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Vorstoß von Macron: Lagern bald französische Atombomben in Deutschland?


Atomwaffen für Europa
Jetzt will Frankreich einspringen


Aktualisiert am 06.03.2025 - 15:36 UhrLesedauer: 4 Min.
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Französischer Kampfjet: Das Flugzeug trägt Marschflugkörper, die auch mit Atomsprengköpfen bestückt werden können. (Archivfoto)
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Der französische Präsident Emmanuel Macron ist offen für die Ausweitung seines Atomwaffenschutzes auf Europa. Doch kann das in der Praxis funktionieren?

Gänzlich neu sind die Worte von Emmanuel Macron nicht. Allerdings erhielten sie durch die jüngsten Ereignisse eine neue Dringlichkeit: Frankreichs nukleare Abschreckung habe seit 1964 ausdrücklich immer eine Rolle bei der Wahrung des Friedens und der Sicherheit in Europa gespielt, sagte Macron am Mittwochabend in einer Fernsehansprache. "Aber als Antwort auf den historischen Aufruf des zukünftigen deutschen Kanzlers habe ich beschlossen, die strategische Debatte über den Schutz unserer Verbündeten auf dem europäischen Kontinent durch unsere Abschreckung zu eröffnen."

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Video | "Würde gerne glauben, dass die USA an unserer Seite bleiben"
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Quelle: t-online

Nachdem die USA unter Präsident Donald Trump bereits mehrfach die Beistandsverpflichtung der Nato infrage gestellt haben, zeigt sich Frankreich also offen, auch als Atommacht für den Schutz Europas eine größere Rolle zu spielen. Die Idee: Auch Deutschland könnte unter den französischen Atomschirm schlüpfen. Doch wäre Frankreich in der Lage, die atomare Abschreckung der USA in Europa zu kompensieren? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was genau hat Macron gefordert?

Macron nahm in seiner Rede Bezug auf CDU-Chef Friedrich Merz, der aktuell mit der SPD Sondierungsgespräche über eine Koalition für die kommende Bundesregierung führt. Merz hatte zuvor infrage gestellt, ob die Nato bis Juni in ihrer jetzigen Form bestehen bleiben wird. Zudem hatte sich Merz für Gespräche mit Frankreich und Großbritannien über eine Ausweitung ihres nuklearen Schutzes ausgesprochen. An diese Aussagen knüpfte Macron nun an.

Wie konkret Frankreich andere europäische Staaten an seinem eigenen nuklearen Arsenal beteiligen könnte, beantwortete Macron nicht. Er betonte allerdings, dass über den Einsatz der Waffen weiterhin nur der französische Präsident entscheiden darf. "Was auch immer geschieht, die Entscheidung lag und liegt immer in den Händen des Präsidenten der Republik, des Oberbefehlshabers der Streitkräfte", sagte Macron.

Neu sind die Vorschläge des französischen Präsidenten nicht. Macron hatte etwa Anfang des vergangenen Jahres schon davon gesprochen, dass er andere EU-Staaten bei einem Angriff auch mit französischen Nuklearwaffen verteidigen würde. Damals griffen andere Staaten wie etwa Deutschland zumindest öffentlich den Vorschlag nicht auf.

Was muss man über die französischen Nuklearwaffen wissen?

Frankreich ist nach dem EU-Austritt Großbritanniens das einzige Land in der Europäischen Union, das über Atomwaffen verfügt. Schätzungen gehen davon aus, dass das Land aktuell über 290 Atomsprengköpfe verfügt. Die Bomben können dabei sowohl aus der Luft durch Kampfflugzeuge als auch durch U-Boote abgefeuert werden.

Das französische Arsenal ist bisher vor allem darauf ausgelegt, eigenständig und ohne Hilfe anderer Staaten funktionsfähig zu sein. Alle notwendigen Komponenten für die Waffen – wie etwa die Flugzeuge oder U-Boote als Trägersysteme – wurden von französischen Unternehmen gebaut, sodass das Land im Ernstfall nicht von ausländischer Technik abhängig ist.

Wie unterscheidet sich das französische Arsenal von den anderen Ländern?

Grundsätzlich zählt Frankreich weltweit zu den eher kleineren Atommächten. Das Land verfügt zwar über mehr Sprengköpfe als etwa Pakistan, Indien oder Israel. Allerdings reichen die Bestände nicht im Entferntesten an die der Großmächte USA und Russland heran.

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Vergleichbar ist das französische Arsenal von der Größenordnung her mit dem von Großbritannien: Im britischen Militär kann allerdings nur die Marine Atomwaffen über U-Boote abfeuern. Im Gegensatz dazu besitzt die französische Luftwaffe dagegen auch die Möglichkeit, die Bomben mit Kampfjets zu tragen.

Das britische System ist zudem eng mit dem der USA verflochten, und das spielt auch eine wichtige Rolle für die Nato. Die Trident-Raketen, die etwa die britischen U-Boote nutzen, werden in den USA gefertigt. Das französische Arsenal spielt auch in den Planungen der Nato eine untergeordnete Rolle: An der Nuklearen Planungsgruppe, in der das Bündnis seine Nuklearstrategie berät, beteiligt sich Frankreich nicht.

Gleichzeitig verfügt Frankreich im Gegensatz zu den "großen" Atommächten Russland und den USA auch über keine taktischen Atomwaffen. Diese lassen sich im Gegensatz zu strategischen Atomwaffen deutlich flexibler einsetzen, etwa in unmittelbarer Nähe von Gefechten, indem sie über Raketen, Marschflugkörpern oder Artilleriegeschossen abgefeuert werden. Die französischen und britischen Waffen sind dagegen für Angriffe aus großer Entfernung gedacht und dienen dementsprechend mehr zur Abschreckung als für den konkreten Einsatz in einem Gefecht.

Welche Atomwaffen lagern in Deutschland?

Im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe lagern in Deutschland Atombomben der USA. Sie sollen sich in dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz befinden. Die Teilhabe sieht vor, dass in Europa stationierte Atomwaffen der USA im Ernstfall auch von Flugzeugen der Partnerstaaten abgeworfen werden und dann etwa gegnerische Streitkräfte ausschalten. Die Bundeswehr beteiligte sich zuletzt unter anderem mit Tornado-Jets an den "Steadfast Noon"-Übungen.

Sind die Ideen von Macron umsetzbar?

Aktuell sind die Vorstellungen des französischen Präsidenten noch vage. Es ist etwa unklar, ob Frankreich sich vorstellen kann, eigene Atomwaffen in anderen Ländern zu stationieren, so wie das aktuell bei den USA der Fall ist. Die USA lagern in Europa nicht nur in Deutschland Nuklearwaffen, sondern auch in Belgien, Italien, den Niederlanden und der Türkei.

Sollte Macron einen ähnlichen Plan verfolgen, würde das in jedem Fall einen Bruch der bisherigen, autarken Nuklearstrategie des Landes bedeuten. Zusätzlich würde eine Stationierung in anderen Ländern auch die Frage aufwerfen, ob und wie sich die Partnerstaaten finanziell beteiligen könnten. Frankreich könnte dadurch im Idealfall auch Kosten sparen.

Macrons Ideen könnten auch innenpolitisch nicht lange Bestand haben. Spätestens 2027 wird in Frankreich ein neuer Präsident gewählt. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen lehnt etwa jede Form einer möglichen "Europäisierung" ab. Sollte Le Pen die Wahl gewinnen, könnte das gesamte Konzept kurzerhand wieder gestoppt werden.

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