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Israel: Nach Haftbefehl-Antrag – Netanjahu mit Vorwürfen gegen Chefankläger


Vergleiche mit NS-Zeit
Netanjahu wirft IStGH-Chefankläger Antisemitismus vor

Von dpa
Aktualisiert am 21.05.2024Lesedauer: 4 Min.
Benjamin NetanjahuVergrößern des Bildes
Benjamin Netanjahu (Archivbild): Er erhebt schwere Vorwürfe gegen IStGH-Chefankläger Karim Khan. (Quelle: Ohad Zwigenberg/AP/dpa/dpa-bilder)

Karim Khan führt neben den Anklagen gegen die Hamas-Führung auch die Anklage gegen die israelische Führungsspitze an. Jetzt wirft Netanjahu ihm Antisemitismus vor.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) persönlich scharf angegriffen. Netanjahu nannte Karim Khan wegen dessen Antrags auf Haftbefehle gegen ihn und Verteidigungsminister Joav Galant einen "der großen Antisemiten der Moderne".

In einer am späten Montagabend veröffentlichten Videobotschaft auf Englisch sagte Netanjahu, Khan gieße "hartherzig Öl in die Feuer des Antisemitismus, die auf der ganzen Welt wüten". Netanjahu verglich Khan sogar mit den NS-Scharfrichtern. "Er steht nun Seite an Seite mit jenen berüchtigten deutschen Richtern, die ihre Roben anzogen und für Gesetze eintraten, die dem jüdischen Volk die elementarsten Rechte verweigerten und es den Nazis ermöglichten, das schlimmste Verbrechen der Geschichte zu begehen."

Netanjahu warf Khan zudem "Blutverleumdung" vor – dieser auch als Ritualmordlegende bekannte Begriff bezieht sich auf antisemitische falsche Anschuldigungen gegen Juden seit dem Mittelalter.

Galant: Khan zieht "abscheuliche Parallele"

Auch Galant verurteilte den Antrag auf Haftbefehle gegen ihn und Netanjahu. "Der Versuch des Chefanklägers Karim Khan, die Dinge umzudrehen, wird keinen Erfolg haben", sagte Galant nach Angaben seines Büros. "Die Parallele, die er zwischen der Terrororganisation Hamas und dem Staat Israel gezogen hat, ist abscheulich."

Israel erkenne die Autorität des Gerichts nicht an, sagte Galant weiter. Khan wolle dem Staat Israel das Recht auf Selbstverteidigung und die Rückholung der Geiseln verweigern.

USA: Chefankläger des Strafgerichtshofs sollte Israel besuchen

Nach Angaben der US-Regierung sagte Khan einen geplanten Besuch in Israel kurz vor der Beantragung von Haftbefehlen gegen Netanjahu und Galant ab. Die Reise Khans nach Israel sei für die kommende Woche geplant gewesen, hieß es in einer Mitteilung von US-Außenminister Antony Blinken. Dabei sollte Khan mit der israelischen Regierung eigentlich noch über die Ermittlungen sprechen und auch ihre Sicht hören.

Die Mitarbeiter des Chefanklägers sollten demnach bereits am Montag in Israel landen, um den Besuch vorzubereiten. Dass sie nicht an Bord ihres Flugzeugs gegangen seien, habe die israelische Regierung erst erfahren, als die Anträge zu den Haftbefehlen im Fernsehen verkündet wurden. "Diese und andere Umstände stellen die Legitimität und Glaubwürdigkeit dieser Untersuchung infrage", heißt es in der Mitteilung.

Hafbefehl auch für Hamas-Anführer beantragt

Netanjahu und Galant wird unter anderem vorgeworfen, für das Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung sowie für willkürliche Tötungen und zielgerichtete Angriffe auf Zivilisten verantwortlich zu sein.

Khan hatte auch Haftbefehle gegen den Anführer der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, seinen Stellvertreter Mohammed Deif sowie den Hamas-Auslandschef Ismail Hanija beantragt.

Ob die beantragten internationalen Haftbefehle erlassen werden, müssen nun die Richter des IStGH entscheiden.

Frankreich stärkt Strafgerichtshof den Rücken

Indessen stärkte Frankreich dem IStGH den Rücken. "Frankreich unterstützt den Internationalen Strafgerichtshof, seine Unabhängigkeit und den Kampf gegen Straflosigkeit in allen Situationen", teilte das französische Außenministerium mit.

Frankreich habe die von der Hamas verübten antisemitischen Massaker von Anfang an verurteilt, hieß es in Paris. Was Israel angehe, poche Frankreich seit vielen Monaten auf die strikte Einhaltung des humanitären Völkerrechts und beklage insbesondere die Opfer unter der Zivilbevölkerung im Gazastreifen und den unzureichenden Zugang für Hilfslieferungen. "Frankreich setzt sich für die Suche nach einer dauerhaften politischen Lösung in der Region ein, die als einzige einen Friedenshorizont wiederherstellen und das Leiden sowohl der Israelis als auch der Palästinenser beenden kann", teilte das Ministerium mit.

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Quelle: t-online

"In Bezug auf Israel wird es Aufgabe der Vorverfahrenskammer des Gerichtshofs sein, über die Ausstellung dieser Haftbefehle zu entscheiden, nachdem sie die vom Ankläger zur Untermauerung seiner Anschuldigungen vorgebrachten Beweise geprüft hat, wobei sie den Grundsatz der Komplementarität und das mögliche Vorgehen israelischer Gerichte berücksichtigt", teilte das Pariser Außenministerium mit. Der Grundsatz der Komplementarität besagt, dass der Gerichtshof nur dann strafverfolgend tätig werden kann, wenn Staaten nicht willens oder nicht in der Lage sind, eine bestimmte schwere Straftat ernsthaft zu verfolgen.

Amal Clooney half Weltstrafgericht

Die prominente Menschenrechtsanwältin Amal Clooney hat den IStGH bei dessen Vorgehen gegen Israel und die Terrorvereinigung Hamas unterstützt. Chefankläger Khan habe sie vor mehr als vier Monaten gebeten, ihn zusammen mit einer Expertengruppe bei der Prüfung der Beweismittel zu unterstützen, teilte Clooney über die Clooney Foundation for Justice mit. Sie habe die Beweismittel zur Vorbereitung des Antrags auf Haftbefehle – unter anderem gegen Benjamin Netanjahu und Jihia al-Sinwar – mit weiteren Völker- und Strafrechtlern ausgiebig geprüft und rechtlich analysiert.

Die Clooney Foundation for Justice kämpft gegen Menschenrechtsverletzungen. Clooney hat die Stiftung zusammen mit ihrem Mann gegründet, dem Schauspieler George Clooney.

"Wir gehen einstimmig davon aus, dass der Ankläger gründlich, fair und auf Grundlage des Rechts und der Fakten gearbeitet hat", erklärte die Expertengruppe in einem Gastbeitrag für die "Financial Times". "Und wir gehen einstimmig davon aus, dass es hinreichende Gründe gibt für die Annahme, dass die von ihm bestimmten Verdächtigen im Zuständigkeitsbereich des IStGH Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben." Die Gruppe habe über Monate unter anderem Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten, Videos und Fotos gesichtet.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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