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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Pro und Contra Hotelsterne "Wir wollten die Sterne ehrlicherweise nicht"
Mitte Juli erhob das ZDF schwere Vorwürfe gegen das System der deutschen Hotelsterne. Dabei entscheidet jeder Hotelier selbst, ob er sein Haus klassifizieren lässt. Wir haben mit zwei Betreibern deutscher Luxushotels gesprochen - eines ohne Sternewertung, eines mit - und sie nach den Gründen für ihre Entscheidung gefragt.
Oliver Schmidt betreibt mit seiner Frau das "The Grand Ahrenshoop" an der Ostseeküste. Das Haus gehört zur gehobenen Kategorie, hat aber keine Sterne. Dass der Hotelier auf Hotelsterne verzichtet, war von Beginn an eine bewusste Entscheidung. Gegenüber t-online.de erklärt er die Beweggründe.
t-online.de: Sie haben bei Ihrem Hotel von Anfang an auf eine Hotelsterne-Klassifizierung verzichtet. Was war der Grund?
Schmidt: Wir wollen auch so hohen Service bieten. Eine formelle Einstufung nach Sternen haben wir nicht.
Obendrein ergeben sich durch die Klassifizierung ein paar Einschränkungen, die das Leben in der Fünf-Sterne-Hotellerie nicht einfacher machen. Einige Unternehmen etwa dürfen in diesen Hotels keine Veranstaltungen buchen, weil das deren Code of Conduct nicht zulässt.
Die zweite Sache ist, dass mir der Katalog der Dehoga (Anm. d. Red.: Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) nicht ganz einleuchtend war. Ich war der Meinung, dass wir Service und Ausstattung machen, von denen wir meinen, dass es fünf Sterne sind. Und sich nicht nach einem Fragen- und Punkte-Katalog zu richten, wo man etwa Punkte für einen Hocker im Bad bekommt.
Da drängt sich ja fast der Verdacht auf, dass Ihr Hotel gar keinen Fünf-Sterne-Status bekommen hätte?
Doch, wir hätten die geforderten Punktzahlen mehr als erreicht. Wir waren damals mit der Dehoga im Gespräch, die uns baten, es zumindest zu probieren. Wir hatten auch Direktoren im Haus, die das auch wollten, vielleicht, weil es für den eigenen Lebenslauf etwas besser ist. Das war für uns aber nicht so wichtig.
Auch alle Mindestanforderungen an ein Fünf-Sterne-Hotel wie etwa Turndown-Service* oder Mystery-Guesting** wäre erfüllt gewesen?
Ja, aber selbst wenn. Das Beispiel Turndown-Service zeigt gut die Grenzen der Klassifizierung: Wir hatten das zu der Zeit, allerdings ist die Frage, ob wir das immer brauchen und ob das überhaupt noch zeitgemäß ist. Das war eine Entscheidung. Wir haben gesagt, wir brauchen sie (Anm. d. Red.: die Sterne) nicht und wir wollen sie ehrlicherweise auch nicht.
Zur Erklärung:
* Beim Turndown-Service wird das Gästezimmer für die Nachtruhe vorbereitet, also etwa das Bett aufgeschlagen und der Pyjama bereitgelegt. Der Service ist in vielen Luxushotels Standard.
** Mystery-Guesting bezeichnet in der Hotellerie eine regelmäßige Kontrolle durch unangemeldete, anonyme Gäste.
Sehen Sie im momentanen Sternesystem eher ungünstige Einschränkungen für Hoteliers, als dass es zu einer Vergleichbarkeit führt?
Ich denke, es kann in vielerlei Hinsicht einschränken. Ich finde es nicht gut, wenn man Erwartungen von vornherein darauf projiziert, egal ob nach oben oder nach unten. Ich möchte zufriedene Gäste und kein Label, was Dinge vorgibt und eventuell Grenzen setzt.
Ich glaube aber auch, dass das Sterne-System in Deutschland funktioniert. Wenn Sie sich etwa anschauen, was ist ein Fünf-Sterne-Haus in Südeuropa oder was ist ein Fünf-Sterne-Haus in Deutschland wert - beziehungsweise was erwarte ich dort. Das funktioniert in Deutschland, glaube ich, sehr gut. Damit ist schon eine Klassifizierung geschaffen worden, die einigermaßen ihren Sinn erfüllt.
