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Ukraine-Krieg: USA wollen Wladimir Putin in die Enge treiben – was steckt dahinter?


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Plötzlicher Strategiewechsel
So wollen die USA Putin in die Enge treiben

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 28.04.2022Lesedauer: 4 Min.
Wladimir Putin: Auf den russischen Präsidenten blickt derzeit die ganze Welt.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin: Auf den russischen Präsidenten blickt derzeit die ganze Welt. (Quelle: Kremlin Pool/imago-images-bilder)
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Mit der neuen Phase im Ukraine-Krieg vollziehen die USA einen heiklen Strategiewechsel. Russland dauerhaft zu schwächen, ist jetzt das erklärte Ziel. Was steckt hinter diesem Plan?

Seit Beginn des Ukraine-Krieges war Lloyd James Austin III. gewissermaßen immer der dritte Mann neben US-Außenminister Antony Blinken und US-Präsident Joe Biden. Eher unscheinbar wirkte Austin als US-Verteidigungsminister trotz seiner größeren Statur, obwohl er bei vielen gemeinsamen Reisen, wie etwa beim Nato-Gipfel in Brüssel Ende März und dem Warschau-Besuch von Biden und Blinken, immer dabei war. Selten schafften es seine Statements auf Start- und Titelseiten der US-Medien.

Inzwischen hat sich das geändert. Der Mann aus dem Pentagon ist buchstäblich der neue Frontmann der US-Regierung, wenn es um die Ukraine, und insbesondere, wenn es um Russland geht. "Wir wollen, dass Russland in dem Maße geschwächt wird, dass es nicht mehr in der Lage sein wird, das zu tun, was es bei der Invasion der Ukraine getan hat", sagte Lloyd Austin, als er nach seinem nicht ungefährlichen gemeinsamen Trip mit Antony Blinken nach Kiew zurück auf polnischem Boden vor Reportern sprach.

Austins Aussage zielt in die Zukunft

Mit diesem Statement scheint die gesamte bisherige Strategie der Amerikaner und damit auch die der gesamten Allianz ein neues Level zu erreichen – und dieser taktische Wechsel ist nicht unumstritten. Denn er birgt das Risiko einer Eskalation mit Russland, an deren Ende das Nato-Bündnis einer eigenen Konfrontation mit Wladimir Putin näher kommen könnte, als es bislang stets beteuert wurde.

Ging es seither vor allem darum, der Ukraine beim Abwehren der russischen Aggression beizustehen, zielt Austins Aussage weit in die Zukunft. Den jahrzehntelangen Erzfeind so schwächen zu wollen, dass Russland nicht mehr in Lage sein wird, seine Nachbarländer anzugreifen, hat eine neue Qualität.

Was aber steckt hinter diesen deutlichen Worten des US-Verteidigungsministers? Tatsächlich hat in der Ukraine eine neue, entscheidende Phase in Putins Angriffskrieg begonnen. Die Ukraine, die USA und ihre Verbündeten passen dementsprechend ihre Strategie an. Die mutmaßlichen Ziele Russlands, die gesamte Ukraine, zumindest aber die Hauptstadt Kiew zu kontrollieren und die Regierung zu stürzen, sind vorerst fehlgeschlagen. Dem Rückzug von Putins Truppen folgt nun eine Offensive mit dem Ziel, den Osten und Süden des Landes zu erobern.

Die Waffen sprechen lassen

In Washington hat man sich deshalb dazu entschieden, auch diesen Versuch Putins zu vereiteln – strategisch und symbolisch. Es ist kein Zufall, dass deshalb jetzt der US-Verteidigungsminister und damit das Militär in der Öffentlichkeit die Hauptrolle spielt. Während der Außenminister bereits zurück in die US-Hauptstadt flog, um vor Kongressmitgliedern Rede und Antwort zu stehen, blieb Austin in Europa.

Auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland leitete er öffentlichkeitswirksam ein Treffen von mehr als 40 Staaten. Diese "Kontaktgruppe" aus Verteidigungsministern soll fortan jeden Monat zusammentreten, persönlich oder virtuell, um zu beraten, was der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland fehlt und wie man sich noch besser koordinieren kann.

