Streit über EU-Verordnung Regierungskoalition in Norwegen am Ende
Norwegen gehört nicht zur EU, ist aber ihr wichtigster Gaslieferant. Deshalb wollte Brüssel in Oslo mitreden – und hat damit ein Zerwürfnis ausgelöst.
Die Regierungskoalition in Norwegen ist am Streit über die Umsetzung von EU-Verordnungen für den Energiemarkt zerbrochen. Die bäuerliche Zentrumspartei als bisheriger Juniorpartner der Sozialdemokraten von Ministerpräsident Jonas Gahr Støre tritt im Zuge der Unstimmigkeiten aus der Regierung aus, wie der Parteichef und bisherige Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum sowie Fraktionschefin Marit Arnstad in Oslo verkündeten.
Das Koalitions-Aus bedeutet nicht, dass Støres Zeit als Ministerpräsident zwangsläufig vorbei ist. Seine Sozialdemokraten können bis zur nächsten Wahl alleine weiterregieren, müssen dafür aber acht Ministerposten neu besetzen, die bislang Politiker der Zentrumspartei innehatten. Man wolle, dass Støre trotz des Endes der Koalition Regierungschef bleibe, sagte auch Arnstad. Støre will sich noch am Nachmittag auf einer Pressekonferenz zum Regierungsende äußern.
Norwegen kennt keine vorgezogenen Neuwahlen
Bereits mit ihrem bisherigen Koalitionspartner hat Støres Partei seit 2021 eine Minderheitsregierung gebildet, die für Mehrheiten im Parlament mit anderen Parteien zusammenarbeitete. Die nächste Parlamentswahl soll im September stattfinden. Vorzeitige Neuwahlen sieht die norwegische Verfassung nicht vor.
Støres Sozialdemokraten und Vedums Zentrumspartei haben seit Längerem über die Umsetzung eines 2019 verabschiedeten EU-Energiemarktpakets mit dem Namen "Saubere Energie für alle Europäer" gestritten, das aus insgesamt acht Verordnungen und Direktiven besteht. Norwegen ist zwar kein Mitglied der EU, mit ihr aber als Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) eng verbunden und noch dazu ihr wichtigster Gaslieferant. Brüssel hat Oslo dazu gedrängt, das Paket als EWR-Staat und naher EU-Partner ebenfalls umzusetzen.
Die Zentrumspartei lief gegen diese Umsetzung jedoch vehement Sturm. Während Støre zumindest drei weniger umstrittene Direktiven des Pakets in norwegisches Recht gießen wollte, war die EU-skeptische Partei komplett dagegen und lehnte vor allem die Ausweitung der Befugnisse der EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, kurz Acer, ab. Sie begründete diese Haltung damit, dass das Paket Norwegens nationale Kontrolle über den Energiesektor schwäche und eine engere Bindung an den EU-Energiemarkt zu höheren Strompreisen führen könne.
- Nachrichtenagentur dpa