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Russland will Militäraktivitäten bei Kiew "radikal" reduzieren


Nach Friedensverhandlungen
Russland kündigt Reduzierung der Militäraktivitäten bei Kiew an

Von afp, dpa, joh, cck

Aktualisiert am 29.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Zerstörungen in einem Vorort von Kiew: Russland hat angekündigt, die Kampfhandlungen rund um die ukrainische Hauptstadt zu reduzieren.Vergrößern des Bildes
Zerstörungen in einem Vorort von Kiew: Russland hat angekündigt, die Kampfhandlungen rund um die ukrainische Hauptstadt zu reduzieren. (Quelle: Alex Chan/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa)

Nach Verhandlungen mit der Ukraine will Russland seine "militärischen Aktivitäten" bei Kiew reduzieren. Das dürfe man aber nicht mit einem Ende des Konflikts verwechseln, so die USA.

Russland will seine "militärischen Aktivitäten" in der Ukraine bei Kiew und Tschernihiw deutlich reduzieren. Dies sei angesichts des Verlaufs der Verhandlungen mit der Ukraine entschieden worden, teilte Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin am Dienstag nach den Gesprächen in Istanbul mit. Dort hatten sich Delegationen aus Moskau und Kiew zu Friedensverhandlungen getroffen.

Auch der russische Chefunterhändler Wladimir Medinski sprach von einer "bedeutsamen Diskussion" in Istanbul. Die ukrainischen Vorschläge würden nun Russlands Präsident Wladimir Putin vorgelegt. Der ukrainische Chefunterhändler David Arachamia machte deutlich, dass aus seiner Sicht die Ergebnisse von Istanbul "ausreichend" seien für ein Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Kreml-Chef Putin.

USA sehen keine wirklichen Fortschritte

US-Außenminister Antony Blinken erkennt nach eigenen Aussagen keine wirklichen Fortschritte. Er habe nichts gesehen, was darauf hindeute, dass es auf effektive Weise vorangehe, sagte Blinken bei einem Besuch in der marokkanischen Hauptstadt Rabat. Es gebe das, was Russland sage, und das, was Russland tue. Die USA konzentrierten sich auf letzteres.

Aus US-Kreisen hieß es, es handele sich um eine "Umgruppierung, nicht einen Abzug". Die Welt müsse sich auf weitere russische Großoffensiven in anderen Teilen der Ukraine einstellen, sagte ein Insider. Niemand dürfe die russischen Truppenbewegungen mit einem Ende des Konflikts verwechseln.

Russland will sich nach eigenen Angaben auf Donbass konzentrieren

Russland hatte seinen Angriffskrieg auf die Ukraine vor gut einem Monat begonnen. Es war die erste Ankündigung zu einem Rückzug dieser Art von russischer Seite. Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, sagte am Dienstag, dass die "militärische Spezial-Operation", wie Russland den Angriffskrieg nennt, dennoch fortgesetzt werde.

Neben einer möglichen Neutralität der Ukraine und damit verbundenen Sicherheitsgarantien wären bei den Gesprächen zudem eine "Anerkennung heutiger territorialer Realitäten" diskutiert worden, sagte Sacharowa. Das Verteidigungsministerium hatte vor einigen Tagen mitgeteilt, sich auf den Donbass im Osten der Ukraine konzentrieren zu wollen.

Abzug einzelner Einheiten beobachtet

Die Reduzierung der Militäraktivitäten soll laut Unterhändler Fomin dazu dienen, gegenseitig Vertrauen aufzubauen und die Bedingungen für weitere Verhandlungen zu schaffen, sagte Fomin. Die Ukraine sei dabei, einen Vertrag vorzubereiten über einen neutralen Status des Landes ohne Atomwaffen. Russland gehe davon aus, dass die Ukraine dazu entsprechende Entscheidungen treffe.

Der russische Unterhändler und Berater von Wladimir Putin, Wladimir Medinsky, sagte nach dem Treffen laut der russischen Staatsagentur Ria, die russische Regierung werde "keine Einwände gegen den Wunsch der Ukraine erheben, der Europäischen Union beizutreten". Gleichzeitig werde die Ukraine auf einen Beitritt in ein Verteidigungsbündnis verzichten.

Ukraine fordert Abkommen mit mehreren Garanten

Die ukrainische Seite forderte ihrerseits in Istanbul ein "internationales Abkommen", um die Sicherheit der Ukraine zu garantieren. Mehrere Länder sollten als Unterzeichnerstaaten die Garanten sein, sagte der ukrainische Chefunterhändler Arachamia nach den mehrstündigen Gesprächen. "Wir wollen einen internationalen Mechanismus zu Sicherheitsgarantien, bei dem die Garanten-Staaten sich entsprechend des Artikels 5 der Nato und sogar in einer noch härteren Form verhalten würden."

Verhandler Kyrylo Tymoshenko teilte auf seinem Telegram-Kanal detailliertere Angaben zu den ukrainischen Bedingungen: "Im Falle einer Aggression gegen die Ukraine findet eine dreitägige Konsultation statt, nach der die Garantieländer uns militärischen Beistand mit Streitkräften und Panzern leisten und den Luftraum schließen", heißt es da.

Zu den wichtigsten Garanten sollen demnach Großbritannien, China, Russland, USA, Frankreich, Tschechien, Kanada, Italien, Polen und Italien gehören. Diese Länder sollen sich auch dazu verpflichten, einen EU-Beitritt des Landes nicht zu blockieren. Die Garantien sollen jedoch nicht für das besetze Gebiet der Krim gelten.

Einzelne Einheiten werden bereits abgezogen

Unterdessen teilte der ukrainische Generalstab mit, im Gebiet um die Hauptstadt Kiew und die nordukrainische Großstadt Tschernihiw werde der Abzug einzelner Einheiten der russischen Streitkräfte beobachtet.

Bei russischen Angriffen auf Tschernihiw sind nach Angaben der örtlichen Behörden bereits mehr als 350 Menschen ums Leben gekommen. Die Zahlen seien aber nur vorläufig, sagte Bürgermeister Wladylsaw Atroschenko am Dienstag nach Angaben der ukrainischen Agentur Unian. Es könnten nach Schätzungen auch bis zu 400 Tote sein. In den Krankenhäusern der Stadt lägen zudem rund 400 Verletzte.

Bisher gestalteten sich die Verhandlungen über ein Ende des Angriffskriegs schwierig, die Positionen liegen weit auseinander: Die ukrainische Regierung will einen Abzug der russischen Truppen und Sicherheitsgarantien. Moskau fordert unter anderem einen Verzicht der Ukraine auf einen Nato-Beitritt sowie eine Anerkennung der abtrünnigen ostukrainischen Separatistengebiete als eigene Staaten und der 2014 annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim als Teil Russlands.

Verwendete Quellen
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