Pressekarten entzogen Türkei wirft deutsche Reporter aus dem Land
Ohne Angaben von Gründen hat die Türkei zwei deutschen Reportern die Akkreditierung entzogen. Beide haben nun das Land verlassen. Das Auswärtige Amt verschärfte seine Reisehinweise.
Neuer Schlag für die deutsch-türkischen Beziehungen: Die beiden Türkei-Korrespondenten des ZDF und des "Tagesspiegel" haben am Sonntag das Land verlassen. Zuvor hatte ihnen die türkische Regierung die Akkreditierung entzogen. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nannte die Verweigerung der Pressekarte für den ZDF-Korrespondenten Jörg Brase und den "Tagesspiegel"-Reporter Thomas Seibert "inakzeptabel". Sein Ministerium verschärfte die Reisehinweise für die Türkei und warnte vor der Gefahr von Festnahmen.
Brase und Seibert kündigten an, auch weiterhin über die Türkei zu berichten. "Ich bin der Meinung, dass die Entscheidung der Türkei mehr schadet als dem ZDF oder mir", sagte Brase in Istanbul. Die türkische Regierung habe es geschafft, die nationalen Medien weitgehend mundtot zu machen, nun versuche sie es auch mit den internationalen Medien, kritisierte der ZDF-Korrespondent. "Davon sollten wir uns aber nicht einschüchtern lassen."
Reportern wurde keine Begründung genannt
Nach türkischem Recht mussten Brase und Seibert zehn Tage nach Ablehnung ihres Antrags auf Verlängerung der Pressekarte das Land verlassen. Sie zeigten Unverständnis für die Entscheidung des Presse- und Informationsamts und kündigten an, auch weiterhin über die Türkei zu berichten. Weder sei ihnen ein Grund genannt worden, noch hätten sie in irgendeiner Weise gegen die Bestimmungen verstoßen, sagte Brase vor seiner Abreise im ZDF-Studio in Istanbul.
Brase und Seibert sagten, der türkische Presseattaché in Berlin habe in ihren Redaktionen angerufen und ein Angebot unterbreitet: Wenn sie einen anderen Korrespondenten schickten, würde dessen Bewerbung geprüft. Die Redaktionen hätten dies jedoch abgelehnt.
Neben Brase und Seibert war Anfang März auch dem NDR-Reporter Halil Gülbeyaz die Akkreditierung entzogen worden. Mehrere weitere deutsche Journalisten warten noch auf eine Antwort.
"Abschied fällt nicht leicht"
Seibert sagte in Istanbul: "Ich bin seit 22 Jahren ohne Unterbrechung als Korrespondent in der Türkei akkreditiert, da fällt der Abschied natürlich nicht leicht." Brase sagte: "Das Leben geht weiter, ich kehre nun nach Deutschland zurück."
Bundesaußenminister Maas kritisierte den Entzug der Arbeitserlaubnis der Journalisten. "Dass deutsche Korrespondenten ihrer Arbeit in der Türkei nicht frei nachgehen können, ist für uns inakzeptabel", schrieb Maas am Samstag im Kurzmitteilungsdienst Twitter.
Auch die Vorsitzenden von CDU und SPD äußerten scharfe Kritik am Vorgehen der Türkei. Der Entzug der Arbeitsgenehmigungen sei "staatliche Willkür", sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer dem "Tagesspiegel". SPD-Chefin Andrea Nahles sprach von einem "relevanten Rückschritt für die deutsch-türkischen Beziehungen".
Auswärtiges Amt warnt vor willkürlichen Verhaftungen
Das Auswärtige Amt, das sich seit Wochen für die Ausstellung der Pressekarten der deutschen Journalisten in der Türkei einsetzt, aktualisierte am Samstag seine Reisehinweise für die Türkei. Darin warnte das Ministerium nun, es könne "nicht ausgeschlossen werden, dass die türkische Regierung weitere Maßnahmen gegen Vertreter deutscher Medien sowie zivilgesellschaftliche Einrichtungen ergreift".
Äußerungen, die nach deutschem Rechtsverständnis von der Meinungsfreiheit gedeckt seien, könnten in der Türkei zu berufsbeschränkenden Maßnahmen und Strafverfahren führen, warnte das Ministerium. In den vergangenen Jahren seien "vermehrt auch deutsche Staatsangehörige willkürlich inhaftiert" worden.
Mit Blick auf Äußerungen des türkischen Innenministers Süleyman Soylu von Anfang März warnte das Auswärtige Amt vor Festnahmen auch bei Urlaubsreisen. Dies könnte Menschen treffen, die im Ausland an Veranstaltungen von Organisationen teilgenommen hätten, die von der Türkei als terroristisch eingestuft würden.
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Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht die Türkei auf Platz 157 von 180 Ländern. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder europäische Journalisten unter "Terrorverdacht" festgenommen, darunter der "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel und die Journalistin Mesale Tolu.
- Nachrichtenagentur AFP