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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Deutsche Geschichte Stolpersteine und ihre Bedeutung – Erinnerung an dunkle Zeiten

Ein Blick nach unten – und plötzlich wird Geschichte greifbar. Stolpersteine erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus. Mehr dazu in diesem Artikel.
Sie sind Mahnmale der Erinnerung und bringen die Geschichte Verfolgter zurück in den Alltag. Jeder Stolperstein steht für einen Menschen, der einst hier lebte und durch das Unrechtssystem der Nationalsozialisten entrechtet, vertrieben oder ermordet wurde.
Doch wer waren diese Menschen, deren Namen im Pflaster verankert sind? Und wer setzt diese besonderen Gedenksteine, die uns zum Innehalten und Erinnern auffordern?
Stolpersteine erinnern an Opfer des NS-Regimes
Der Kölner Künstler Gunter Demnig wollte verhindern, dass die Opfer des Nationalsozialismus in Vergessenheit geraten. Viele Menschen waren während des NS-Regimes aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder politischen Einstellung verfolgt und ermordet worden. Dort, wo sich die letzten frei gewählten Wohnorte der Verfolgten befanden, lässt Gunter Demnig seine Steine ein.
Wie werden Stolpersteine hergestellt?
Jeder Stolperstein ist ein handgefertigtes Mahnmal: Mit Hammer und Schlagbuchstaben graviert Gunter Demnig den Namen, das Geburtsdatum und das Schicksal des Menschen in eine quadratische Messingplatte, die auf einen Betonstein gesetzt wird.
Während die Nazis die Opfer in den Konzentrationslagern zu bloßen Nummern degradierten, geben die Stolpersteine ihnen ihre Namen zurück – sichtbar eingelassen in den Boden, an den Orten, an denen sie einst lebten. Die Fertigung von Hand ist ein Zeichen gegen die industriell organisierte Ermordung der Opfer des Nationalsozialismus.
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Wo wurde der erste Gedenkstein verlegt?
Am 16. Dezember 1992 setzte Demnig das erste Zeichen. Er erinnerte mit einem Gedenkstein an den Erlass des Oberkommandierenden der SS, Heinrich Himmler, sämtliche Sinti und Roma in das Konzentrationslager Auschwitz zu deportieren. Dieser erste Stolperstein wurde am Historischen Rathaus in Köln verlegt.
Ihm folgten bis heute über 100.000 weitere Steine. Sie sind in Deutschland und in weiteren europäischen Ländern zu finden, in denen das NS-Regime seine Verbrechen beging. Es handelt sich damit um ein einzigartiges Kunstprojekt, das als größtes dezentrales Mahnmal der Welt gilt.
Welche Resonanz gibt es zu den Gedenksteinen?
Demnigs Gedenksteine stoßen vielerorts auf große Zustimmung. Sie machen Erinnerung sichtbar, holen die Namen der Opfer zurück in den Alltag und schaffen eine persönliche Verbindung zur Geschichte. Die Verlegung wird oft von Nachfahren der Opfer initiiert. Das zeigt, dass viele Nachfahren diese Art der Erinnerung schätzen.
Dennoch gibt es auch kritische Stimmen. So äußerte Charlotte Knobloch, Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in München, Bedenken, dass auf den Gedenksteinen "mit Füßen herumgetrampelt" werde – eine Form der Erinnerung, die sie als würdelos empfindet.
Trotz dieser Kritik überwiegt die Anerkennung für Demnigs Werk, das in zahlreichen Städten als wichtiger Bestandteil der Erinnerungskultur geschätzt wird. Engagierte Anwohner haben vielerorts "Putzpatenschaften" gebildet, um den betroffenen Gedenksteinen zum gewohnten Glanz zu verhelfen.
Angriff auf das Gedenken durch Rechtsextreme
Stolpersteine sind immer wieder Ziel rechtsextremer Angriffe. Sie werden beschmiert, gestohlen oder zerstört – ein bewusster Versuch, das Gedenken an die Opfer des NS-Regimes aus dem Stadtbild zu tilgen.
Diese Taten verhöhnen die Verfolgten ein weiteres Mal, indem ihre Namen erneut ausgelöscht werden. Doch vielerorts gibt es entschlossene Reaktionen: Städte und Initiativen ersetzen beschädigte Steine, organisieren Reinigungsaktionen und setzen damit ein klares Zeichen gegen das Vergessen.
- stolpersteine.eu: Häufige Fragen | Stolpersteine
- Bundeszentrale für politische Bildung.de: Die Erinnerung in den Alltag holen