US-Soldat Travis King Grenzübertritt nach Nordkorea könnte eine Flucht gewesen sein
Im Juli überschritt der US-Soldat die Grenze nach Nordkorea. Dort wurde er sofort in Gewahrsam genommen. Nun teilte Pjöngjang erste Ermittlungsergebnisse mit.
Der Fall wirft viele Fragen auf: Während einer Touristentour überschritt ein US-Amerikaner im Juli – offenbar wissentlich – die Grenze von Süd- nach Nordkorea. Dort wurde er festgenommen. Was hat den Soldaten dazu bewogen, ein solches Risiko einzugehen? Darauf will das nordkoreanische Regime nun Antworten haben.
Pjöngjang äußerte sich erstmals am Mittwoch zu dem Vorfall. Die staatliche Nachrichtenagentur Nordkoreas, KCNA, berichtete, dass die nordkoreanischen Ermittler zu dem Schluss gekommen seien, dass der US-Soldat absichtlich und illegal die Demarkationslinie überschritten habe. Darüber zumindest sind sich die USA und Nordkorea einig. Ein Sprecher der US-Streitkräfte hatte dies zuvor ebenfalls mitgeteilt.
Doch KCNA schrieb weiter: Der amerikanische Soldat habe die Grenze überschritten, weil er in Nordkorea oder einem Drittland Zuflucht suchen wollte. "Während der Ermittlungen gestand Travis King, dass er sich entschlossen habe, in die Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK) zu kommen, weil er schlechte Gefühle wegen unmenschlicher Behandlung und Rassendiskriminierung in der US-Armee hege." Die Ungleichheit in der amerikanischen Gesellschaft habe ihn desillusioniert.
Sorge um das Wohlergehen von Travis King
Ob die Angaben von KCNA stimmen und wie es King in Gewahrsam in Nordkorea wirklich geht, kann nicht unabhängig verifiziert werden. Die Sorge um das Wohlergehen des US-Soldaten wächst jedoch. Verhandlungen zwischen den nordkoreanischen Behörden und dem UN-Kommando auf der koreanischen Halbinsel sind offenbar noch nicht abgeschlossen.
Auch nach Angaben des US-Militärs handelt es sich bei dem Soldaten um den 23-jährigen Travis King. Er sei seit 2021 in der Armee. Über seine Motive äußerten sich die US-Behörden bislang nicht.
Allerdings stellte sich heraus, dass King vor dem Grenzübertritt am 18. Juli in Südkorea wegen Vorwürfen der Körperverletzung rund zwei Monate inhaftiert war. Er sollte eigentlich in die USA zurückfliegen, um sich einem Disziplinarverfahren zu stellen, konnte den Flughafen jedoch verlassen und nahm stattdessen an einer Besichtigung der entmilitarisierten Zone teil. (Hier lesen Sie mehr dazu.)
US-Student war 2016 festgenommen worden
Süd- und Nordkorea befinden sich bis heute formal im Kriegszustand, da nach dem Koreakrieg von 1950 bis 1953 kein Friedensvertrag geschlossen wurde. Seit Kriegsende trennt eine demilitarisierte Zone die beiden Staaten. Die an den Streifen grenzenden Gebiete werden streng bewacht.
Gleichzeitig ist die demilitarisierte Zone ein beliebtes Touristenziel. Jeden Tag besichtigen Hunderte Besucher das Gebiet auf der südkoreanischen Seite. Nordkorea hat seine Grenzen zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 abgeriegelt und bis heute nicht wieder geöffnet.
Seit dem Tod des US-Studenten Otto Warmbier, der im Jahr 2016 in Nordkorea festgenommen wurde, untersagt das US-Außenministerium Reisen nach Nordkorea. Dies begründet die Behörde mit "der weiterhin hohen Gefahr einer Festnahme und langfristigen Inhaftierung von US-Bürgern".
- bbc.com: Travis King: North Korea says US soldier blamed discrimination
- Mit Nachrichtenagentur Reuters