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Krieg im Weltall? Russlands neue Satellitenwaffe bereitet den USA Sorgen


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USA warnen vor russischem Objekt
Jetzt droht Krieg im All


Aktualisiert am 23.05.2024Lesedauer: 5 Min.
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Wladimir Putin begutachtet Satellitenmodelle (Archivbild): Russland treibt die Planungen im All voran. (Quelle: IMAGO / Grigory Sysoev)
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Kriege werden zu Land, Wasser und aus der Luft geführt. Nun könnten sich die Konflikte auch ins Weltall ausdehnen. Denn Russland rüstet dort offenbar auf.

Bereits jetzt spielt das Weltall für Kriege eine elementare Rolle: Rund 9.000 Satelliten umkreisen die Erde, mit deren Hilfe wesentliche Erkenntnisse gewonnen und Informationen schnell geteilt werden können. Die Kontrolle über den Weltraum verspricht deshalb auch geopolitische Macht. Und Russland ist gerade dabei, sich in diesem Machtkampf aussichtsreich zu positionieren.

Schon seit längerer Zeit ist bekannt, dass Russland an einer Waffe für den Einsatz im Weltall arbeitet. Vertreter der US-Regierung haben schon im Februar öffentlich vor russischen Aktivitäten gewarnt. Damals bestätigte John Kirby, der Sprecher des US-Sicherheitsrates, den Bau einer Weltraumwaffe aus russischer Produktion. Mike Turner, der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, sprach gar von "Informationen über eine ernsthafte Bedrohung der nationalen Sicherheit".

Damals war das genaue Ausmaß des russischen Fortschritts noch unklar, doch nun haben die USA weitere Erkenntnisse erlangt und neue Entwicklungen veröffentlicht. So erklärte Pentagon-Sprecher Pat Ryder am Dienstag, dass Russland am 16. Mai einen verdächtigen Satelliten ins All geschickt habe. "Es handelt sich um eine Weltraumabwehrwaffe in derselben Umlaufbahn wie ein Satellit der US-Regierung", gab er zu bedenken. Auch wenn er es nicht explizit aussprach, ist damit klar: Das russische Objekt könnte eine Gefahr für den US-Satelliten darstellen.

"Killer-Satellit kann Objekte abschießen"

"Angeblich soll es ein Satellit mit Projektilwaffe sein. Ein sogenannter Killer-Satellit könnte andere Objekte abschießen", sagt Militärexperte Guido Schmidtke im Gespräch mit t-online. "Und wer in der Lage ist, andere Satelliten auszuschalten, kann die Kommunikation, Navigation und militärischen Erkenntnisgewinne des betroffenen Staats stark einschränken."

Zur Person

Guido Schmidtke ist Militärexperte und Journalist. Er hat bereits aus Krisengebieten berichtet und tritt häufig als Fachmann für militärische Sachverhalte beim Nachrichtensender Welt auf. Mit seiner Produktionsfirma "Sunflightmedia" dreht er Reportagen über Militärthemen für verschiedene Sender.

Vor allem im Ukraine-Krieg werden Truppenbewegungen der Gegner schnell über das Zusammensetzen zahlreicher Satelliteninformationen erfasst. Gelänge es Russland, die Erkenntnisse der Gegenseite zu begrenzen, wäre diese nur noch eingeschränkt handlungsfähig.

Dieser Gefahr sind sich die USA bewusst. Daher hatten sie bereits 1982 die Air Force Space Command gegründet. Wegen der wachsenden Bedrohung im All wurde die Abteilung im Jahr 2019 deutlich gestärkt und mit der Umbenennung in US Space Force wurde sie eine von acht Teilstreitkräften der USA, mit dem gleichen Status wie die Army oder die Navy.

US Space Force als Armeeeinheit im All

"Die US Space Force dient dem Krieg im All", erklärt Schmidtke. Die Stärkung der Einheit sieht er als Zeichen dafür, dass auch die USA nicht nur bei der Analyse der Gegner, sondern auch der Waffenentwicklung fortgeschritten sind. Angeblich haben die Amerikaner schon Satelliten mit Laserwaffen ausgestattet, um andere Satelliten zu beschädigen.

Und auch die Nato ist auf die neue Bedrohung vorbereitet. So hat das Bündnis 2021 beschlossen, dass Angriffe aus dem oder im Weltraum künftig zur kollektiven Verteidigung als Bündnisfall behandelt werden können – wie Angriffe am Boden oder im Luft-, See- oder Cyberraum.

Grundsätzlich ist das Feld im Vergleich zu anderen Militärbereichen laut Schmidtke relativ schwer zu durchschauen: "Der Bereich ist sehr verschlossen, denn es sind nur wenig Beobachtungen und Verifizierungen vorhanden." Daher sei unklar, wie viele Informationen die USA tatsächlich über die russischen Waffen haben. Möglicherweise wisse man schon deutlich mehr, wolle Russland aber nicht zu sehr an den eigenen Erkenntnissen teilhaben lassen.

