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Ukraine-Talk bei Markus Lanz: Der spezielle "Sound" der Sahra Wagenknecht


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"Sahra gegen den Rest der Welt"
Lanz moniert speziellen "Sound" von Sahra Wagenknecht

Von Peter Luley

Aktualisiert am 20.05.2022Lesedauer: 4 Min.
Sahra Wagenknecht bei Markus Lanz (Archivbild): Die Politikerin sieht einen Teil der Schuld am Ukraine-Krieg bei den USA.Vergrößern des Bildes
Sahra Wagenknecht bei Markus Lanz (Archivbild): Die Politikerin sieht einen Teil der Schuld am Ukraine-Krieg bei den USA. (Quelle: teutopress/imago-images-bilder)

Der Ukraine-Krieg sei nur eine "Kurzschlusshandlung Putins"? Markus Lanz hatte die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht als Provokateurin eingeladen – und wirkte dann selbst geschockt.

Moderator Markus Lanz wusste natürlich, wen er sich da eingeladen hatte. Eine "sehr intensive Sendung" versprach er schon bei der Vorstellung der Gäste, denn darunter war ja Sahra Wagenknecht. Einen "erfrischend einseitigen Blick" auf den Ukraine-Krieg attestierte der Moderator der Linken-Politikerin und formulierte gleichwohl die Frage, ob "wir vielleicht tatsächlich die eine oder andere Perspektive verändern müssen, um dieses Blutvergießen endlich zu beenden".

Sicher nicht in Richtung des Standpunkts von Frau Wagenknecht, ließ sich die Haltung der übrigen Diskutanten in der Folge zusammenfassen – aber die spielte ihre Lieblingsrolle "Sahra gegen den Rest der Welt" einmal mehr mit Bravour.

Die Gäste

  • Johannes Vogel, stellvertretender FDP-Vorsitzender
  • Sahra Wagenknecht, Politikerin (Die Linke)
  • Daniela Schwarzer, Politologin
  • Paul Ronzheimer, stellvertretender "Bild"-Chefredakteur

In Wahrheit handle es sich bei dem Ukraine-Krieg doch um "einen geopolitischen Konflikt zwischen Russland und den USA", führte sie aus. Russland wolle eben nicht hinnehmen, "dass auch die Ukraine Teil der amerikanischen Einflusszone ist". Die Amerikaner hätten die Ukraine "Schritt für Schritt immer mehr in die militärischen Strukturen der Nato integriert". Und es sei ja "durchaus nachvollziehbar", dass Russland keine westlichen Raketenbasen in der Ukraine wolle, "wo dann Raketen Moskau in fünf Minuten erreichen können".

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Außerdem wünschte sie sich, "alle, die jetzt diesen Krieg so wortreich verurteilen, hätten mit gleicher Intensität und mit gleicher Moralität auch den Irak-Krieg, den Afghanistan-Krieg, den Libyen-Krieg, all die Kriege mitverurteilt, die früher geführt wurden und wo vor allem die USA und ihre Verbündeten die Kriegführenden waren". Entscheidend sei nun jedoch, "dass dieser Krieg schnellstmöglich beendet wird".

Wagenknecht schweigt bei Frage nach Rückzug aus dem Donbass

"Putin kann diesen Krieg sofort beenden", warf da der "Bild"-Reporter Paul Ronzheimer ein, nachdem zuvor Johannes Vogel in Erinnerung gerufen hatte, dass die Ukraine 1994 gegen Sicherheitsgarantien freiwillig ihre Atomwaffen abgegeben hatte. "Fatal" nannte der FDP-Vize Wagenknechts Standpunkt. Markus Lanz wollte von Wagenknecht nun wissen, ob es aus ihrer Sicht gut wäre, wenn sich die Russen "von der Krim und aus dem Donbass zurückziehen". Dazu konnte er ihr jedoch trotz mehrfacher Intervention ("Meine Frage kann man mit Ja oder Nein beantworten …", "Haben Sie keine Haltung dazu?") keine Antwort entlocken, außer dass sie es für nicht realistisch halte.

