Europäische Politische Gemeinschaft Macrons politische Front gegen Putin
Liz Truss, Emmanuel Macron, Olaf Scholz: Die Regierungsspitzen Europas kommen zusammen. Doch worum geht es bei dem Gipfel und dieser Kooperation?
Bis zu 44 europäische Staats- und Regierungschefs werden am Donnerstag in Prag zum Gründungsgipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft erwartet. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reist an. Der Gipfel im XXL-Format soll ein Zeichen der Geschlossenheit an den russischen Präsidenten Wladimir Putin senden.
Wer kommt zu dem Gipfel?
Eingeladen sind die Staats- und Regierungschefs von 44 Ländern: Neben den 27 EU-Ländern sind dies unter anderem die Beitrittskandidaten Ukraine und Moldau, dazu kommt Georgien. Für die Ukraine wird Regierungschef Denys Schmyhal in Prag erwartet, Präsident Wolodymyr Selenskyj soll dazugeschaltet werden.
Auch die britische Premierministerin Liz Truss hat ihr Kommen zugesagt. Erwartet werden zudem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sowie die Spitzen der sechs Westbalkanstaaten.
Auch die verfeindeten Kaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan nehmen teil, ebenso wie die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel kommen ebenfalls nach Prag.
Was ist das Ziel des Gipfels?
"Angesichts der dramatischen Konsequenzen von Russlands Krieg für die europäischen Länder auf vielen Gebieten gründen wir die Europäische Politische Gemeinschaft mit dem Ziel, Länder auf dem europäischen Kontinent zusammenzubringen und eine Plattform für politische Koordinierung zu bieten", heißt es in dem Einladungsschreiben von EU-Ratspräsident Michel. Europa lässt sich nicht spalten – diese Botschaft soll von dem Gipfel ausgehen.
Wer hatte die Idee?
Das neue Forum geht auf Emmanuel Macron zurück. Frankreichs Präsident hatte Anfang Mai bei einer Rede in Straßburg gesagt, es gehe angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine um "einen neuen Raum für politische Zusammenarbeit, Sicherheit und Kooperation". Der "European Political Community" (EPC) sollten alle demokratischen Länder angehören, "die sich zu unserem Wertefundament bekennen", betonte Macron.
Wieso findet der Gipfel in Prag statt?
Offizieller Gastgeber ist das EU-Land Tschechien, das bis Ende des Jahres den Vorsitz im Ministerrat innehat. Regierungschef Petr Fiala hat einen Doppel-Gipfel organisiert: Nach dem Gründungstreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft am Donnerstag folgt am Freitag ein informeller Gipfel der 27 EU-Länder. Dabei geht es um die Frage, wie die Ukraine weiter militärisch und politisch unterstützt werden kann. Auch über die Energiekrise und die aktuellen Rezessionsängste werden die Staats- und Regierungschefs der EU sprechen.
Wie läuft der EPC-Gipfel ab?
Der Gipfel beginnt am Donnerstag um 14.00 Uhr im Prager Schloss mit einer Plenumssitzung. Danach folgen Arbeitsrunden zu den Themen Sicherheit, Energie und Klimaschutz. Anschließend ist Zeit für bilaterale Begegnungen. Der Gipfel endet mit einem Abendessen von 19.30 Uhr bis 21.30 Uhr. Eine Abschlusserklärung der 44 Länder ist nicht geplant.
Welche Kritik gibt es an dem Forum?
In Brüssel sind nicht alle überzeugt vom Mehrwert der Europäischen Politischen Gemeinschaft. Einige Kritiker unterstellen Macron, er wolle EU-Anwärter wie die Ukraine vertrösten, deren Beitritt Jahrzehnte in Anspruch nehmen könnte.
Risiken liegen zudem in den Konflikten zwischen einigen der beteiligten Länder: Als heikel gilt das Zusammentreffen des türkischen Präsidenten Erdoğan mit Griechen und Zyprioten nach militärischen Drohgebärden im Mittelmeerraum.
Auch für Schweden und Finnen ist das Treffen mit dem türkischen Präsidenten delikat: Sie sind wegen ihres angestrebten Nato-Beitritts auf die Gunst des Nato-Mitgliedslandes Türkei angewiesen.
Ist der Gipfel eine einmalige Veranstaltung?
Nein, die Staats- und Regierungschefs der 44 Länder sollen sich "ein- oder zweimal im Jahr" treffen, wie ein EU-Beamter erklärte. Diplomaten zufolge hat sich die britische Premierministerin Truss bereit erklärt, den nächsten Gipfel auszurichten.
- Nachrichtenagentur AFP