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Ukraine-Krieg: Polen versetzte Streitkräfte in erhöhte Bereitschaft


Nach Einschlag
Polen: Rakete stammt aus russischer Produktion

Von t-online, dpa, reuters, afp
Aktualisiert am 16.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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Nahe der ukrainischen Grenze: Videos sollen den Raketeneinschlag in Polen zeigen. (Quelle: t-online)
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Polen hat bestätigt, dass am Dienstagabend eine Rakete aus russischer Produktion in einem Ort nahe der ukrainischen Grenze eingeschlagen ist. Am heutigen Mittwoch gibt es eine Sondersitzung der Nato-Botschafter.

Die Explosion in einem polnischen Dorf im Grenzgebiet zur Ukraine ist nach Angaben der Regierung in Warschau von einer Rakete aus russischer Produktion ausgelöst worden. Der Einschlag in dem Dorf Przewodów habe sich am Dienstag um 15.40 Uhr ereignet, dabei seien zwei polnische Staatsbürger getötet worden, teilte das Außenministerium am frühen Mittwochmorgen mit.

Mit der Herkunft der Rakete ist allerdings noch nicht geklärt, welches Land sie eingesetzt hat. Sowohl die Ukraine als auch Russland verwenden Raketen sowjetischer Konstruktion. US-Präsident Joe Biden äußerte Zweifel, ob die Rakete aus Russland abgefeuert wurde. Er sprach über Hinweise, dass es sich um eine ukrainische Flugabwehrrakete vom Typ S-300 handeln könne.

Warschau habe den russischen Botschafter einbestellt, sagte der Sprecher des Außenministeriums weiter. Er betonte, dass am Dienstag ein massiver Beschuss des gesamten ukrainischen Territoriums und seiner kritischen Infrastruktur durch die russische Armee zu beobachten gewesen sei. Das Dorf Przewodów liegt etwa 60 Kilometer Luftlinie entfernt von der westukrainischen Stadt Lwiw, die auch Ziel russischer Angriffe war.

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Russland dementiert

Das russische Verteidigungsministerium dementierte umgehend. Die russische Armee habe keine Ziele in der Nähe der polnisch-ukrainischen Grenze angegriffen. "Die von den polnischen Medien nach dem Vorfall in Przewodów veröffentlichten Wrackteile haben nichts mit russischen Waffen zu tun", hieß es weiter.

Nach dem Vorfall versetzte Polen einen Teil seiner Streitkräfte in erhöhte Bereitschaft. Dies gelte auch für andere uniformierte Dienste, sagte ein Regierungssprecher am Dienstagabend in Warschau. Es gehe dabei um bestimmte militärische Kampfeinheiten sowie die Kampfbereitschaft von Einheiten der uniformierten Dienste, sagte er, ohne weitere Einzelheiten zu nennen.

Außerdem habe man gemeinsam mit den Nato-Verbündeten beschlossen, zu überprüfen, ob es Gründe gebe, die Verfahren nach Artikel 4 des Nato-Vertrags einzuleiten, sagte er. Artikel 4 sieht Beratungen der Nato-Staaten vor, wenn einer von ihnen die Unversehrtheit seines Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sieht.

Auf dem G20-Gipfel kamen US-Präsident Joe Biden und westliche Staats- und Regierungschef kurzfristig zusammen, um über die Situation zu sprechen.

Treffen von Nato-Botschaftern und Sicherheitskomitee

Der private polnische Radiosender Zet hatte am Dienstag zunächst berichtet, dass im Dorf Przewodów zwei verirrte russische Raketen eingeschlagen seien. Die Armee sei vor Ort. In Warschau war daraufhin am Abend das Nationale Sicherheitskomitee zusammengekommen. Regierungssprecher Piotr Müller schrieb auf Twitter: "Premierminister Morawiecki berief dringend den Ausschuss des Ministerrates für nationale Sicherheit und Verteidigungsangelegenheiten ein."

Am heutigen Mittwoch sollen die Nato-Botschafter zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. In der Nacht zum Mittwoch gab es mehrere Telefonate zwischen Staats- und Regierungschefs sowie deren Außenminister. US-Präsident Biden telefonierte mit seinem polnischen Amtskollegen Andrzej Duda und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sicherte Polen nach der tödlichen Explosion im Grenzgebiet zur Ukraine die Unterstützung Deutschlands zu.

Frage nach Herkunft offen

Handelt es sich tatsächlich um eine oder mehrere russische Raketen? Einige Experten sehen auch eine andere Möglichkeit, nämlich dass es sich um ukrainische Luftabwehr gehandelt haben könnte. Militärexperte Carlo Masala etwa geht davon aus, dass es sich um Trümmer zweier Flugabwehrraketen S-300 handle, die die Ukraine auf ihrem Territorium abgeschossen habe. Das schrieb er nach dem Vorfall auf Twitter. Diese Raketen wurden in der Sowjetunion entwickelt. Auch der Investigativjournalist Aric Toler schrieb, dass es sich um ukrainische Flugabwehr handeln könnte.

Die Ukraine sah indes die Schuld bei Russland: "Die Russische Föderation nimmt Leben, wo immer sie es erreichen kann. Heute Polen", twitterte Selenskyj. "Dieser russische Angriff auf die kollektive Sicherheit im euro-atlantischen Raum stellt eine erhebliche Eskalation dar."

Für eine Aufklärung, woher die Rakete stammt, dürften Daten von Radaren der Nato und der polnischen Armee sorgen. Eines der Systeme etwa befindet sich rund 65 Kilometer vom Ort der Explosion entfernt, es kann den Luftraum in einem Umkreis von 500 Kilometern beobachten. US-Präsident Joe Biden meinte mit Verweis auf Flugbahndaten, dass es unwahrscheinlich sei, dass die Rakete aus Russland abgefeuert wurde.

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Röttgen: "Besorgniserregende Nachrichten"

In der deutschen Politik zeigt man sich bestürzt über den Vorfall. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte t-online: "Das sind besorgniserregende Nachrichten aus Polen. Es muss schnellstens aufgeklärt werden, was genau passiert ist und wer Verantwortung trägt. Deutschland steht an der Seite Polens."

Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schrieb auf Twitter: "Nicht nur haben russische Raketen offenbar Polen und damit Nato-Gebiet getroffen, sondern auch zu Toten geführt." Sie forderte: "Der Kreml und seine Insassen müssen sich umgehend erklären." Mehr zu den Reaktionen aus der deutschen Politik lesen Sie hier.

Polen grenzt an die Ukraine und ist seit 1999 Mitglied des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, afp und Reuters
  • twitter.com: Profil von @PiotrMuller
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