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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Geschichtskunde Welche ist die älteste Stadt Deutschlands?

Die Debatte um Deutschlands älteste Stadt ist facettenreich. Denn je nach Kriterien der Altersbestimmung, fällt die Wahl anders aus.
Die Frage nach der ältesten Stadt Deutschlands lässt sich nicht so einfach beantworten. Je nach Kriterium – ob schriftliche Erwähnung, Siedlungskontinuität oder römische Stadtgründung – beanspruchen gleich mehrere Städte diesen Titel für sich. Wir stellen sie genauer vor.
Steinerne Zeugen: Kemptens antike Wurzeln
Kempten im Allgäu trägt den Titel der ältesten schriftlich erwähnten Stadt Deutschlands. Der griechische Geograph Strabon nannte um 18 n. Chr. die "polis" der Estionen, eines keltischen Stammes, der hier siedelte. Die römische Siedlung Cambodunum entstand jedoch bereits 15 v. Chr. nach dem Alpenfeldzug und entwickelte sich rasch zu einem blühenden Handelszentrum.
Archäologische Funde wie Münzen und Keramik belegen, dass die Stadt unter Kaiser Augustus bereits florierte – noch vor Strabons Erwähnung. Fachwerkhäuser prägten das Bild, und Gräberfunde verraten, dass viele der ersten Bewohner aus Italien stammten. Kemptens strategische Lage am Kreuzungspunkt römischer Fernstraßen und nahe der Iller, über die Schiffe die Stadt erreichten, machten es zu einem Schlüsselort.
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Trier: Wo die Römerbrücke Geschichte schrieb
Trier an der Mosel kontert mit einem anderen Argument: Als älteste durchgängig bestehende Römerstadt Deutschlands reicht ihre Gründung bis 17 v. Chr. zurück. Analysen der Holzpfähle der Römerbrücke belegen dieses exakte Datum. Unter dem Namen Augusta Treverorum wurde die Stadt zur Kaiserresidenz und späteren Hauptstadt des Weströmischen Reichs.
Das UNESCO-Welterbe mit Porta Nigra, Kaiserthermen und Konstantinbasilika zeugt von Triers Glanzzeit. Anders als Kempten, das nach der Römerzeit zunächst verfiel, blieb Trier als urbanes Zentrum erhalten.
Worms: Vom keltischen Namen zur Reformationsbühne
Worms in Rheinland-Pfalz gehört mit dem keltischen Namen Borbetomagus und Siedlungsspuren aus der Jungsteinzeit ebenfalls zu den ältesten Städten. Zwar fehlt der schriftliche "Gründungsakt", doch die Kontinuität als Kultort – vom keltischen Heiligtum über den römischen Tempel bis zum imposanten Dom – ist einzigartig.
Die Stadt am Rhein wurde durch den Reichstag zu Worms (1521) weltberühmt, als Luther hier seinen Standpunkt verteidigte. Doch im Rennen um den Titel der ältesten Stadt fehlt der eindeutige Beleg einer römischen Stadtrechtsverleihung.
Archäologie versus Schriftquellen: Die Frage nach dem Titel
Letztlich entscheidet die Definition: Kempten führt bei der ersten urkundlichen Nennung, Trier bei der ununterbrochenen Stadtgeschichte, Worms bei der Siedlungstradition. Augsburg wurde 15 v. Chr. als Militärlager gegründet – allerdings ohne frühe Stadtrechte.
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