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Rizinus oder Wunderbaum: Das sind die Symptome bei Rizin-Vergiftung


Aus den Samen des Wunderbaums
Tödliches Rizin: Der Bruchteil eines Milligramms genügt

Von t-online, jb

Aktualisiert am 17.04.2025Lesedauer: 4 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:250417-911-005257Vergrößern des Bildes
Ein Feuerwehrmann im Schutzanzug sucht nach Rizin: Der Stoff aus den Samen des Wunderbaums ist hochgefährlich. (Quelle: Daniel Wagner/dpa)
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Er wächst schnell, sieht exotisch aus und wird oft als Zierpflanze verwendet. Doch wer den Wunderbaum im Garten hat, sollte seine Samen besser nicht unterschätzen.

Rizinus (Ricinus communis), auch Wunderbaum oder Christuspalme genannt, ist eine traditionsreiche Pflanze mit einem zweischneidigen Ruf. Während das aus den Samen gewonnene Rizinusöl abführend wirkt und somit als bewährtes Hausmittel gegen Verstopfung gilt und für Kosmetik – etwa bei der Haarpflege – genutzt wird, ist der rohe Samen hochgiftig. Grund dafür ist das Lektin Rizin. Es gilt als gefährlichstes Eiweiß (Endosperm) der Natur. Schon kleine Mengen können tödlich sein.

Heilsames Öl, giftiger Ursprung

Ursprünglich wurde Rizinus vor über 4.000 Jahren in Ägypten als Ölpflanze genutzt. Dabei wurden die Samen des Wunderbaums gepresst und so Rizinusöl gewonnen. Bei diesem Vorgang wurde schon immer das enthaltene Rizin entfernt (entweder durch Extraktion oder Erhitzen), sodass das Öl medizinisch und kosmetisch gefahrlos einsetzbar ist.

Werden die Samen hingegen nicht behandelt, bleiben sie roh und sind hochtoxisch. Bereits 0,25 Milligramm Rizin können für einen Erwachsenen tödlich wirken. Der Grund: Die Substanz blockiert die Zellteilung, was zu Organversagen führen kann. Deshalb sollte der Anbau im eigenen Garten gut überlegt sein – vor allem in Haushalten mit kleinen Kindern oder Haustieren. Pro Samen liegt der Gehalt des giftigen Proteins zwischen 1 und 5 Prozent.

Wichtig

Rizin ist offiziell als potenzieller biologischer Kampfstoff eingestuft. Das bedeutet, dass der Kontakt mit sehr geringen Mengen tödlich sein kann. Experten warnen zudem: "Eine inhalative Aufnahme von Rizin als Aerosol ist vorstellbar." (wie beispielsweise in einem Fall in Sachsen.)
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erklärt zudem, dass Personen, die mit chemischen Kampfstoffen in Kontakt gekommen sind, Schmuck, Uhren, Brillen, Kontaktlinsen etc. ablegen sollten. Kleidung sollte nicht über den Kopf gezogen werden – notfalls muss sie zerschnitten werden. Die kontaminierte Kleidung sollte in einem Plastikbeutel luftdicht verschlossen werden. Personen, die dem Betroffenen helfen, sollten das nur mit entsprechender Schutzausrüstung (etwa Einweghandschuhe).

Symptome einer Vergiftung

Besonders tückisch ist, dass die Samen des Wunderbaums interessant aussehen und gut schmecken. So sind besonders Kinder gefährdet, wenn sie die Früchte und die darin enthaltenen Samen des Wolfsmilchgewächses verzehren: Bereits ein zerkauter Samen kann schwerwiegende Folgen haben. Die Symptome einer Vergiftung zeigen sich manchmal erst mehrere Stunden oder Tage nach dem Verzehr.

Anzeichen für eine Vergiftung können sein:

  • Blässe und allgemeines Unwohlsein
  • Fieber
  • Zittern
  • Schwindel
  • Magen-Darm-Beschwerden (Durchfall, Übelkeit und Erbrechen – Gastroenteritis)
  • Bewusstseinsverminderung
  • Krampfanfälle
  • Herzrhythmusstörungen

Als tödlich gelten zwischen 5 und 6 Samen für Kinder und zwischen 10 und 20 Samen bei Erwachsenen.

Reines Rizin ist hochgiftig

Wenn Rizin geschluckt wird, gelangt nur ein kleiner Teil tatsächlich in den Blutkreislauf. Dennoch treten bereits nach zwei bis 24 Stunden Symptome auf. Und je nach Menge kann es ebenfalls zum Tod führen.

Gefährlicher wird es hingegen noch, wenn Rizin als feiner Nebel (Aerosol) eingeatmet wird. Dann treten innerhalb kurzer Zeit Atemprobleme auf. In der Lunge bildet sich ein giftiges Ödem – eine schwere Flüssigkeitsansammlung – und ein akutes Atemnotsyndrom (ARDS). In solchen Fällen endet die Vergiftung meist mit dem Ersticken.

Ebenso gefährlich ist es, wenn das Gift direkt in den Körper gespritzt wird – dann reicht eine tausendfach kleinere Menge aus, um tödlich zu sein.

