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Beate Zschäpe: Neue Enthüllungen über NSU-Morde und Waffenlieferanten


Neue Details veröffentlicht
"Fast alles Schrott": Beate Zschäpe über NSU-Waffenarsenal

Von t-online
06.03.2025 - 22:10 UhrLesedauer: 3 Min.
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Beate Zschäpe: Sie sei kein "unterdrücktes Weibchen" gewesen, sagte sie zu Polizisten. (Quelle: Tobias Hase/dpa/Archivbild/dpa)
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Beate Zschäpe ist wegen ihrer Mittäterschaft an den NSU-Morden zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nun kommen neue Details über die Terrorgruppe ans Licht.

Beate Zschäpe hat in bislang nur auszugsweise bekannten Vernehmungen neue Details über die Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) preisgegeben. Laut einem Bericht des "Spiegel" schilderte sie unter anderem, dass ihre Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt regelmäßig zu Silvester ihre Waffen getestet hätten. Wegen des Feuerwerks sei das Schießen in dieser Zeit weniger aufgefallen. Die Tests hätten jedoch oft Frustration ausgelöst, da "fast alles Schrott" gewesen sei, so die wegen Mittäterschaft an den NSU-Morden zu lebenslanger Haft verurteilte Zschäpe.

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Das sei Zschäpes Aussagen nach auch der Grund für den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter im Jahr 2007 in Heilbronn gewesen sein. Zschäpe erklärte, dass die Tat dazu gedient habe, an zwei zuverlässige Polizeiwaffen zu gelangen. Entgegen den bisherigen Annahmen soll nicht Mundlos, sondern Böhnhardt Kiesewetter erschossen haben. Böhnhardt habe sich später damit gebrüstet, im Gegensatz zu Mundlos "ins Schwarze getroffen" zu haben.

Zschäpe über ihre eigene Rolle

Die Vernehmungen fanden im August und Oktober 2023 über insgesamt fünf Tage im Gefängnis in Chemnitz statt. Der "Spiegel" konnte die Protokolle der mehr als 340 Seiten umfassenden Befragungen rekonstruieren. Den Angaben zufolge schilderte Zschäpe, dass der NSU in den Anfangsjahren eine leerstehende Wohnung in Chemnitz genutzt habe, um sich nach Raubüberfällen vor der Polizei zu verstecken. Zudem sei sie einmal alleine mit dem Zug nach Berlin gereist, um erbeutetes Geld in unauffällige Scheine umzutauschen. Ein Teil des gewaschenen Geldes sei später an Unterstützer in der rechtsextremen Szene weitergeleitet worden.

Zschäpe äußerte in den Vernehmungen auch eine gewisse Einsicht. Sie gab an, Mitschuld an den Morden zu tragen, auch wenn sie selbst niemanden getötet habe. Sie sei kein "unterdrücktes Weibchen" gewesen, sondern habe sich bewusst für das Leben im Untergrund entschieden. Nach dem ersten Mord im Jahr 2000 hätte sie zur Polizei gehen müssen, sagte sie laut Protokoll, dann "hätten viele Morde verhindert werden können".

Der NSU ermordete zwischen 2000 und 2007 neun Männer mit türkischem und griechischem Migrationshintergrund sowie die Polizistin Michèle Kiesewetter. Zudem verletzte die Gruppe zahlreiche Menschen bei Sprengstoffanschlägen, darunter 23 Personen beim Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße 2004.

Zschäpe nennt angeblichen Sprengstoff-Lieferanten

In den Vernehmungen hat Zschäpe zudem einen ehemaligen Neonazi und V-Mann als mutmaßlichen Lieferanten von Schwarzpulver für den NSU benannt. Laut "Spiegel" beschuldigte sie Thomas S., ein früheres Mitglied des rechtsextremen Netzwerks "Blood and Honour", der Terrorgruppe Sprengstoff beschafft zu haben. Damit sollen mehrere Anschläge verübt worden sein, darunter der Bombenanschlag in der Kölner Keupstraße 2004 sowie Sprengstoffattentate in Nürnberg (1999) und Köln (2001).

Zschäpe erklärte, dass sie bei der Übergabe nicht dabei gewesen sei, ihre Komplizen Böhnhardt und Mundlos ihr aber erzählt hätten, dass das Schwarzpulver von Thomas S. stamme. Der Mann war von 2000 bis 2011 als V-Mann für das Berliner Landeskriminalamt tätig und hat mittlerweile einen neuen Nachnamen angenommen. Laut Zschäpe habe der NSU das Schwarzpulver über Jahre hinweg aufbewahrt – zunächst in Tupperdosen im Keller, später in einem Glaskolben in der Vorratskammer. Sie gehe davon aus, dass es für sämtliche Anschläge der Gruppe verwendet wurde.

Bereits 1998 hatten Ermittler über ein Kilogramm TNT in Zschäpes Garage in Jena sichergestellt. Thomas S. hatte später zugegeben, das Material besorgt zu haben, betonte jedoch, nichts von geplanten Anschlägen gewusst zu haben. Die Bundesanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Terrorunterstützung bereits vor drei Jahren ein. Auch Zschäpes aktuelle Aussagen reichen den Strafverfolgern offenbar nicht für eine Wiederaufnahme der Ermittlungen. Damit eine Verurteilung wegen Beihilfe zum versuchten Mord erfolgen könnte, müsste S. nachgewiesen werden, dass er nicht nur den Sprengstoff lieferte, sondern auch von den Anschlagsplänen wusste. Andere mögliche Straftaten wären inzwischen verjährt.

Verwendete Quellen
  • Vorab des "Spiegel"
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