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Putsch in Niger: Dutzende deutsche Staatsbürger evakuiert


Militärputsch in Westafrika
Baerbock: Erste Deutsche aus Niger evakuiert

Von t-online, dpa, reuters, mam

Aktualisiert am 02.08.2023Lesedauer: 4 Min.
Außenministerin Annalena Baerbock bei einem Pressetermin (Archivbild): Stand Mittwochmittag wurden bislang mehr als 40 Deutsche aus Niger ausgeflogen.Vergrößern des Bildes
Außenministerin Annalena Baerbock bei einem Pressetermin (Archivbild): Stand Mittwochmittag wurden bislang mehr als 40 Deutsche aus Niger ausgeflogen. (Quelle: IMAGO/Kira Hofmann)
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Nach dem Putsch in Niger heizt sich die Situation weiter auf. Erste EU-Länder evakuieren ihre Staatsbürger. Auch Dutzende Deutsche wurden bereits ausgeflogen.

Nach dem Militärputsch in Niger spitzt sich die Sicherheitslage in der Krisenregion zu. Das Auswärtige Amt sprach am Dienstag eine Reisewarnung aus und riet Deutschen zur Ausreise aus dem westafrikanischen Land. Erste EU-Länder haben damit begonnen, ausländische Staatsbürger aus der Krisenregion zu evakuieren.

Obwohl die Bundesregierung keine eigenen Maschinen für eine Evakuierung stellt, wurden inzwischen auch mehr als 40 Deutsche aus dem Land ausgeflogen, bestätigte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Mittwochmittag.

Die deutschen Staatsbürger seien "gestern und heute mit Hilfe unserer französischen Freunde" ausgeflogen worden, erklärte sie. "Heute wird es noch weitere Flüge geben." Baerbock dankte ihrer französischen Kollegin Catherine Colonna nun für "diese unkomplizierte und pragmatische Zusammenarbeit in Krisenzeiten". Diese zeige, was Europa in der Außen- und Sicherheitspolitik leisten könne, "wenn wir zusammenarbeiten". "Mit ebendieser Geschlossenheit und Entschlossenheit unterstützen wir als Europäische Union auch die internationalen Bemühungen zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung in Niger", erklärte Baerbock weiter.

Erst am Mittwoch waren die Grenzen zu mehreren Nachbarländern wieder geöffnet worden. Das betreffe die Land- und Luftgrenzen zu Algerien, Burkina Faso, Mali, Libyen und Tschad, sagte der Sprecher der Junta, Oberst Amadou Abdramane, in einer Fernsehansprache.

Evakuierungsflieger landen in Frankreich und Italien

In der italienischen Hauptstadt Rom landete am Mittwoch ein Evakuierungsflugzeug des italienischen Militärs. An Bord befanden sich insgesamt 87 Personen, darunter 36 Italiener, 21 US-Bürger, vier Bulgaren, zwei Österreicher und je ein Bürger aus Großbritannien, Ungarn, Niger, Senegal und Nigeria sowie Militärpersonal.

Zuvor waren in Frankreich bereits in der Nacht zum Mittwoch zwei Evakuierungsmaschinen aus Niger gelandet. Das teilte der französische Generalstab am Mittwoch mit. Das erste Flugzeug hatte mehr als 260 Menschen an Bord, darunter zwölf Babys. Die meisten Fluggäste waren Franzosen. Zum zweiten Flieger gab es zunächst keine Details. Wie das Außenministerium bestätigte, waren unter den Evakuierten auch Deutsche.

Berichte über Gewalt an der französischen Botschaft

Frankreich hatte angeboten, auch Menschen aus anderen europäischen Ländern aus Niger zu evakuieren. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hatte es geheißen, man rate den rund 100 deutschen Staatsbürgern in Niger, das Angebot anzunehmen.

