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Ukraine: Julia Timoschenko zeigt Folter-Wunden


Ausland
Timoschenko zeigt Folter-Wunden

Von dpa, dapd
Aktualisiert am 27.04.2012Lesedauer: 3 Min.
Julia Timoschenko zeigt Folter-WundenVergrößern des Bildes
Fotos von Julia Timoschenko zeigen die Verletzungen, die die Oppositionspolitikerin erlitten haben soll, als sie von Gefängniswärtern verprügel wurde (Quelle: ap)

Während neue Fotos veröffentlicht wurden, die die Misshandlung der schwerkranken ukrainischen Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko im Gefängnis dokumentieren sollen, mahnt Deutschland die ukrainische Regierung zu schnellem Handeln. Es dürfe "kein Spiel auf Zeit geben", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Timoschenko solle "jetzt die nötige Behandlung bekommen" - und zwar in Deutschland. Seibert verwies darauf, dass es auch andere Fälle gebe, "in denen die Strafjustiz instrumentalisiert worden ist, um Demokratie zu behindern". Auch die Lage dieser Menschen müsse verbessert werden.

"Sie wollen meine Frau umbringen"

Der im tschechischen Exil lebende Ehemann Timoschenkos hat den ukrainischen Behörden vorgeworfen, seine Frau umbringen zu wollen. Fotos, die zeigten, wie seine Frau in einer Gefängniszelle zusammengeschlagen werde, seien "schockierend und entsetzlich", sagte Oleksandr Timoschenko.

Die ihr dabei zugefügten Verletzungen seien eine "Generalprobe für ihre physische Zerstörung - ein Mord, den die Behörden seit der Repressionen gegen sie auszuführen planen". Julia Timoschenko sei eine Kämpferin, "die bis zum Ende durchhält", sagte er.

Unterdessen sind neue Fotos aufgetaucht, auf denen die 51-jährige Timoschenko Verletzungen zeigt, die sie durch Folter im ukrainischen Gefängnis erlitten haben soll. Drei Gefängniswärter sollen sie vor einer Woche verprügelt haben. Die frühere Regierungschefin, die seit August 2011 wegen Amtsmissbrauch hinter Gittern sitzt, hatte sich danach gegen eine Verlegung ins Krankenhaus gewehrt - sie soll große Angst haben, dass ihr die Ärzte dort etwas antun könnten.

Charité-Appell an Ukraine

Stattdessen geht das Gerangel um eine Behandlung Timoschenkos in Deutschland weiter. Der Berliner Charité-Chef Karl Max Einhäupl hat Präsident Viktor Janukowitsch aufgefordert, seine politische Widersacherin ausreisen zu lassen. "Ich appelliere an den ukrainischen Präsidenten: Seien Sie ein den humanitären Werten verpflichteter Präsident und lassen Sie Frau Timoschenko ausreisen", sagte Einhäupl am Freitag in Berlin. Eine Behandlung außerhalb der Ukraine sei der erfolgversprechendste Therapieansatz. Die 51-Jährige leidet seinen Angaben zufolge an einem Bandscheibenvorfall und habe inzwischen chronische Schmerzen.

Die Charité-Ärzte seien gebeten worden, Timoschenko in der Ukraine zu behandeln. Diese Möglichkeit werde intensiv geprüft. "Doch ich habe erhebliche Zweifel, ob so das medizinische Problem gelöst werden kann", betonte Einhäupl. Er kündigte einen weiteren Besuch bei Timoschenko in den nächsten sieben Tagen an. Der Hungerstreik habe ihren gesundheitlichen Zustand verschlechtert.

Arzt: Sie simuliert nicht

Der Neurologe schloss kategorisch aus, dass Timoschenko simuliere. Kernspin-Aufnahmen belegten den Bandscheibenvorfall an der Wurzel zwischen dem 4. und 5. Wirbelkörper. Das größte Problem einer Behandlung vor Ort sei, dass Timoschenko den ukrainischen Ärzten zutiefst misstraue, sagte Einhäupl. Man habe ihr die Schmerzen lange nicht geglaubt und sie nicht angemessen behandelt.

Regierungssprecher Seibert wies unterdessen Medienberichte zurück, Merkel habe der Ukraine mit ihrem Fernbleiben von der Fußball-EM gedroht. Es habe ein Gespräch des außenpolitischen Beraters der Kanzlerin, Christoph Heusgen, mit dem ukrainischen Vize-Außenminister Pawel Klimkin im Kanzleramt gegeben. Der Fall Timoschenko sei dabei besprochen worden, von einer Drohung könne aber "keine Rede sein", sagte Seibert.

Noch keine Reisepläne

Merkel habe noch keine Reisepläne zur Europameisterschaft gemacht, sagte Seibert. Dies werde erst kurzfristig entschieden werden, "aber natürlich fließt auch die weitere Entwicklung in der Ukraine rund um den Fall Timoschenko in diese Entscheidung mit ein".

Seibert erklärte, die europäischen Staaten seien sich einig in der Bewertung, "dass es erhebliche Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine gibt, Defizite in der Demokratie" und dass dieses sich ändern müsse, wenn es eine Annäherung des Landes an die EU geben soll. Bundespräsident Joachim Gauck hatte kürzlich eine Reise in die Ukraine abgesagt.

Wer darf zur EM?

Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte, die Bundesregierung sei darüber im Gespräch "wer zur EM fährt oder nicht". Es gebe "Vorüberlegungen" für einen Besuch von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) beim Vorrundenspiel Deutschland gegen die Niederlande am 13. Juni in der Ukraine. Dem Minister sei die Situation in dem Land "sehr bewusst". Sollte sich Timoschenko dann noch in Haft befinden, "möchte er gerne mit ihr sprechen".

Im Gefängnis sitzen neben Timoschenko unter anderem auch der ehemalige Innenminister Juri Luzenko, der frühere Umweltminister Georgi Filiptschuk sowie Ex-Verteidigungsminister Waleri Iwaschtschenko. Weil Luzenko im Gefängnis durch eine Spritze von Ärzten ein Hepatitisinfektion bekommen haben soll, misstraut Timoschenko den ukrainischen Ärzten und verweigert Spritzen.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, hatte kürzlich beklagt, es gebe in der Ukraine offensichtlich eine "groß angelegte Abrechnung" mit ehemaligen Regierungsmitgliedern. Prozesse würden offenbar "mit politischer Motivation" geführt, teilweise müsse man den Richtern Rechtsbeugung vorwerfen. Inhaftierten werde die notwendige medizinische Behandlung verweigert, Diagnosen würden vorenthalten.

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