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Nach zwei Monaten der rhetorischen Zurückhaltung schalten die USA und ihre Verbündeten damit sozusagen in den nächsten Gang. Wohl orchestriert erscheinen vor diesem Hintergrund auch die deutschen Ankündigungen. Der Wirtschaftsminister Robert Habeck stellt in Aussicht, in wenigen Tagen und damit früher als erwartet unabhängig von russischen Ölimporten zu werden.

Und die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht konnte endlich loswerden, worauf viele lange warteten: Deutschland liefert mit dem Gepard-Panzer nun auch selbst schwere Waffen an die Ukraine. Plötzlich scheinen die bisherigen Gründe für ein Nein vergessen: die Angst vor einem Atomkrieg, die mangelnde Ausbildung der Ukrainer und die sorgsame Abstimmung mit den Bündnispartnern.

Eine neue Dynamik entsteht

Balsam für den viel kritisierten Bundeskanzler Olaf Scholz dürfte deshalb das Lob Lloyd Austins gewesen sein, als der US-Verteidigungsminister in Ramstein sagte: "Unser deutscher Gastgeber hat eine Entscheidung getroffen und das begrüße ich." Womöglich hängt all das auch zumindest ein wenig mit der beendeten französischen Präsidentschaftswahl zusammen. Jetzt, da die Entscheidung pro Emmanuel Macron gefallen ist, kann das Bündnis die nächsten, durchaus heiklen Schritte gehen.

Die Antwort Putins ließ nicht lange auf sich warten. Neben einer diplomatischen Note, in der Russland die USA vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine warnt, und neuen nuklearen Drohungen durch den Außenminister Sergej Lawrow schafft der Kreml nun auch wirtschaftlich Fakten. Ab diesem Mittwoch stellt der staatliche Energiekonzern Gazprom seine Erdgaslieferungen nach Polen und Bulgarien ein.

Die russische Armee bombardiert parallel dazu vermehrt die ukrainische Eisenbahn-Infrastruktur. Die militärischen Nachschubwege aus dem Westen könnte das empfindlich treffen. Dass Lloyd Austin und Antony Blinken trotz des bestehenden Sicherheitsrisikos mit dem Zug von Polen nach Kiew kamen – auch das ein bewusst gesetztes Zeichen der Stärke.

Die USA bleiben das Maß der Dinge

Die deutsche Bundesregierung tut sich im Vergleich zu den Amerikanern und anderen Verbündeten trotz der inzwischen bewilligten Waffenlieferungen zumindest rhetorisch und symbolisch noch immer schwer. Seit Ausbruch des Krieges besuchte kein deutsches Regierungsmitglied die Ukraine. Auch beim Formulieren der Ziele für die Unterstützung wirkt die deutsche Sprechkunst eher erratisch als eloquent.

Und so blieb es auf deutschem Boden auf der Luftwaffenbasis in Ramstein dem US-Verteidigungsminister überlassen, auch für Deutschland zu sprechen. "Wir sind hier, um der Ukraine zu helfen, den Kampf gegen die unrechtmäßige Invasion Russlands zu gewinnen", sagte Lloyd Austin, um dann fortzufahren: "Die Ukraine glaubt eindeutig, dass sie gewinnen kann, und alle hier Anwesenden tun dies ebenfalls."

Die Zeit des Zögerns soll vorbei sein. "Wir haben noch viel zu tun", so Austin. Die Ukraine brauche die Hilfe, um zu gewinnen, und zwar "heute". Es geht also nicht mehr nur um das "Wie", sondern auch um das "Wie schnell". Stolz verkündete Austins Pressesprecher in Washington schon vor einigen Tagen, dass die USA inzwischen logistisch in der Lage seien, bereits 48 Stunden nach einer neuen Ankündigung des US-Präsidenten Joe Biden die benötigte Ausrüstung nach Kiew zu liefern. Das Signal soll dabei klar sein: Wer im Weißen Haus bestellt, bekommt nicht nur Führung, sondern auch Waffen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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