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Emmanuel Macron auf Vermittlungsmission in China: Das Irrlicht der EU


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Gedankenspiele zur Ukraine
Was soll das?

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 24.04.2023Lesedauer: 4 Min.
USA-FRANCE/MACRONVergrößern des Bildes
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seinem Staatsbesuch in China: Spielt er mit seinen Aussagen China in die Hände? (Quelle: GONZALO FUENTES)

Während die Ukraine die nächste Offensive plant, will Frankreichs Präsident Macron die Chinesen zu Vermittlern machen. Warum sollte Xi Jinping das wollen?

Je länger der Krieg in der Ukraine dauert, desto drängender stellt sich die Frage nach der Zukunft dieses geschundenen Landes. Während viele Menschen jedoch vor allem nachgrübeln, versucht einer, Fakten zu schaffen: Emmanuel Macron prescht furios vor, wie es seine Art ist.

Der Vorzug besteht darin, dass seine Urteile und Ideen immer blitzblank ausfallen. In seiner klirrenden Klarheit ist er dem auf Konsens bedachten Pragmatismus deutscher Provenienz haushoch überlegen. Entweder hat er sehr recht oder er liegt sehr falsch. "Hirntot" nannte er die Nato vor dem Einfall der russischen Armee in die Ukraine.

Egal, jedenfalls hat Putin das Verteidigungsbündnis wachgerüttelt. Nach seiner China-Reise riet Macron zuletzt ultimativ von einer europäischen Einmischung in künftige Konflikte zwischen China und Amerika ab. Na ja, an militärische Intervention in einem Krieg um Taiwan war hier ohnehin nicht gedacht, oder? Aber an moralischer und politischer Unterstützung käme Europa dann wohl kaum vorbei.

Der neue Mao als Friedensstifter

Auch Macrons neueste Initiative hat es in sich. Der französische Präsident drängt Xi Jinping zur Friedensvermittlung in der Ukraine. Aber warum sollte der neue Mao ihm diesen Gefallen tun? Der Krieg in der Ukraine hat den angenehmen Nebeneffekt, dass Russland noch stärker auf China angewiesen ist als zuvor. Und aus Xis Sicht liegt der Vorteil des Krieges darin, dass die USA in Europa gebunden sind. Worin sollte also Chinas Interesse an einem Frieden liegen, der womöglich eine Demütigung Putins mit sich brächte?

Macrons Vorschläge haben zwei Gemeinsamkeiten: Darin äußert sich der politische Primat, den französische Präsidenten in der Europäischen Union beanspruchen. Deutschland mag eine ökonomische Macht sein, aber politisch hält es sich seit jeher zurück, von Helmut Schmidt über Angela Merkel bis hin zu Olaf Scholz.

Ist das klug? Im Prinzip ja, in der Wirklichkeit immer weniger, zumal mit einem Irrlicht wie Emmanuel Macron im Pariser Élysée-Palast. Die zweite Gemeinsamkeit betrifft die Skepsis gegenüber Amerika, die in Frankreich stärker ausgeprägt ist als in Deutschland.

Bedingungsloser Optimismus – ein Verzweiflungsakt?

Man kann sich vorstellen, dass Wolodymyr Selenskyj wenig amüsiert über Frankreichs Sonderwege ist. Nicht nur aus seiner Perspektive ergreift Xi Partei für Russland und ist schon deshalb als Vermittler kompromittiert, wenn nicht sogar diskreditiert. Selenskyjs Mantra fällt nach wie vor maximalistisch aus:

Rückeroberung aller okkupierten Gebiete im Süden und Osten plus der Krim. Ob dieser Kompromisslosigkeit eigentlich noch ein Sinn für die Realität innewohnt oder nicht, ist eine andere Frage. Denn für die Motivation seiner Soldaten ist bedingungsloser Optimismus unbedingt nötig, vor allem für die eingekesselten Truppen in der Geisterstadt Bachmut.

Die neueste ukrainische Gegenoffensive gegen die jüngste gescheiterte russische Offensive steht bevor. Zudem werden ukrainische Soldaten in Amerika auf die M1-Abrams-Panzer eingeschworen, die früher als geplant ausgeliefert werden sollen. Lettland will außerdem sämtliche Stinger-Raketen, mit denen sich Flugzeuge und Hubschrauber abschießen lassen, dem ukrainischen Militär überlassen. Und zur Abwechslung bombardierte die russische Armee mal die eigene 400.000-Einwohner-Stadt Belgorod – und gestand den Irrtum sogar ein, was die eigentliche Sensation ist.

Der geeinte Westen – für wie lange?

Indes haben die G7-Außenminister aufs Neue den russischen Angriffskrieg scharf verurteilt und als krassen Verstoß gegen das Völkerrecht angeprangert. Man werde die Ukraine so lange wie nötig unterstützen, hieß es – auch seitens der französischen Außenministerin, die Zweifel an der Haltung ihres Landes zerstreuen wollte.

Worte und Taten halten sich im Westen momentan einigermaßen die Waage, immerhin. Zugleich schleicht sich Unbehagen ein, da ja im nächsten Jahr in Amerika ein Präsident gewählt wird, der vielleicht wieder Joe Biden heißt, auch wenn der in seiner zweiten Amtszeit ins Greisenalter hineinwachsen würde.

Schlimmer kann es immer kommen, egal ob der alte Donald Trump oder einer seiner jungen Klone ins Weiße Haus einzieht. Auch wegen dieser Unsicherheit sagen Geostrategen in vielen Ländern, dass dieses Jahr entscheidend für die Ukraine sein dürfte. Was 2023 nicht erreicht wird, lässt sich vielleicht gar nicht mehr erreichen. Mit den USA an der Seite lässt es sich leichter optimistisch sein als ohne.

Hürden für die Ukraine

Ginge es nach der Ukraine, wäre sie heute schon Mitgliedsstaat in der Nato und der Europäischen Union. Natürlich ist das Land de facto noch lange nicht reif für die EU, aber ein politisches Signal ginge selbstverständlich vom Einstieg in die Beitrittsverhandlungen aus. Solidarität dieser Art lässt sich der Ukraine nur schwerlich abschlagen.

Aber im Konkreten wird es schwierig: Die Ukraine ist ein im Frieden ertragreiches Agrarland, das billiges Getreide und andere Agrarprodukte auf den gemeinsamen EU-Markt werfen könnte. Von dieser Aussicht sind Polen, Ungarn und die Slowakei gar nicht begeistert. Schon jetzt haben sie teilweise Einfuhrverbote für ukrainisches Getreide verhängt, um ihre eigenen Bauern zu schützen.

Nicht viel anders steht es um die Nato. Ein Beitritt der Ukraine bedeutet eine Selbstverpflichtung der Nato auf militärische Hilfe im Falle eines Angriffskrieges wie im Februar 2022. Davor schreckt sie zurück, so ist das. Deshalb muss sich das westliche Bündnis gut überlegen, welche Garantien für die Souveränität des Landes unterhalb eines Blankoschecks so überzeugend ausfallen dürften, dass die Ukraine damit leben kann, ohne in Ressentiments gegenüber dem wankelmütigen Westen zu verfallen.

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