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Kanzler Nehammer bei Wladimir Putin: "Kein optimistischer Eindruck" nach Gespräch


Treffen in Moskau
Nehammer: "Kein optimistischer Eindruck" nach Gespräch mit Putin

Von dpa, afp, rtr
Aktualisiert am 11.04.2022Lesedauer: 3 Min.
Karl Nehammer: Es sei kein Freundschaftsbesuch gewesen, sagt er über seinen Besuch in Moskau.Vergrößern des Bildes
Karl Nehammer: Es sei kein Freundschaftsbesuch gewesen, sagt er über seinen Besuch in Moskau. (Quelle: Thomas Kronsteiner/getty-images-bilder)

Er ist der erste EU-Regierungschef, der sich seit Beginn des Ukraine-Krieges mit Wladimir Putin in Moskau getroffen hat. Nun berichtet Österreichs Kanzler Nehammer von seinen Eindrücken – und zeigt sich wenig optimistisch.

Auch am Tag des Besuchs von Österreichs Kanzler Karl Nehammer in Moskau bei Kremlchef Wladimir Putin sind Russlands Raketenangriffe in der Ukraine unvermindert weitergegangen. Umso dringlicher wirkte, was Nehammer dem russischen Präsidenten ausrichtete: "Meine wichtigste Botschaft an Putin war aber, dass dieser Krieg endlich enden muss, denn in einem Krieg gibt es auf beiden Seiten nur Verlierer", betonte der Kanzler nach dem etwa einstündigen Treffen.

Mit großer Aufmerksamkeit und Skepsis war die erste Visite eines EU-Regierungschefs in Moskau seit Ausbruch des Kriegs national und international verfolgt worden. Putin hatte vorher keine Signale der Einsicht gesendet – und eine Reaktion des Kremls auf das Gespräch blieb zunächst aus.

Gespräch war "direkt, offen und hart"

"Das Gespräch mit Präsident Putin war sehr direkt, offen und hart", bilanzierte Nehammer anschließend. Er habe die schweren Kriegsverbrechen in Butscha und anderen Orten angesprochen und deutlich gemacht, dass an der Sanktionsschraube gedreht werde, solange Menschen in der Ukraine sterben.

Außerdem stellte der österreichische Kanzler klar: "Das ist kein Freundschaftsbesuch." Mit Blick auf die "Kriegsverbrechen" in der Ukraine habe er betont, "dass alle jene, die dafür verantwortlich sind, zur Rechenschaft zu ziehen sind".

Nehammer: Russland bereitet Offensive vor

Nehammer räumte allerdings auch ein, dass er: "generell keinen optimistischen Eindruck" von dem Gespräch mit Putin hat. Offensichtlich werde eine Offensive "massiv vorbereitet". "Diese Schlacht wird mit Vehemenz geführt werden." Deshalb müssten Zivilisten aus den umkämpften Gebieten über humanitäre Korridore in Sicherheit gebracht werden.

Nehammer habe daher Fluchtkorridore für die ukrainische Zivilbevölkerung gefordert. Über die weiteren Schritte werde er sich nun mit den europäischen Partnern Österreichs abstimmen.

Persönliche Diplomatie statt Telefongespräche

Kiew wirft Russland chaotische und wahllose Bombardements vor. Die Militärführung in Moskau weist das zurück. Zumindest war Gelegenheit, die Sichtweise des jeweils anderen zu hören. "Es ist für mich alternativlos, auch mit Russland trotz aller Differenzen das direkte Gespräche zu suchen", meinte Nehammer.

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Die beiden Politiker trafen sich in Putins Moskauer Vorstadtresidenz in Nowo-Ogarjowo. Das Treffen dauerte nach Angaben eines Sprechers von Nehammer 75 Minuten.

Scholz begrüßte Nehammers Reise

Noch am Samstag hatte Nehammer den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew getroffen – und ihn von seinem Plan informiert. Auch Berlin und Brüssel wussten laut Wiener Kanzleramt Bescheid. Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte die Reise Nehammers. Man befürworte "jegliche diplomatischen Bemühungen, die darauf abzielen, ein Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine zu erreichen und Grundvoraussetzungen für Verhandlungen zu schaffen zwischen der Ukraine und Russland", ließ er in Berlin mitteilen. Er selbst habe im Moment "keinerlei Pläne" nach Moskau zu reisen.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg verteidigte im Vorfeld das Treffen in Moskau gegen Kritik. "Es geht einfach darum, dass wir (...) jede Chance ergreifen müssen, um die humanitäre Hölle in der Ukraine zu beenden", sagte er am Rande eines EU-Außenministertreffens in Luxemburg. "Jede Stimme, die dem Präsidenten Putin verdeutlicht, wie die Realität sich außerhalb der Mauern des Kremls wirklich darstellt, ist keine verlorene Stimme." Zu Befürchtungen, dass Putin Bilder vom Treffen für seine Zwecke nutzen könnte, sagte Schallenberg, der Besuch sei so besprochen, dass es ausschließlich ein Vieraugengespräch ohne Medien gebe."

Ausgerechnet Österreich?

"Falle oder Coup?" Die "Kronen Zeitung" in Österreich stellte angesichts des Besuchs Nehammers eine naheliegende Frage. Und: Ausgerechnet das kleine Österreich will in einer der größten Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg diplomatisch mitspielen?, fragten sich nicht wenige. Der diplomatische Schatz, den Wien in diesem Fall heben könnte, sind seine militärische Neutralität und seine traditionell guten Beziehungen zu Moskau.

Wien sieht sich gern in der Rolle des Brückenbauers. Dieses Bild wollte Nehammer bemühen und den Dialog vorantreiben. Persönliche Diplomatie statt Telefongespräche ist sein Motto. Neben der Türkei und Israel könnte sich Österreich als weiteres mögliches Vermittlerland positionieren – so der Plan.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
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