BGH-Urteil Diese Verkehrsregel gilt nicht zwangsläufig auf Parkplätzen
Auf Parkplätzen gilt die Straßenverkehrsordnung – darauf weisen Hinweisschilder immer wieder hin. Der Bundesgerichtshof sieht das bei einer Verkehrsregel aber anders.
Auf Parkplätzen ohne extra Vorfahrtsregelung gilt üblicherweise kein "rechts vor links". Das ist jetzt erstmals höchstrichterlich geklärt. Es sei der Sicherheit dienlicher, wenn die Autofahrer aufeinander Rücksicht nehmen und sich jeweils über die Vorfahrt verständigen müssten, entschied der Bundesgerichtshof (BGH).
Die Gerichte der unteren Instanzen hatten bei der Frage bisher unterschiedliche Ansichten vertreten. Das Urteil aus dem November wurde am gestrigen Mittwoch in Karlsruhe veröffentlicht.
Fahrspur mit "eindeutigem Straßencharakter"
In dem Fall aus Lübeck hatten zwei Autofahrer auf einem Baumarkt-Parkplatz einen Unfall gebaut, weil sie sich wegen eines parkenden Sattelzugs nicht rechtzeitig gesehen hatten. Der Kläger kam von rechts und meinte, dass er deshalb nicht für den Schaden hafte.
Laut BGH gilt auf Parkplätzen jedoch nur in Ausnahmefällen "rechts vor links" – nämlich wenn die Fahrspuren "eindeutigen Straßencharakter" haben. Das komme nur bei Fahrbahnen in Betracht, die erkennbar "in erster Linie der Zu- und Abfahrt und damit dem fließenden Verkehr dienen".
Typischerweise seien die Flächen aber vor allem zum Rangieren und zum Be- und Entladen da, es seien auch Fußgänger unterwegs – was dem Urteil zufolge "einer zügigen Fahrweise entgegensteht". Strenge Vorfahrtsregeln seien hier nicht erforderlich.
Auf Großraumparkplätzen sollten Fahrer in der Regel nur langsam fahren und jederzeit bremsbereit sein, da die Verkehrsverhältnisse insbesondere zu aufkommensreichen Zeiten sehr schnell unübersichtlich werden können.
Eingeschliffene Regel gilt auf Parkplätzen nicht
Einer der beiden Unfallbeteiligten klagte gegen die Haftpflichtversicherung des anderen, die für ihre Zahlung eine Haftungsquote von 50 Prozent zugrunde legte. Vor dem Amtsgericht Lübeck hatte er teilweise Erfolg. Dieses setzte die Haftungsquote auf 70 Prozent fest.
Mehr sprach ihm das Landgericht Lübeck in der Berufung nicht zu. Die beiden Fahrer vom Baumarkt-Parkplatz müssen sich den Schaden nun zu 30 und 70 Prozent teilen. Beide waren an der unübersichtlichen Stelle zu flott unterwegs, der eine aber schneller als der andere. Er muss deshalb mehr bezahlen.
Dem Argument, dass er von links gekommen sei und darum Vorfahrt habe gewähren müssen, folgte es dagegen nicht. Die Rechts-vor-links-Regel könne hier nicht direkt angewandt werden. Sie gelte nur bei der Kreuzung von zwei Straßen. An dieser Entscheidung hatte der BGH nichts auszusetzen.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa