Abstimmungen zum Thema Migration im Bundestag freizumachen.

Auch CDU sei nicht unschuldig an Zuständen

Seine Vorschläge seien keine Bitte um Aufnahme in eine Koalition. "Wir wollen keine Ämter, wir wollen Lösungen", so Merz. Er strebe eine stärkere Beschränkung der irregulären Migration möglichst vor dem Bundestagswahlkampf an. "Ich würde mir wirklich wünschen, dass wir in der Lage wären, das Problem so zu lösen, dass es nicht mehr einer der Hauptgegenstände der Auseinandersetzung der Bundestagswahl 2025 wird", sagte der Oppositionsführer im Bundestag.

Auch seine Partei sei nicht unschuldig an den aktuellen Zuständen. Seine Partei sei mitverantwortlich für das, was entstanden sei. Ein großer Teil der Probleme bestehe fort und werde größer. Deswegen empfinde er sich in der Verpflichtung, auch als CDU-Vorsitzender zu sagen: "Wir müssen einen Beitrag leisten, damit dieses Problem wirklich wieder kleiner wird."

Merz äußerte Sorge über die Verfassung der deutschen Demokratie. Den demokratischen Parteien gehe die "Basis des Vertrauens" verloren. Er habe Scholz aus dieser Sorge heraus auch gesagt, dass "80 Millionen Menschen von uns erwarten, dass wir die Probleme lösen".

Zustimmung von FDP

Als Reaktion auf den Messeranschlag zeigte sich die FDP offen für eine grundsätzliche Wende in der Migrations- und Asylpolitik in Zusammenarbeit mit der Union. "Die FDP steht zu überparteilichen Anstrengungen bereit, neuen Realismus in der Migration von Bund und Ländern konsequent durchzusetzen", sagte Parteichef Christian Lindner der Zeitung "Bild" einem Vorabbericht vom Dienstag zufolge. Die Vorschläge von CDU-Chef Friedrich Merz "decken sich stark mit denen der FDP", fügte Lindner hinzu.

Lindner betonte mit Blick auf den Kurs der damaligen Kanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise 2015, seine Partei habe bereits eine andere Migrationspolitik gefordert, "als die CDU noch auf Merkel-Kurs war". Der FDP-Chef sprach sich zudem dafür aus, bestimmten Asylbewerbern die Sozialleistungen zu streichen. "Wir schlagen zusätzlich vor, Dublin-Flüchtlingen wie dem Täter von Solingen keine Sozialleistungen mehr in Deutschland zu zahlen, damit diese in das zuständige EU-Land ausreisen", sagte er zu, "Bild".

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Kanzler will Grenzkontrollen weiterführen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will als Reaktion auf den Anschlag die bestehenden Kontrollen an den Grenzen zu mehreren Nachbarländern "so lange wie möglich" aufrechterhalten. Sie hätten sich als "sehr effizient" erwiesen, sagte Scholz in einem Interview für das ZDF-"heute journal". Deswegen wolle er "die Grenzkontrollen so lange wie möglich fortführen". "Wir müssen das immer im Rahmen des europäischen Rechts tun. Aber da kann ich Ihnen versichern, das wird uns schon gelingen."

Seit Mitte Oktober vergangenen Jahres gibt es Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz, bereits seit September 2015 an der deutsch-österreichischen Grenze. Sie sind aber nur punktuell. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundespolizei-Präsident Dieter Romann loben die Kontrollen als Erfolg und verweisen dabei unter anderem auf die Festnahme von Schleusern. Zudem würden Menschen auch an der Grenze zurückgewiesen. Die Zahl unerlaubter Einreisen ist zuletzt gesunken.

Scholz pocht auf Asylrecht

Scholz sagte in Reaktion auf Merz' Vorschläge, dass das individuelle Recht auf Asyl für ihn nicht zur Disposition stehe. "Das Individualrecht auf Asyl bleibt erhalten. Das steht in unserem Grundgesetz. Und das wird niemand mit meiner Unterstützung infrage stellen", sagte er.

Der Kanzler begrüßte erneut, dass bei der Union dazu die Bereitschaft besteht und räumte ein, dass trotz der bisher eingeleiteten Maßnahmen gegen irreguläre Migration noch Handlungsbedarf bestehe. "Da sind Erfolge, aber die reichen nicht", sagte er. "Man darf niemals sagen, wir haben alles für immer getan." Die Frage, wann die Ankündigung umgesetzt werde, wieder Straftäter aus Afghanistan und Syrien abzuschieben, beantwortete er nicht konkret. "Wir wollen das, und wir arbeiten auch hart daran", bekräftigte er aber.

Gegen die Vorstellungen von Merz stellen sich dagegen die Grünen. Der Ton der Debatte müsse sich "dringend ändern", sagte die erste parlamentarische Geschäftsführerin, Irene Mihalic, der "Bild"-Zeitung. Sonst spiele man "den extremistischen Feinden unseres Rechtsstaates" in die Hände. Die Grünen seien zwar bereit, über Vorschläge zu diskutieren, die "mit Verfassung, Grund- und Menschenrechten vereinbar sind." Allerdings warf Mihalic Merz vor, zu zündeln, "statt seiner Verantwortung gerecht zu werden."

Verwendete Quellen
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