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Schnelles Mehrgängemenü: So schalten Doppelkupplungsgetriebe


Schnelles Mehrgängemenü
So schalten Doppelkupplungsgetriebe

Von dpa
02.03.2021Lesedauer: 5 Min.
Schalten lassen: Wer es beim Autofahren gern komfortabel hat, setzt meist auf eine Automatik - doch mittlerweile beherrschen die Systeme durchaus auch sehr sportliche Gangarten.Vergrößern des Bildes
Schalten lassen: Wer es beim Autofahren gern komfortabel hat, setzt meist auf eine Automatik - doch mittlerweile beherrschen die Systeme durchaus auch sehr sportliche Gangarten. (Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/dpa-tmn./dpa)
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Stuttgart/Wolfsburg (dpa/tmn) - Schnelle Gangwechsel, keine Zugkraftunterbrechung und maximaler Vorschub. Als vor rund 40 Jahren erstmals Doppelkupplungsgetriebe in Rennwagen zum Einsatz kamen, sorgte die Technik für schnellere Rundenzeiten.

Erste Anwendungen und Patente dazu gab es schon in den 1930er Jahren. Das Doppelkupplungsgetriebe (DKG) hat je nach Hersteller viele Produktnamen wie etwa Powershift, PDK oder DCT.

Doch es meint stets dasselbe: Es lässt sich wie eine Automatik ohne Kupplungspedal bedienen und arbeitet effizienter als ein Handschalter. Die heute umgangssprachlich auch gebräuchliche Bezeichnung DSG meint Direktschaltgetriebe - ein Produktname von VW. Doch wer wählt überhaupt ein solches automatisches Getriebe und wie unterscheidet es sich von einem normalen, der Wandlerautomatik.

Die Automatik macht das Autofahrerleben komfortabler

"Welches Getriebe Autofahrer wählen, entscheidet der Geldbeutel, ist aber auch eine Philosophiefrage", sagt Marcel Mühlich vom Auto Club Europa (ACE). Günstig, einfach aufgebaut und ausgereift seien manuelle Getriebe. "Sportliche Fahrer schätzen häufig die Schaltarbeit, obwohl DSG schneller die Gänge wechseln", sagt er.

Doch eine Automatik beschert Autofahrern mehr Komfort. Sowohl Doppelkupplung als auch die klassische Wandlerautomatik schalten automatisch - der Fahrer hat kein Kupplungspedal mehr. Oft lassen sich Gangwechsel aber zum Beispiel durch Schaltwippen oder am Wählhebel herbeiführen.

Zwei Typen sind besonders weit verbreitet

Ein DSG arbeitet mit zwei automatisch betätigten Kupplungen - eine zum Anfahren und zum Schalten der ungeraden, die zweite für die geraden Gänge. Somit legt das Getriebe den nächsthöheren oder niedrigeren Gang, je nachdem ob gerade beschleunigt oder verzögert wird, vorausschauend ein. "Also bereits bevor er benötigt wird", sagt Mühlich. Die beiden Kupplungen wechseln sich blitzschnell gegenseitig ab. So geht der Gangwechsel ohne Zugkraftunterbrechung sehr schnell.

Nachteile sieht er beim DSG im eventuellen Mehrgewicht und im Falle einer Reparatur in den höheren Kosten. "Eine Schwachstelle ist die elektronisch gesteuerte Mechanik für den Gangwechsel", sagt er. Auch kostet es zumeist bis 2500 Euro Aufpreis zum Schaltwagen. In der Vergangenheit machten zudem einige Modelle auch Probleme und gerieten damit in die Schlagzeilen, etwa das 7-Gang-DSG DQ200 mit Trockenkupplung von VW. Verbrauchsvorteile gegenüber modernen Automatik-Getriebe mit Wandlerautomatik sieht ACE-Experte Mühlich hingegen nicht. Automatikgetriebe mit acht oder neun Gängen arbeiten ebenso effizient. "Es ist die derzeit robusteste Technik zum Gangwechsel, kostet aber mehr", sagt er.

Viel Kraft und Drehmoment aus dem Drehzahlkeller

Bei einer klassischen Wandlerautomatik besteht beim Anfahren, Schalten und Halten keine durchgehende mechanische Verbindung zwischen Motor und Getriebe, erläutert Mühlich. Die Kraftübertragung übernimmt hier ein Öl. Eine zusätzliche Kupplung sorge nur dann für eine mechanische Verbindung, wenn gleichmäßig gefahren werde. Dies verhindere den sogenannten Schlupf. Das heißt, es geht keine Energie durch das Öl verloren. Dieser Drehmoment-Wandler sorgt auch für mehr Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen, somit auch beim Anfahren.

Wer oft schwere Anhänger zieht, dem rät Mühlich zum Automatikfahrzeug mit Wandlergetriebe. Ein DSG hätte hierbei durch die beim Anfahren schleifende Kupplung einen hohen Verschleiß, so der ACE-Mann.

