"Man muss das hinnehmen" "Schnitzel-Lockdown" sorgt für mehr Impfungen in Österreich
Die angekündigten landesweiten 2G-Regeln schlagen an: Am Wochenende sind die Impfzahlen in Österreich deutlich angestiegen. Von schneller Entspannung geht der Bundeskanzler aber nicht aus.
Seit Montag gilt in Österreich flächendeckend eine 2G-Regel – und die hat allem Anschein nach bereits gewirkt: Wie von der Regierung erhofft, holten sich viele Menschen am Wochenende sozusagen in letzter Minute ihre Erstimpfung. Denn laut einer kurzfristig angekündigten Entscheidung der Regierung dürfen jetzt nur noch gegen Covid-19 Geimpfte und davon Genesene in Lokale, Hotels, Veranstaltungen und Friseursalons.
Angesichts der exponentiell steigenden Corona-Infektionen und der sich füllenden Intensivstationen geht Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) nicht davon aus, dass diese Einschränkungen für Ungeimpfte binnen sechs Wochen aufgehoben werden können. "Es wird wohl ein 2G-Weihnachten werden", sagte der neue konservative Regierungschef der "Kronen Zeitung". "Allerhöchstwahrscheinlich" werde die Regel auch an Silvester noch in Kraft sein, fügte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) im gemeinsamen Interview hinzu.
Impfungen steigen deutlich an
Auf die Ankündigung der Regierung am Freitagabend folgten keine Massendemonstrationen, sondern Schlangen bei Impfzentren im ganzen Land. Allein am Samstag meldete das Gesundheitsministerium fast 32.000 Impfungen, wodurch die Wochenstatistik auf 213.000 kletterte – so viele wöchentliche Dosen waren es zuletzt Anfang August. Allerdings machten die Erstimpfungen am Samstag nur ein Drittel der Impfungen aus.
Der Druck auf Ungeimpfte sowie die Impfzahlen stiegen in den letzten Tagen nämlich nicht nur wegen der kommenden 2G-Regel: Seit Anfang November müssen nicht geimpfte oder genesene Arbeitende in ihren Betrieben mehrmals wöchentlich einen Testnachweis mitbringen (3G-Regel). Außerdem holen sich dieser Tage viele Menschen bereits ihre dritte Dosis.
"Man muss das hinnehmen"
Das Wiener Gratisblatt "Heute" hat die 2G-Regel auf ihrem Titelblatt jedenfalls schon mal griffig als "Schnitzel-Lockdown" definiert. Im "Leopoldauerhof", einem Wiener Gasthaus nahe der Stadtgrenze, sieht man die Maßnahme pragmatisch: "Man muss das hinnehmen", sagte Geschäftsführer Alen Vinca der Deutschen Presse-Agentur und verwies auf die hohen Corona-Zahlen.
Vinca rechnet allerdings damit, dass nun zehn Prozent der Gäste wegen fehlender Impfnachweise ausbleiben werden. Außerdem fürchtet er Absagen von Firmen-Weihnachtsfeiern. Gastgewerbe und Tourismus zeigten insgesamt Verständnis: Die Regierung habe wegen der Ansteckungsdynamik keine andere Wahl gehabt, äußerte sich Robert Seeber, der die Sparte in der Wirtschaftskammer vertritt. "Außerdem ist der verantwortungsbewusste Umgang mit dem Infektionsgeschehen ein wichtiges Signal an unsere Herkunftsmärkte, insbesondere gegenüber Deutschland." Es müsse jetzt alles getan werden, um während der Skisaison Reisewarnungen zu verhindern.
Impfquote noch hinter Deutschland
"Ich bin dafür, aber es kommt zu spät", sagt Herbert, ein Gast im "Leopoldauerhof", über 2G. Im Juli hatte der vorige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verkündet: "Für jeden, der geimpft ist, ist die Pandemie vorbei." Über die Sommermonate gab es vonseiten der Regierung keine groß angelegten Werbekampagnen für Erstimpfungen.
Nun steht Österreich bei knapp 65 Prozent an Menschen mit vollem Impfschutz – einer der niedrigsten Werte in Westeuropa. Am Samstag erreichte die Zahl der täglichen Corona-Neuinfektionen einen Rekordwert von 9.943, am Sonntag waren es 8.554. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Österreich lag zuletzt bei rund 570.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) gab sich am Sonntag gegenüber der "Kleinen Zeitung" realistisch: Etwa 15 Prozent der Menschen seien absolut gegen eine Impfung, 8 Prozent könnten noch überzeugt werden. Jetzt müsse aber nicht nur geimpft, sondern auch die 2G-Regel konsequent umgesetzt werden, forderte er und spielte auf die vielerorts lasche Kontrolle der bisherigen 3G-Regel in Lokalen an. "Wenn es bei uns an manchen Orten mit einer augenzwinkernden Wurschtigkeit weitergeht, wird das nicht funktionieren", mahnte er.
- Nachrichtenagentur dpa