Die französische Regierung musste nach dem Putsch in Niger schnell handeln, denn anders als aus Deutschland oder Italien hatten sich mit etwa 500 bis 600 Französinnen und Franzosen sehr viele ihrer Bürger in Niger befunden. Zudem hatte es am Wochenende bei Pro-Putsch-Protesten Berichten zufolge Gewalt an der französischen Botschaft gegeben. Nigers neue Militärjunta warf Frankreich vor, eine militärische Intervention in dem Land zu planen. In dem Land sind neben Bundeswehrsoldaten auch französische Soldaten stationiert.

Offiziere der Präsidialgarde haben Präsident Bazoum entmachtet

Hintergrund der Evakuierungen ist ein Militärputsch in Niger. Am Mittwoch vergangener Woche hatten Offiziere der Präsidialgarde den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Präsidialgarde, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich am Freitag selbst zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf.

Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde und ein wichtiger Partner für den Westen. Hier lesen Sie mehr dazu.

Herausforderung für die Bundeswehr

Die Bundeswehr betreibt in Niamey einen Lufttransportstützpunkt, auf dem derzeit auch mehr als 100 deutsche Soldaten stationiert sind. Zudem hat dort das Personal der Deutschen Botschaft Zuflucht gefunden. Der Umsturz stellt die Bundeswehr nun vor große Herausforderungen, denn auch der laufende Abzug deutscher Blauhelme der UN-Mission Minusma aus dem benachbarten Mali läuft über das zentrale Drehkreuz in Niger. Mehr zur Bedeutung des Militärputsches in Niger für die Bundeswehr lesen Sie hier.

Wenn es einen Weg gebe, die Sicherheit der Soldaten zu garantieren, "dann werden wir auch versuchen, an einem Stützpunkt festzuhalten", sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) daher. Zugleich werde nach Alternativen gesucht, wie der Rückzug aus Mali über andere Flugstrecken organisiert werden könnte.

Schon jetzt sei absehbar, dass der Putsch den Abzug der Bundeswehr aus Mali viel schwieriger mache als geplant, sagte Sahel-Experte Ulf Laessing von der Konrad-Adenauer-Stiftung dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Es steht zu befürchten, dass die neuen Machthaber ähnlich wie in Mali separate Fluggenehmigungen
verlangen, die dann erst jeweils beantragt werden müssten." Alternativen zu Niger gebe es nicht. Der Landweg durch Mali oder Burkina Faso sei zu gefährlich.

Drohungen in Afrika

Gleichzeitig könnte der Konflikt in Niger weiter eskalieren. Die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas hatte den Putschisten am Sonntag ein Ultimatum gestellt. Sollte der festgesetzte Präsident Bazoum nicht binnen einer Woche wieder eingesetzt werden, werde Ecowas Maßnahmen ergreifen, die auch Gewalt umfassen könnten, hieß es.

Burkina Faso und Mali hingegen warnten Ecowas vor einem Eingreifen und drohten, jede militärische Intervention gegen Niger komme einer Kriegserklärung auch gegen ihre Länder gleich. Unklar ist jedoch, ob Ecowas die Drohung überhaupt wahr machen kann. Der als Wirtschaftsgemeinschaft gegründete Bund verfügt über keine gemeinsame militärische Eingreiftruppe.

"Es muss davon ausgegangen werden, dass dies vor allem zur Einschüchterung der nigrischen Putschisten zu sehen ist, an einer tatsächlichen Eskalation liegt der Ecowas nichts", sagte Christian Klatt, Leiter des Büros der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Mali. Mehr zu der Drohung Ecowas und wie auch Russland in dem Konflikt mitmischen könnte, lesen Sie hier.

Derweil bekräftige US-Außenminister Antony Blinken die Unterstützung seines Landes für Präsident Bazoum. In einem Telefonat mit Bazoum betonte er am Dienstag (Ortszeit), die USA lehnten Bestrebungen ab, die verfassungsmäßige Ordnung umzustürzen. Vielmehr würden eine demokratische Regierungsführung und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte unterstützt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
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