Hätten Sie denn Verbesserungsvorschläge?
Ich glaube, was es ehrlicherweise nicht gibt, ist eine echte Kontrolle. Ich würde mir wünschen, dass man nicht nur einen Katalog ausfüllt und jemand ein Schild an der Tür anbringt, sondern dass eine permanente Kontrolle existiert und die Hoteliers Feedback erhalten.
Christian Andresencoremedia:///cap/blob/content/78575106#data ist Geschäftsführer des "The Mandala" in Berlin in der Nähe des Potsdamer Platzes. Das privat geführte Hotel ist von der Dehoga in der höchsten Kategorie "Fünf Sterne Superior" eingruppiert. Für ihn ist die Klassifizierung wichtig, um dem Gast objektive Vergleichsmöglichkeiten zu geben.
t-online.de: Ihr Hotel hat von Anfang an eine Dehoga-Klassifizierung. Was ist der Grund für Ihre Entscheidung?
Andresen: Anhand eines objektiven Kriterienkataloges wird die Qualität des Betriebes überprüft. Das bietet Sicherheit für uns und auch für den Kunden. Über 40 Prozent aller Hotels sind in Deutschland klassifiziert.
Leider werben inzwischen viele Buchungskanäle mit Sternen, die auf der Selbsteinschätzung von Hoteliers basieren. Kriterien oder Standards gibt es für diese Bewertungen oft nicht. Für die Kunden ist dies irreführend.
Ein Argument gegen die Sterne ist, dass die Hotels in den eigenen Entscheidungen nicht so frei sind. So bekommt man zum Beispiel eine Klassifizierung nicht, wenn eine bestimmte Mindestanforderung nicht erfüllt wird. Können Sie diese Kritik nachvollziehen?
Das System wird permanent überarbeitet. Die Kriterien werden alle 4/5 Jahre von einer Fachjury aktualisiert - mittlerweile nehmen ja auch viele Europäische Länder an dem System Teil. Es gibt "Muss-" und "Kann-"Kriterien, die mit Punkten bewertet werden. Ab einer bestimmten Punktezahl erhält man die jeweiligen Sterne. Hier kann es seitens der Hotellerie keine eigenen Entscheidungen geben - ansonsten hätte das System gar keine Wertigkeit.
Ein weiterer Kritikpunkt am Sterne-System ist, dass es neben der dreijährigen Erneuerung relativ wenig Kontrollen gibt. Empfinden Sie das auch so?
Auf Grund der aktuellen Berichterstattung ist es sicherlich zu überdenken, dass seitens der Klassifizierungskommissionen Zwischenkontrollen stattfinden. Speziell bei wiederholten Reklamationen von Hotelgästen.
Welche Schwächen sehen Sie in dem System oder welche Verbesserungsvorschläge hätten Sie?
Das vom ZDF ermittelte Ausmaß illegitimer Sternewerbung scheint deutschlandweit erheblich zu sein. Vor diesem Hintergrund müssen die Eigenrecherchen in den einzelnen Bundesländern intensiviert werden. Hotels, die unberechtigt mit Sternen werben, müssen konsequent abgemahnt werden.
Die bekannt gewordenen Kritikpunkte zur Kriterien-Anwendung in den Einzelfällen müssen von den Klassifizierungsgesellschaften geklärt werden.
Grundsätzlich muss man sagen: Die Klassifizierungsgesellschaften müssen Ihre Maßnahmen zur Qualitätssicherung stetig überprüfen und weiterentwickeln sowie konsequent umsetzen
Die Dehoga-Klassifizierung ist in Deutschland freiwillig. Würden Sie denn dafür plädieren, dass es ähnlich wie in anderen Ländern eine Pflicht zur Klassifizierung gibt?
So weit würde ich nicht gehen. Als Unternehmer habe ich ein Problem mit zu vielen Vorschriften. Wenn ein Betrieb sich nicht klassifizieren lassen möchte, ist dies zu akzeptieren.