Rizin kann aber auch über die Haut aufgenommen werden. Das ist besonders dann gefährlich, wenn Schmuckketten aus durchbohrten Rizinussamen getragen werden – denn so kann das Gift direkt in den Körper gelangen, vor allem bei kleinen Hautverletzungen.

Wenn eine Person eine nicht tödliche Menge Rizin aufgenommen hat, wird der Stoff in der Regel innerhalb von 24 Stunden über den Urin wieder ausgeschieden.

Symptome einer Rizinvergiftung bei Haus- und Nutztieren

Nicht nur Menschen sind betroffen: Auch Haus- und Nutztiere können durch Rizinus vergiftet werden. Erste Anzeichen einer Vergiftung bei Tieren sind:

  • übermäßiger Speichelfluss
  • stark ausgeprägter Durchfall
  • unkontrolliertes Muskelzucken

Die Aufnahme erfolgt dabei nicht immer durch das Verzehren der Samen. Denn die Samen des Wunderbaums werden oftmals auch für die Herstellung von Düngemitteln verwendet. So werden teilweise Hornspäne mit Rizin, dem Giftstoff des Rizinus, behandelt. Vergraben die Tiere die Hornspäne oder verschlucken sie, kann es entsprechend zu einer Vergiftung kommen.

Sowohl bei einer Vergiftung Ihres Kindes als auch bei einer Vergiftung Ihres Tieres sollten Sie einen Arzt beziehungsweise Tierarzt aufsuchen. Denn das Gift muss entfernt und gegebenenfalls eine symptomatische Therapie durchgeführt werden.

Rizin im Körper – nachweisbar, aber nicht lange

Nach einer Aufnahme über den Verdauungstrakt oder die Haut kann Rizin im Körper bis zu 48 Stunden lang nachgewiesen werden. Danach wird der Stoff durch Stoffwechselvorgänge und Ausscheidung zunehmend abgebaut und ist daher immer schwerer nachweisbar.

Eine sichere Diagnose für eine Rizinvergiftung ist daher zeitkritisch. Bei einem begründeten Verdacht sollte daher unverzüglich ein Arzt aufgesucht und ärztlicher Rat eingeholt werden. Auch Tiere sollten schnellstmöglich ärztlich untersucht werden.

Rizin: Gibt es ein Gegenmittel?

Nein. Aktuell ist kein spezifisches Gegenmittel für Rizin bekannt. Bei einer Vergiftung erfolgt die Behandlung symptomatisch, etwa durch Magenspülung, Infusionen und Überwachung der Organfunktionen.

Laut Fachliteratur enden unbehandelte Vergiftungen in etwa acht Prozent der Fälle tödlich, mit Behandlung liegt die Sterblichkeitsrate bei unter ein Prozent.

Rizinus im Garten: Was ist erlaubt?

Die Pflanze bildet große, dekorative Blätter und auffällige, leuchtende Samenkapseln. In jeder dieser Kapseln befindet sich ein etwa zwölf Millimeter großer Samen – der dann das Gift Rizin enthält.

In Deutschland ist der Anbau der Bäume und somit auch der Samen nicht verboten. Es besteht auch keine Meldepflicht. Wer die Pflanze im Garten besitzt, sollte jedoch einen Sicherheitsabstand von mindestens einem Meter zu anderen Pflanzen einhalten. Innerhalb dieses Umkreises sollten keine weiteren Pflanzen – vor allem essbare Gewächse – gesetzt und auch keine Liege- oder anderweitigen Aufenthaltsflächen eingeplant werden. Wichtig ist zudem, Kinder und Tiere von der Pflanze fernzuhalten – beispielsweise mithilfe eines Zauns.

Im Spätsommer, wenn die Samen reifen, sollten diese schnellstmöglich aufgesammelt oder abgeerntet werden. Das verhindert einen möglichen Kontakt Unbedarfter und somit eine Vergiftung.

Wer die Samen zur Vermehrung der Pflanze nutzen möchte, sollte sie anschließend trocknen und kühl lagern. Ist die Vermehrung der Staude nicht erwünscht, sollten die Samen im Restmüll entsorgt werden. Würde sie in der Biotonne entsorgt werden, könnten die Giftstoffe bei der Kompostieranlage in den Humus gelangen und später zum Beispiel von Gemüsepflanzen aufgenommen werden. Auch wenn die Gefahr sehr gering ist, schließlich stellen die Samen nur einen sehr kleinen Teil der Bioabfälle dar.

Gut zu wissen

Zwar ist eine Rizinusvergiftung laut dem Infektionsschutzgesetz nicht ausdrücklich meldepflichtig. Allerdings müssen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland, jede Form von Vergiftung – auch bereits bei einem Verdacht – an das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) melden. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Chemikaliengesetz (§ 16e).

Fazit

Rizinus ist Heilpflanze und Giftpflanze zugleich. Während das Öl vielseitig einsetzbar ist, ist vom Umgang mit den rohen Samen dringend abzuraten. Wer den Wunderbaum dennoch im Garten anpflanzt, trägt eine große Verantwortung – besonders gegenüber Kindern und Tieren.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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