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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Unter 10.000 Euro Ausgeprägte Reife: Der Kia Picanto im Test
Kleinstwagen der Unter-10.000-Euro-Liga waren lange Jahre rollende Armutszeugnisse. Diese Zeiten sind vorbei, wie der Kia Picanto zeigt. Ein Testbericht von Holger Holzer (Agentur SP-X).
Zu den Kernkompetenzen des koreanischen Autoherstellers Kia zählt mittlerweile das Erzeugen von Qualitätseindrücken. Das klappt auch beim Einstiegsmodell Picanto ganz hervorragend: Die dritte Generation des Kleinstwagen kostet im besten Fall weiterhin gerade einmal knapp 10.000 Euro, wirkt aber längst nicht mehr wie ein eine automobile Verzichtserklärung.
Der Kia Picanto ist klein, aber ganz schön erwachsen
Schon beim ersten Kontakt fällt der erwachsene Eindruck auf, den der kleinste Kia vermittelt. Kein Kindchenschema an der Karosseriefront, kein bunter Accessoire-Schnickschnack im Innenraum: Der Picanto ist sachlich statt verspielt, ernsthaft statt niedlich.
Er wirkt wie seine deutlich längeren Markenbrüder Kia Rio oder Ceed – nur eben ein bis zwei Nummern kleiner. Die Nüchternheit wirkt dabei allerdings nie gelangweilt oder gar billig. Wer will, kann durch das Beklopfen der vielen harten Kunststoffoberflächen natürlich herausfinden, dass der Preisdruck auch bei diesem Kleinstwagen auf die Materialauswahl durchschlägt.
Augenfällig ist die produktionstechnische Sparsamkeit jedoch an keiner Stelle. Eine schicke Zierleiste über die halbe Cockpitbreite, der angenehm hoch montierte, serienmäßige Touchscreen oder die großen vertikalen Lufteinlassdüsen, die die Spalten zwischen Türen und Armaturenbrett tarnen, lassen fast vergessen, dass es sich hier um einen Kleinstwagen handelt. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang außerdem die für diese Klasse überdurchschnittlich guten Sitze.
Wenden mit einem lockeren Lenkradschwung
Dass es sich trotz allem immer noch um ein maximal kleines Stadtauto handelt, wird allerdings spätestens klar, wenn man die Kofferraumklappe öffnet. Das winzige Abteil dahinter bietet gerade mal Platz für zwei Wasserkästen, die zudem über eine recht hohe Ladekante gewuchtet und unter der Hutablage durchgefädelt werden müssen.
Auf der für drei Personen konstruierten Fondbank des Fünftürers sitzt man schon zu zweit eng. Und vorne muss man bereits bei leichtem Sitzverstellen Rücksicht auf die Knie der Hintermänner nehmen. Aber so ist das eben in einem Kleinstwagen. Und der Picanto zählt sicher nicht zu den besonders engen Vertretern dieser Klasse.
Welche Vorteile 3,60 Meter Grundlänge haben können, wird allerdings beim Fahren in der Stadt schnell klar. Wo andere mit drei oder mehr Zügen wenden müssen, absolviert der Kia die Übung mit einem lockeren Lenkradschwung. Und wo schon durchschnittliche Kompaktautos nicht mehr parken können, zirkelt er entspannt in die engste Lücke. Zumindest, wenn Parkpiepser oder die Rückfahrkamera an Bord sind, denn mit der Übersichtlichkeit nach hinten ist es in dem Koreaner nicht zum Besten bestellt.
Stadtverkehrauto, auch bei schlechten Straßenverhältnissen
Der 1,0-Liter-Motor mit 49 kW/67 PS reißt keine Bäume aus, reicht aber für den Stadtverkehr locker aus. Wer viel über Land oder auf der Autobahn fährt, muss den Dreizylinder jedoch auf hoher Drehzahl halten, um einigermaßen voranzukommen. Dann zeigt das recht laute Motorengeräusch auch an, dass der Kleinstwagen nicht dauerhaft für Geschwindigkeiten jenseits des Tempos 100 gemacht ist.
Trotz der mäßigen Kraftentfaltung ist der Motor kein Verbrauchswunder: 5,5 Liter Super fließen auf 100 Kilometern auch bei gleichmäßiger Fahrweise aus dem Tank. Das Fahrwerk schlägt sich derweil ordentlich: Trotz der recht agilen Abstimmung und des kurzen Radstands bietet es ausreichend Restkomfort, um auch bei schlechteren Straßenverhältnissen nicht zu nerven.
Ausgewogene Eigenschaften zu kleinem Preis
In der Summe seiner Eigenschaften muss sich der Picanto vor keinem Konkurrenten in der kleinsten Klasse verstecken: Selbst mit vielen Kleinwagen kann er dank seiner ausgeprägten Reife mithalten – abgesehen natürlich vom Platzangebot. Wer allein oder zu zweit vor allem in der Stadt unterwegs ist, braucht nicht mehr Auto.
Verlocken will der Kia aber nicht nur mit seinen ausgewogenen Eigenschaften, sondern auch mit seinem niedrigen Preis. Das Basismodell für 9.990 Euro („Attract“) ist zwar eher Lockangebot als attraktive Offerte, für 11.500 Euro gibt es aber schon ein ordentlich bestücktes Modell („Edition 7“), das in der nächsthöheren Variante für 12.700 Euro („Dream-Team Edition“) auch noch schick aussieht.
Bedauerlich ist allenfalls, dass es viele Ausstattungsdetails nur in Paketen und nur für bestimmte Grundmodelle gibt, was Sonderwünsche sehr teuer machen kann. Im Ausgleich gewährt der Hersteller die übliche sieben Jahre Garantie.
Quelle:
- SpotPressServices