Lage "sehr kritisch" Rund 60 Tote bei Guerilla-Angriffen in Kolumbien
Eigentlich verhandelt die ELN-Guerilla einen Frieden mit der kolumbianischen Regierung. Doch bei Angriffen töten Kämpfer der Gruppe rund 60 Menschen. Die Verhandlungen sind ausgesetzt.
Bei Angriffen der Guerillagruppe ELN in Kolumbien sind Dutzende Menschen getötet worden. Rund 60 Menschen seien in mehreren Gemeinden der Region Catatumbo im Norden des Landes "gewaltsam ums Leben gekommen", teilte das Büro des kolumbianischen Ombudsmanns am Samstagabend (Ortszeit) im Onlinedienst X mit.
Zuvor war von 40 Toten die Rede gewesen. Die Regierung teilte mit, die Militäroffensive in der Region sei verstärkt worden. Die Lage dort sei "sehr kritisch", sagte der Armeebefehlshaber Luis Emilio Cardozo.
Waffenruhe gebrochen – Friedensverhandlungen ausgesetzt
In der Region nahe der Grenze zu Venezuela kämpfen rivalisierende Gruppen um die Kontrolle über den Kokainhandel. Am Donnerstag waren dort Kämpfe zwischen der ELN und Farc-Splittergruppen ausgebrochen. Die Kämpfe brachen eine Waffenruhe – beide Gruppen hatten zuvor parallel Friedensverhandlungen mit der Regierung von Gustavo Petro geführt.
Die ELN beschuldigte am Samstag in einer Erklärung eine Fraktion der Farc, den Konflikt durch die Tötung von Zivilisten und andere Angriffe ausgelöst zu haben. Die Farc-Fraktion reagierte nicht öffentlich auf diese Anschuldigung. Am Freitag erklärte sie, sie habe mit dem Rückzug ihrer Einheiten begonnen, um eine Eskalation der Gewalt zu verhindern.
Es habe einen "Bruch" des Bündnisses gegeben, der "erhebliche Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung hatte", erklärte Cardozo in einem bei X veröffentlichten Video. "Sie haben Menschen aus ihren Häusern geholt und sie auf miserable Weise ermordet und dabei Menschenrechte verletzt. Es ist unsere Aufgabe als nationale Armee, das Gebiet zu stabilisieren", sagte Cardozo.
Am Freitag kündigte Präsident Petro ein Aussetzen der Friedensverhandlungen mit der ELN an. Er warf der Gruppe Kriegsverbrechen vor.
Rund 60 Jahre interner Konflikt in Kolumbien
Der linksgerichtete Präsident, der früher selbst der mittlerweile aufgelösten Guerillagruppe M19 angehört hatte, war 2022 mit dem Ziel angetreten, dem südamerikanischen Land "vollständigen Frieden" zu bringen. In der Folge nahm die Regierung Friedensgespräche mit der ELN auf, bei der es sich um die stärkste noch aktive Rebellenorganisation im Land handelt.
Kolumbien leidet seit sechs Jahrzehnten unter bewaffneten Konflikten, an denen neben der Armee und linken Guerillagruppen auch rechte Paramilitärs und Drogenbanden beteiligt sind. 2016 hatte zwar die mit Abstand größte Guerilla-Organisation Farc ein Friedensabkommen mit der damaligen Regierung unterzeichnet. Mehrere Splittergruppen der mittlerweile aufgelösten Farc lehnten den Friedensschluss aber ab. Die 1964 gegründete ELN war an dem damaligen Friedensabkommen nicht beteiligt.
- Nachrichtenagenturen AFP und Reuters