Wahlkampf in der Pandemie Johnson visiert nächsten Corona-Meilenstein an
Pünktlich zum Superwahltag in Großbritannien stellt Premierminister Boris Johnson weitere Lockerungen in Aussicht. Die Sieben-Tage-Inzidenz im Land hat sich auf einem sehr niedrigen Niveau stabilisiert.
Der britische Premier Boris Johnson hat seinen Landsleuten Hoffnung auf ein baldiges Ende der Corona-Abstandsregeln gemacht. "Ich denke, wir haben gute Chancen, dass wir ab 21. Juni auf die Ein-Meter-Plus-Regel verzichten können", sagte Johnson am Montag bei einem Besuch in der nordenglischen Stadt Hartlepool. Das sei jedoch abhängig davon, ob die Infektionslage weiterhin stabil bleibe. Derzeit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz in Großbritannien bei rund 23 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern.
Johnsons Weg aus dem Lockdown sieht bei einer positiven Weiterentwicklung der Corona-Zahlen die nächsten Lockerungsstufe in England für den 17. Mai vor. Ab diesem Datum sollen Pubs und Restaurants auch wieder drinnen Gäste bewirten dürfen und Kontaktbeschränkungen gelockert werden. Auch erste Auslandsreisen könnten nach einem monatelangen strikten Reiseverbot wieder erlaubt sein. Für den 21. Juni ist in England die Aufhebung aller Corona-Beschränkungen geplant. Schottland, Wales und Nordirland entscheiden eigenständig über ihre eigenen Corona-Maßnahmen.
Superwahltag in Großbritannien
Kurz vor einem Superwahltag in Großbritannien versucht der angeschlagene Premierminister weiter, im Kampf gegen die Pandemie Optimismus zu verbreiten. In einem Beitrag für die "Mail on Sunday" schrieb er: "Woche für Woche sehen wir, wie die Einführung des Impfstoffs dazu beiträgt, unsere Freiheiten wiederherzustellen – und mit diesen Freiheiten habe ich absolut keinen Zweifel daran, dass sich unsere Wirtschaft wieder stark erholen wird." Am Donnerstag stehen in Schottland und Wales Parlamentswahlen an, in England Kommunalwahlen. Umfragen zufolge ist der Vorsprung der Konservativen zur Labour Party laut Nachrichtenagentur PA geschrumpft.
Vergangene Woche musste Johnson Berichte dementieren, wonach er im vergangenen Jahr gesagt haben soll, lieber nehme er in Kauf, dass sich "die Leichen zu Tausenden auftürmen", als einen weiteren Lockdown einzuführen. Johnson kämpft außerdem mit einem Lobby-Skandal, in den Mitglieder seiner Regierung verwickelt sind, und einer Reihe angeblich eigener Fehltritte. So wurden unter der Leitung von Johnsons Verlobten luxuriöse Renovierungsarbeiten in seiner Dienstwohnung in der Downing Street durchgeführt. Unklar ist, wo das Geld – Gerüchten zufolge 200.000 Pfund – dafür herkamen, trotzdem stoppte der Premierminister die internen Untersuchungen. Laut Downing Street sind all diese Vorwürfe Lügen.
"Wir werden unsere Brexit-Freiheiten nutzen"
In Großbritannien hat sich die Corona-Lage dank eines langen, konsequenten Lockdowns und der weit fortgeschrittenen Impfkampagne mittlerweile deutlich entspannt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist bereits einmal geimpft, ein Viertel sogar vollständig. Pubs und Restaurants dürfen in England und Wales draußen wieder Gäste empfangen, in Schottland sogar bis abends auch drinnen.
Johnson schrieb in dem Beitrag weiter, das Land bewege sich vorsichtig, aber unumkehrbar vorwärts. "Wir werden unsere Brexit-Freiheiten nutzen, um diese Erholung zu beschleunigen, mit der Flexibilität, die es uns bereits ermöglicht hat, die schnelle Einführung von Impfstoffen durchzuführen (...)." Darüber hinaus pries Johnson den Kampf seiner Regierung gegen Kriminalität, insbesondere gegen Drogen-Gangs.
Ein weiteres Thema sei in der Pandemie der Diebstahl von Haustieren geworden: "Gegenwärtig wird dieses Verbrechen viel zu oft als relativ trivial abgetan - auf einer Stufe etwa mit Ladendiebstahl. Dem kann ich nicht zustimmen", schrieb Johnson. Deshalb sei eine Tierdiebstahl-Task-Force ins Leben gerufen worden, um sicherzustellen, dass die Strafjustiz mit jedem, der so bösartig sei, einen Hund zu stehlen, in richtiger Art und Weise umgehe.
- Nachrichtenagenturen dpa und afp