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Freiheit von russischem Öl: So will Robert Habeck die Unabhängigkeit erreichen


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Freiheit von russischem Öl
Habecks letztes Problem

Von Fabian Reinbold, Warschau

Aktualisiert am 27.04.2022Lesedauer: 4 Min.
PCK-Raffinerie Schwedt: Deutschland braucht Hilfe aus Polen.Vergrößern des Bildes
PCK-Raffinerie Schwedt: Deutschland braucht Hilfe aus Polen. (Quelle: imago-images-bilder)
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Wie schnell kommt Deutschland vom russischen Öl los? Robert Habeck vermeldet den großen Durchbruch – etwas zu früh. Denn er braucht noch Hilfe aus Polen. Sonst wird es noch teurer.

Auf einmal klingt alles ganz einfach. Robert Habeck steht auf einer Bühne in Warschau neben seiner polnischen Amtskollegin Anna Moskwa, als er sagt, bei der schwierigen Abkehr vom russischen Öl sei man plötzlich viel weiter als gedacht. "Heute kann ich sagen, dass ein Embargo handhabbar für Deutschland geworden ist". Es sei nur noch ein letztes Problem zu klären und auch das könne man binnen Tagen erledigen.

Prompt gehen Meldungen um die Welt, Deutschland werde sich binnen Tagen komplett frei von russischem Öl machen.

Doch das ist falsch. Habeck selbst räumt es auf dem Rückflug aus Warschau ein. Die Unabhängigkeit werde zwar "überraschend schnell kommen". Wichtiger als der Zeitpunkt sei aber der Umstand, dass Deutschland sie verkraften könne. "Wir würden lokale Engpässe haben, wir werden höhere Preise sehen", sagt er auf Frage von t-online. "Es wird nicht schmerzlos sein, aber es wäre kein Schritt, der Deutschland aus den Socken hauen würde."

Doch eine Sache von Tagen ist all das nicht.

Die Achillesferse beim Öl

Wirtschaftsminister Habeck wollte Deutschland bis zum Ende des Jahres von russischem Öl befreien. Das geht zwar deutlich leichter als beim Gas, wo die Abhängigkeit noch vertrackter ist, hat aber dennoch seine eigenen Probleme: 2021 noch stammten 35 Prozent der Rohöl-Importe aus Russland, zudem sind die Preise jetzt schon hoch: Öl, das nicht aus Russland stammt, ist plötzlich sehr viel teurer. Und bei allen Fortschritten hat Habecks Plan eine Achillesferse – und er braucht einen Verbündeten, der sich noch sträubt: Polen.

Und ausgerechnet direkt nach Habecks Besuch wird Warschau von Russland mit einem sofortigem Gas-Lieferstopp belegt.

Habecks Ehrgeiz beim Thema Energiesicherheit ist geweckt, das strahlt er seit langem aus, aber selten so deutlich wie an diesem Tag in Warschau. Ein kurzer Besuch, gute drei Stunden vor Ort, dabei eine kräftige Charmeoffensive für die Polen, die er für sein Ziel benötigt: das Verarzten der Achillesferse.

Die stellt eine Raffinerie im brandenburgischen Schwedt dar. Eine gute Autostunde nordöstlich von Berlin und nur fünf Kilometer von der Grenze zu Polen. Will Habeck die Öl-Unabhängigkeit erreichen, muss er eine Lösung für sie finden – und das ist besonders heikel. Schließlich gehört die PCK-Raffinerie mehrheitlich dem russischen Staatskonzern Rosneft und wird von der russischen Pipeline Druschba beliefert, zu Deutsch: Freundschaft.

Eine neue Öl-Freundschaft

Soll aus ihr kein Öl mehr fließen, brauchen Schwedt und Deutschland sofortigen Ersatz: Denn ohne eine ausgelastete Raffinerie in Schwedt gibt es keine Versorgungssicherheit in großen Teilen Ostdeutschlands, darunter Berlin. Treibstoff und Heizöl könnten knapp werden, Diesel im Osten Deutschlands etwa könnte teurer werden als im Westen. Während Habeck in Warschau weilt, warnt aus Brandenburg SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke mit drastischen Worten, dass der Raffinerie ohne russisches Öl das Aus drohe.

In Habecks Wirtschaftsministerium sieht man es anders: Versiege die Pipeline, brauche Schwedt eben massenhaft Lieferungen aus nahen Seehäfen. Und da kommt der polnische Hafen in Danzig ins Spiel. Mehrere Millionen Tonnen Rohöl müssten von dort pro Jahr fließen, damit Schwedt wie gewohnt weiter betrieben werden kann. Eine neue Öl-Freundschaft also. Doch genau um die feilschen die Bundesregierung und Polen noch.

An diesem Dienstag in Warschau kann Habeck noch keine Einigung verkünden. Dass man eine grundsätzliche Lösung für den Wegfall russischen Öls vorbereite, das meinte der Vizekanzler, als er auf der Bühne in Warschau von einer Aufgabe der nächsten Tage sprach. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Ausgerechnet noch ein Gas-Lieferstopp

Vereinfacht gesagt müsste dafür viel mehr Öl in Danzig anlanden als bisher, das dann nach Schwedt geliefert wird.

Doch in Warschau ist man skeptisch. Aus Habecks Ministerium heißt es: Die Polen hätten kein Interesse, eine Raffinerie zu unterstützen, die noch dem russischen Staat gehört. Und schon kurz darauf kündigt Moskau noch den Gas-Lieferstopp für Polen an.

Deutschland könnte Schwedt für den Anfang zwar mit seiner nationalen Ölreserve betanken, doch eine langfristige Lösung ohne die Polen gibt es nicht. Ein möglicher Ausweg wäre das von der EU geplante Öl-Embargo. Dann müsste der Staatskonzern Rosneft die Raffinerie wohl abstoßen. Doch in Brüssel klagt man längst über Bremser bei diesem Projekt, darunter Deutschland.

Habeck hingegen betont, jetzt sei das für Deutschland alles machbar. Viele Raffinerien in der Bundesrepublik haben ohnehin umgestellt, selbst die zweite große Raffinerie im Osten, Leuna, macht sich gerade frei von russischem Rohöl. Sein Ministerium prüft, wie man Schwedt von Rosneft befreien könnte.

Im Gespräch mit Journalisten im Flugzeug gibt sich Habeck selbstbewusst: Für Deutschland sei es besser, von sich aus den Weg in die Unabhängigkeit zu gehen, als ein EU-weites Embargo zu orchestrieren. Er weiß, dass er auf diesem Weg nur noch ein letztes Problem zu lösen hat.

Dann landet seine kleine Maschine schon wieder in Berlin, auf dem militärischen Teil des BER. Auch der Treibstoff für den Hauptstadtflughafen kommt übrigens von Habecks letzter großer Öl-Baustelle: aus der Raffinerie in Schwedt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Begleitung von Robert Habeck auf der Reise nach Warschau
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