Dafür meldete sich die Politologin und Europa-Expertin Daniela Schwarzer zu Wort, die während Wagenknechts Ausführungen so schwer geatmet hatte, dass Markus Lanz ihr eine Sauerstoffmaske anbot. Selbstverständlich wäre es das Richtige, zu dem Zustand vor der russischen Annexion der Krim und vor dem Angriff im Osten der Ukraine zurückzugehen – "was heute politisch realistisch ist, das müssen wir zunächst mal Kiew fragen". Schließlich sei die Ukraine "ein souveräner Staat und als solchen müssen wir ihn auch behandeln".

FDP-Vize Vogel fassungslos

Nachdem Paul Ronzheimer geschildert hatte, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ihm gegenüber durchaus Verhandlungsbereitschaft bekundet habe, brachte Sahra Wagenknecht ein neues Narrativ in die Runde ein: Es sei ja im März in Istanbul verhandelt worden, man habe schon kurz vor einem Waffenstillstand gestanden, dann aber seien die Gräuel von Butscha als Grund genommen worden, die Verhandlungen abzubrechen. Dabei hätte man doch danach "erst recht" verhandeln müssen.

Dieses Statement lasse ihn "fassungslos zurück", bekundete FDP-Vize Vogel, die Vorstellung, "der Ukraine zu sagen, sie solle jetzt mal verhandeln, während ihre Bevölkerung massakriert, vergewaltigt und hingerichtet wird, die halte ich für abstrus". Ziel müsse es sein, die Ukraine militärisch in die Lage zu versetzen, "dass sie ernsthaft verhandeln kann und nicht zu Putins Bedingungen".

Wagenknecht: Nato hat Kriegsziele verändert

Dem pflichtete Politologin Schwarzer bei: "Voraussetzung für jede Friedensverhandlung ist zunächst einmal die Einstellung von Kampfhandlungen." Sie widersprach auch der These, die USA hätten ein Interesse daran, dass der Krieg möglichst lange weitergehe – vielmehr müsse sich die Biden-Administration innenpolitisch für die enormen Ausgaben rechtfertigen.

Davon unbeeindruckt erklärte Sahra Wagenknecht, die Nato habe zwischenzeitlich "die Kriegsziele verändert", es gehe den USA darum, "Russland maximal zu schwächen". Da allerdings hatte Markus Lanz das entsprechende Zitat des US-Verteidigungsministers Lloyd Austin in Gänze parat und trug es vor: "Wir möchten Russland so weit geschwächt sehen, dass es die Dinge, die es beim Einmarsch in die Ukraine getan hat, nicht mehr tun kann." Das sei "etwas grundsätzlich anderes".

Lanz moniert das "Geraune" von Sahra Wagenknecht

Ohnehin schien der Moderator mit zunehmender Diskussionsdauer selbst Schwierigkeiten mit seinem zu Provokationszwecken eingeladenen Gast zu bekommen. So monierte er "diesen Sound", "dieses Geraune", wonach es "am Ende immer die Amerikaner" gewesen seien.

Wagenknecht aber blieb ihrer Rolle treu: Nachdem Lanz sie mit ihrer Fehleinschätzung aus einer "Anne Will"-Sendung vom Februar konfrontiert hatte, wonach die Russen gar kein Interesse an einer Invasion hätten, äußerte sie die Vermutung: "Vielleicht hat Putin eine Kurzschlussreaktion gemacht." Dass es eher keine Kurzschlussreaktion sei, "wenn ich 120.000 Soldaten an der ukrainischen Ostgrenze aufmarschieren lasse", merkte Daniela Schwarzer an.

Schließlich kam die Rede noch auf den geplanten Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens, den Wagenknecht als "völlig unnütze weitere Eskalation des Konflikts" einstufte. Sie bezeichnete die Nato als "Instrument amerikanischer Interessen" und stellte infrage, ob es überhaupt eine freie Bündniswahl gebe.

Als sie von Finnland auf die südpazifische Inselgruppe der Salomonen überleitete, denen die USA nun wegen eines Sicherheitsabkommens mit China drohten, hatte Markus Lanz genug: Das sei "Whataboutism vom Allerfeinsten", stellte er fest. Paul Ronzheimer wiederum wollte noch einmal seine Gefühlslage bei den Wagenknecht-Ausführungen zusammenfassen: "Alles bäumt sich in mir auf."

Verwendete Quellen
  • Markus Lanz vom 19. Mai 2022
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