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Litauen stoppt Bahntransit nach Kaliningrad: Droht ein neuer Konflikt mit Russland?


Litauen schränkt Güterverkehr ein
Droht wegen Kaliningrad ein neuer Konflikt mit Russland?

Von t-online, dpa, wan

Aktualisiert am 19.06.2022Lesedauer: 3 Min.
Zollbeamte untersuchen Container in Baltisyk (Archivbild): Litauen will offenbar die Landgrenze zur Exklave für sanktionierte Güter schließen.Vergrößern des Bildes
Zollbeamte untersuchen Container in Baltisyk (Archivbild): Litauen will offenbar die Landgrenze zur Exklave für sanktionierte Güter schließen. (Quelle: imago-images-bilder)

Litauen hat die Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad für sanktionierte Güter geschlossen. Dort befindet sich auch die baltische Flotte. Das könnte Konsequenzen mit sich bringen.

An einer kleinen, aber wichtigen russischen Exklave könnten sich die Spannungen zwischen Moskau und der Nato bald verstärken. Litauen hat seit Samstag den Bahntransit von Waren über sein Territorium nach Kaliningrad verboten, die auf westlichen Sanktionslisten stehen. Laut dem Chef der Gebietsverwaltung in Kaliningrad, Anton Alichanow, betrifft dies 40 bis 50 Prozent aller Transitgüter, wie Baumaterialien und Metalle.

Die Exklave liegt zwischen Polen und Litauen und ist sonst nur über die Ostsee erreichbar. Die Oblast Kaliningrad ist nicht nur wegen ihrer Lage besonders. Hier ist auch die baltische Flotte beheimatet, einer der vier russischen Marineverbände. Seit 2016 sollen auch atomwaffenfähige Raketen dort stationiert sein – auch wenn Russland damals nur von einer Übung sprach.

Deutliche Kritik aus Moskau

Der russische Politikwissenschaftler Mark Sleboda sieht in der Maßnahme eine gefährliche Entwicklung. "Dem Dritten Weltkrieg heute einen Eskalationsschritt näher. Indem der Westen Kaliningrad de facto belagert, treibt er Russland dazu, ins Baltikum zu rollen", schrieb er auf Twitter.

Konstantin Kossatschow, stellvertretender Sprecher des russischen Föderationsrats, sprach nach Angaben der Agentur Ria von einer Verletzung mehrerer internationaler Verträge durch die EU. Er bezog sich unter anderem auf ein Abkommen zwischen der EU und Russland aus dem Jahr 1994, in dem Handelsfreiheit gewährleistet wird.

Er sehe auch Verletzungen von WTO-Abkommen. "Mit dieser Geschwindigkeit wird der Westen vielleicht sogar die UN-Seekonvention von 1982 verletzen, die Verkehrsfreiheit auf hoher See garantiert", wird der Sprecher zitiert.

Russischer Gouverneur: "Schwerwiegende Verletzung"

In einem Video hatte nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters der Gouverneur von Kaliningrad, Anton Alichanow, erklärt, dass durch die Blockade etwa die Hälfte aller Güter betroffen sei, die in die Oblast importiert werden. Zur Sanktionsliste der EU zählen unter anderem Kohle, Baumaterial und Hochtechnologie. "Wir betrachten dies als eine äußerst schwerwiegende Verletzung... des Rechts auf freien Transit in das und aus dem Kaliningrader Gebiet", sagte er.

Am Samstag habe laut Reuters die litauische Bahn eine Nachricht an ihre Kunden geschickt, in der auf die Durchsetzung der Sanktionen hingewiesen wird. Der Sender "Al Jazeera" berichtet, dass man im litauischen Außenministerium noch auf nähere Erläuterungen der EU warte, wie die Sanktionen gegenüber Kaliningrad umgesetzt werden sollen.

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In der russischen Exklave gab sich der Gouverneur zunächst noch gelassen. "Unsere Fähren werden die Lieferungen erledigen", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Derzeit seien zwei Schiffe zwischen Kaliningrad und St. Petersburg unterwegs, bis Ende des Jahres könnten es sieben werden. Gleichzeitig rief er die Bürger auf, Panikkäufe zu unterlassen. Über eine Pipeline aus Litauen kommt auch Gas in die Exklave. Unklar ist derzeit, ob diese auch von Sanktionen betroffen ist.

Spannungen seit 2016

Das frühere Königsberg gehörte lange zu Preußen, bevor es nach dem Zweiten Weltkrieg Teil der Sowjetunion wurde. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde es zur russischen Exklave. Der Name wurde in Kaliningrad geändert. Immer wieder gab es Gerüchte, dass Deutschland Ansprüche habe – diese wurden aber regelmäßig von der Bundesregierung zurückgewiesen. Etwaige Forderungen kommen meist aus rechtsextremen Kreisen.

Nach den russischen Manövern 2016 und der Stationierung von Raketen hatte es Spannungen zwischen der Nato und Moskau gegeben. Polen sprach damals von einer "alarmierenden Situation." Das sorgte auch für eine massive Einschränkung des Grenzverkehrs zwischen Polen und Kaliningrad.

In den Talkshows des russischen Staatsfernsehens werden seit Wochen Forderungen laut, einen "Korridor" von Kernrussland nach Kaliningrad zu erobern. Das würde einen russischen Angriff auf die Nato-Staaten Lettland und Litauen bedeuten. Vor rund zwei Wochen gab es auch Forderungen aus der Duma, dem russischen Parlament, über eine Rücknahme der Unabhängigkeit Litauens nachzudenken, die von Moskau anerkannt worden war.

Verwendete Quellen
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