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Was aber feststeht: Es ist nicht das erste Mal, dass Russland Satelliten in der Nähe US-amerikanischer Pendants positioniert. Ähnliche russische Starts soll es auch 2019 und 2022 gegeben haben. Doch solche Aktionen hätten nicht immer den Zweck, Waffen zu nutzen, verdeutlicht Schmidtke: "Es gab auch Versuche, US-amerikanische Satelliten auszuspionieren, indem russische Satelliten in der Nähe positioniert wurden, um Informationen zu sammeln."

Auch das ist eine Form der Kriegsführung im All und zeigt, dass Russland wohl über mehrere Strategien dort verfügt. Zudem besitzt Russland ein Raketenabwehrsystem, das eine Reichweite von bis zu 200 Kilometern in die Höhe hat. "Damit können niedrig fliegende Satelliten abgeschossen werden, für die weiter entfernten gibt es die Killer-Satelliten", berichtet Schmidtke.

Sorge vor russischer Atombombe im Weltall

Erst vor zwei Jahren hat Russland bewiesen, dass es Satelliten mit seinem Nudol-System abschießen kann. Ziel war ein eigener Satellit. Die Trümmer, die danach um die Erde kreisten, drohten sogar die Internationale Raumstation (ISS) zu treffen, sodass sich die anwesende Besatzung zeitweise in Sicherheitskapseln evakuieren musste.

Darüber hinaus befürchten die USA, dass Russland möglicherweise noch ganz andere Waffen entwickelt oder bereits im Weltall positioniert hat. "Die Vereinigten Staaten sind äußerst besorgt darüber, dass Russland auf der Grundlage von Informationen, die wir für glaubwürdig halten, die Nutzung von Atomwaffen in seine Gegenraumfahrtprogramme in Betracht zieht", sagte Mallory Stewart, stellvertretende Staatssekretärin für Rüstungskontrolle, nach "The Warzone"-Angaben Anfang Mai bei einer Veranstaltung des Think-Tanks "Center for Strategic and International Studies".

Stewart führte aus: "Es ist schon irgendwas im Weltall", das mit der Entwicklung der neuen nuklearen Antisatellitenwaffe in Verbindung stehe. "Damit könnten wahrscheinlich Hunderte Satelliten auf einmal ausgeschaltet werden", warnt Experte Schmidtke. "Es ist aber noch nicht klar, wie Russland eigene Satelliten schützen würde."

Für Schmidtke ist dennoch ein gewisses Muster Russlands erkennbar: "Putin will in Schlüsseltechnologien weit vorne dabei sein." So strebe der russische Präsident immer wieder an, sich in bestimmten technologischen Bereichen vor den USA zu positionieren, etwa bei der Hyperschallrakete oder nun den Satellitenwaffen. Der dauerhafte Nutzen sei hingegen fraglich. Schließlich habe es in der Militärgeschichte nie lang gedauert, bis eine Gegenwaffe entwickelt wurde, wendet Schmidtke ein.

Russland gegen USA im Weltall: Doch was macht China?

Bestätigt hat Russland bisher keinerlei kriegerische Aktivitäten im Weltraum. Nicht nur, um keine Informationen über den eigenen Fortschritt preiszugeben, sondern auch, weil man sich eigentlich zu etwas anderem verpflichtet hat. Großbritannien, die USA und die Sowjetunion haben nämlich im Sommer 1963 den Partiellen-Teststopp-Vertrag unterschrieben, der Kernwaffenversuche unter anderem im Weltraum verbietet. Auch der Weltraumvertrag aus dem Jahr 1967 soll den Einsatz von Atomwaffen im All verhindern.

Erst am Montag hatte Russland eine Resolution im UN-Sicherheitsrat eingebracht – gegen ein Wettrüsten. Von 15 Ländern stimmten sieben dafür und sieben dagegen, darunter auch die Veto-Stimme der USA. Auch wenn der Antrag grundsätzlich im Sinne der USA gewesen wäre, so kam er nicht überraschend. Erst im vergangenen Monat hatten die USA nämlich eine Resolution gegen Atomwaffen im All eingebracht. Diese war auch gescheitert, damals am Veto Russlands.

Doch nicht nur Russland und die USA liefern sich auf diesem Gebiet ein Wettrennen, vor allem China mischt seit geraumer Zeit mit. Im August hatte das Land die Entwicklung einer Laserwaffe bekannt gegeben, die bislang aber nur auf der Erde getestet wurde. Die ersten Systeme sollen auf der Korla-Basis in der Provinz Xinjiang installiert worden sein, berichtete die "Asia Times" im Mai vergangenen Jahres.

Und offenbar hat das Land noch eine ganz andere Technologie entwickelt, sogenannte Grappler-Satelliten. Diese können sich an andere Satelliten andocken und in andere Umlaufbahnen bringen. "Das ist die größere Gefahr", warnt Schmidtke. "Denn so können sie andere Satelliten entführen und unbrauchbar machen – ganz ohne neuen Weltraumschrott."

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