Vom Motorsport in die Großserie

Andreas Felske verantwortet bei Volkswagen die Getriebeentwicklung innerhalb der technischen Entwicklung in Wolfsburg. Seit 2003 setzt VW das DSG in seinen Fahrzeugen ein, erstmals im Golf R32. "Die Idee fürs DSG war schon länger aus dem Motorsport bei Porsche bekannt und schlummerte in der Entwicklung für Großserienfahrzeuge", sagt Felske.

"Das Problem lag bis Anfang 2000 aber in dem hohen Rechneraufwand für die Steuerung." Erst als die Computer-Prozessoren schneller und günstiger wurden, konnte VW die Getriebe für den breiten Markt entwickeln. Die DSG-typischen schnellen Gangwechsel, die direkte Anbindung des Motors sowie das Anfahren über eine Reibkupplung kommen in Europa und auch China bei Kunden gut an. Nordamerikanische Autofahrer, die schon seit Jahrzehnten an Wandlerautomatiken mit anderer Gangwechsel- und Anfahr-Charakteristik gewöhnt sind, greifen nach wie vor eher zum Wandler. In Nordamerika findet man die DSG eher in sportlichen Fahrzeugen.

Mehr Gänge und weniger Reibung und mehr Elektronik

Michael Drabek vom Getriebehersteller ZF sieht den Vorteil von Doppelkupplungsgetrieben ebenso in schnellem Gangwechsel, komfortablem Verhalten und effizienzorientierten Innovationen. Seit 2003 entwickelt ZF Doppelkupplungsgetriebe, nennt es DT. "Doppelkupplungsgetriebe spielen in sportlich ausgelegten Fahrzeugen ihre Vorteile aus. Kombiniert mit herausragender Effizienz, maximalem Komfort und hybridisierbar sind sie gegenüber dem Handschalter im Vorteil", erklärt Michael Drabek.

In den vergangenen Jahren entwickelten Hersteller die Getriebe weiter. So erhöhte VW die Anzahl der Gänge von anfangs sechs auf heute sieben Gänge, reduzierte die Reibung innerhalb des Getriebes, optimierte die elektronische Steuerung und senkte weiter den Verbrauch. Die gesteigerte Rechenleistung heutiger Chips kommt dabei insbesondere auch der Schaltqualität zu Gute. "Moderne DSG schalten heute sehr komfortabel und auf Wunsch sportlich. Außerdem lassen sie sich gut zu Hybrid-Antrieben erweitern", sagt VW-Entwickler Felske.

Professor Karsten Stahl war schon vor 17 Jahren bei einer Probefahrt mit dem ersten Serienauto mit DSG begeistert. "Beim VW Golf R32 mit DSG lagen die Schaltzeiten im Bereich von Millisekunden. Für ein Seriengetriebe damals waren das sensationelle Werte", sagt der Leiter der Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau (FZG) an der Technischen Universität München (TUM). Dazu eignet sich ein DSG wegen seiner Bauform besonders gut für Autos mit quer eingebauten Frontmotoren mit Frontantrieb.

Manchmal gönnt sich die Doppelkupplung eine "Gedenksekunde"

Bis heute habe sich das nicht wesentlich geändert, ebenso wie die Nachteile einer Doppelkupplung. "Beim DSG sind die Schaltzeiten so gering, da der nächste erwartete Gang bereits voreingelegt ist und nur aktiviert werden muss", sagt Professor Stahl. "Anders ist dies bei hektischen Fahrmanövern: Hier können die Schaltzeiten relativ hoch sein, wenn das DSG einen anderen Gang vorwählen muss." Das macht sich für den Autofahrer bei für die Getriebesteuerung nicht vorhersehbaren Fahrmanövern durch eine "Gedenksekunde" bemerkbar.

Die Schlepp- und Reibungsverluste lägen beim DSG ähnlich niedrig wie bei einem manuellen Getriebe. Da die in der Steuerung der Getriebe hinterlegte Schaltstrategie jedoch dafür sorge, dass immer der optimale Gang einlegt ist, verbrauche ein Auto mit DSG in der Regel weniger Kraftstoff als eines mit manuellem Getriebe. Theoretisch schaltet ein Automatikgetriebe mit Wandler etwas langsamer als ein DSG, durch entsprechende Parametrierung lässt sich aber erreichen, dass es sich genau wie ein DSG anfühlt.

Bei der Ganganzahl hält Professor Stahl sieben bis acht Gänge für technisch sinnvoll: "Bei mehr als sieben Gängen ist der Zusatznutzen sehr begrenzt. Mehr Gänge sorgen zwar für noch mehr Sportlichkeit, verursachen durch das häufigere Schalten aber auch höhere Energieverluste." Bei den Rennwagen vor rund 40 Jahren war das egal - heute zählt aber Effizienz zu den wichtigsten Entwicklungszielen.

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