CDU-Vorsitzender BKA soll Merz "ausdrücklich" von Kiew-Reise abgeraten haben
In der Nacht zu Dienstag will Friedrich Merz offenbar in die Ukraine reisen. Das Bundeskriminalamt soll ihn davor gewarnt und mangelnde Vorbereitung beklagt haben – Merz widerspricht.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat am Montag auf Twitter seine Reisepläne in die Ukraine bestätigt, ohne einen Termin dafür zu nennen. Merz schrieb, das Bundeskriminalamt (BKA) sei "von meinem Büro über eine mögliche Reise nach Kiew informiert worden". Zuvor hatte der "Tagesspiegel" berichtet, dass die Abreise für die Nacht zum Dienstag geplant sei und dass das BKA Merz davon abgeraten habe.
Embed
Einen Zeitpunkt, wann sein Büro das BKA informiert habe, nannte Merz in seinem Beitrag nicht. Die Zeitung hatte am Sonntag berichtet, dass der CDU-Chef die Sicherheitsbehörden erst am Freitag über die Reise informiert habe. Daraufhin sei er vom BKA gebeten worden, die Abfahrt zu verschieben. Für eine solche Reise in das Kriegsgebiet brauche es etwas mehr Vorlauf, soll das BKA betont haben.
Dem Bericht zufolge soll der CDU-Chef zudem Personenschutz durch das BKA abgelehnt haben. In seinem Twitter-Beitrag kommentierte Merz: "Eine Begleitung durch das #BKA habe ich nicht angefordert und ist vom BKA auch nicht angeboten worden." Zuletzt hatte es während des Besuchs von UN-Generalsekretär António Guterres Raketenangriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kiew gegeben.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Aufbruch erst nach Parteiterminen geplant
Der "Tagesspiegel" hatte berichtet, die Reise solle in der Nacht zum Dienstag stattfinden. Da zum Beispiel die Zugfahrt von Polen aus in der Regel 13 Stunden dauert, wäre der CDU-Chef frühestens am Dienstagmorgen in der ukrainischen Hauptstadt. In Kiew solle es womöglich ein Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj geben.
Nach Parteiangaben will Merz alle seine für Montag geplanten Parteitermine wahrnehmen. Am Nachmittag ist zunächst eine gemeinsame Präsidiumssitzung von CDU und CSU in Köln mit Merz und Markus Söder geplant, danach um 16 Uhr eine Pressekonferenz der beiden Parteivorsitzenden sowie von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst. Für 18 Uhr ist ein Wahlkampfauftritt von Merz und Söder im nordrhein-westfälischen Olpe vorgesehen.
Die Reisepläne waren nach "Tagesspiegel"-Informationen auch dem Kanzleramt bekannt. Merz sei außenpolitische Beratung angeboten worden, die er bislang abgelehnt haben soll.
Lindner verweist auf Ausladung des Bundespräsidenten
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat Merz im Kontext der Reise auf die Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hingewiesen. Diese Ausladung des Staatsoberhauptes habe zu einer "komplizierten Situation" geführt, sagte er dem Sender "Welt" am Montag. Deshalb sei auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bisher nicht nach Kiew gereist.
Steinmeier hatte Mitte April ursprünglich mit seinen Kollegen aus Polen und den drei baltischen Staaten nach Kiew reisen wollen. Er teilte dann aber kurz davor mit, die ukrainische Führung habe seinen Besuch abgelehnt. Seitdem sind auch keine Mitglieder der Bundesregierung nach Kiew gereist.
Lindner äußerte die Hoffnung, dass diese Situation "bald überwunden" werde. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag, die Bundesregierung berichte wie üblich "zeitnah" über mögliche Reisepläne von Scholz. Im Augenblick gebe es nichts bekannt zu geben.
Brand: Merz tut das, was Scholz längst hätte tun müssen
Der Stabschef des CDU-Vorsitzenden, Jacob Schrot, hatte Merz' Kiew-Besuch im Vorfeld auf Twitter bestätigt und damit drei "Botschaften" verknüpft: Der CDU-Chef wolle Solidarität mit der Ukraine ausdrücken, "konkrete Unterstützungsbitten" vor Ort aufnehmen und zeigen, dass die deutsche Unterstützung über die Reihen der Regierungsparteien hinausgeht – sie werde gemeinsam von der "demokratischen Mitte" getragen.
Der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Brand (CDU), kritisierte den bisher nicht nach Kiew gereisten Kanzler Olaf Scholz (SPD). "Merz tut das, was ein Bundeskanzler längst hätte tun müssen", sagte Brand dem "Tagesspiegel". Es sei wichtig, "dass wenigstens der Oppositionsführer im Deutschen Bundestag, wie auch die drei Ausschussvorsitzenden aus der Koalition, die Ehre unseres Landes versuchen zu retten".
Strack-Zimmermann: "Keine parteipolitischen Spielchen machen"
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), warnte Merz davor, seine geplante Reise für innenpolitische Zwecke zu missbrauchen. "Ich glaube, es ist sehr wichtig, in dieser Phase des Krieges jetzt keine parteipolitischen Spielchen zu machen", sagte Strack-Zimmermann am Montag dem Sender "Welt". Merz' Rolle als Oppositionsführer sei vermutlich "mit eine Motivation" für die Reise.
Grundsätzlich könne natürlich jeder selbst entscheiden, ob er in die Ukraine reisen wolle oder nicht, so Strack-Zimmermann. Wichtig sei aber, dann auch belastbare Zusagen im Gepäck zu haben, das sei bei einem Oppositionspolitiker eher nicht der Fall.
Anfang April waren die Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse für Verteidigung, Außenbeziehungen und Europaangelegenheiten in die Ukraine gereist. Strack-Zimmermann, der SPD-Außenpolitiker Michael Roth und der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter trafen sich im Westen des Landes mit Vertretern des ukrainischen Parlaments.
- Nachrichtenagentur AFP