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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nachfrage bei Verbraucherzentralen Droht jetzt eine Explosion der Nebenkosten?
Ende 2022 fürchteten viele Mieter ihre kommende Heizkostenabrechnung. Und wie sieht es dieses Jahr aus? Wir haben uns erkundigt.
Anfang des Jahres gingen Experten aufgrund der neuen Abschlagszahlungen, der Energiepreisbremsen und des Tarifchaos davon aus, dass es viele Unstimmigkeiten bei den Neben- und insbesondere Heizkosten geben werde. Hatten sie recht? t-online hat nachgefragt.
Zahl der Beratungsanfragen bei den Verbraucherzentralen steigt
Einige Verbraucherzentralen der einzelnen Bundesländer teilten auf Nachfrage von t-online mit, dass sie einen "Anstieg der Nachfrage zu Heizkostenabrechnungen in der Preiskrise allgemein" verzeichnen. "In diesem Jahr sind es etwas mehr Anfragen/Beratungen seit dem Spätsommer als in den Vorjahren", erklärt Lorenz Bücklein, Teamleiter Digitales, Energie & Mobilität bei der Verbraucherzentrale Sachsen. Der Experte geht davon aus, dass sich das Krisengeschehen – auch mit falschen oder verwirrenden Abrechnungen der Preisbremsen – weiter auf die Beratungsnachfrage niederschlagen wird.
Auch die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern e. V. konnte schon seit Beginn des Jahres ein erhöhtes Aufkommen zu prüfender Heizkostenabrechnungen feststellen. So lag dieses beispielsweise bereits im 1. Halbjahr 2023 um 136 Prozent über dem Beratungsbedarf von 2022. Zwar rechnen die Verbraucherschützer aus Mecklenburg-Vorpommern mit einem weiterhin hohen Beratungsbedarf, "aber das Vorjahresniveau werden wir im 4. Quartal voraussichtlich nicht erreichen", erklärt Arian Freytag, Fachbereichsleiter Bauen/Wohnen/Energie bei der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern e. V.
Nikolaus Hoenning, zuständig für den Bereich Umweltbildung und Umweltberatung bei der Verbraucherzentrale Bayern e.V., erklärt t-online, "dass in Nürnberg und München die Anfragen stark gestiegen sind, nachdem seit August die Abrechnungen mit enormen Nachforderungen bei den Mietern eingegangen sind." Diese Entwicklung sei auch seitens der regionalen Caritas bekannt. In München und der Region kommt es jedoch noch zu einer Sondersituation, die beachtet werden muss: Durch IT-Probleme bei der Abrechnung wurde bei zahlreichen Kunden die Energiepreisbremse nicht berücksichtigt. In der Folge kam es zu Fehlern bei der Berechnung der neuen Abschlagszahlungen – und entsprechend hoch war der Beratungsbedarf in dieser Region.
Es gibt aber auch andere Erfahrungen. So antwortet Max Müller, juristischer Fachberater bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V., dass es dort in den letzten Wochen keinen Anstieg bei der Zahl der Beschwerden gab. Auch vermehrte Fehlerquoten bei den Heizkostenabrechnungen konnten die Verbraucherschützer in ihrem Einzugsgebiet nicht feststellen.
Wichtig
Anzumerken ist jedoch, dass es sich bei dem Beratungsaufkommen der Verbraucherzentralen nur um einen Teileinblick handelt. Denn Beratungen zu Nebenkostenabrechnungen finden vorwiegend durch die Mieterbünde beziehungsweise -vereine statt. Die Verbraucherzentralen beraten hingegen teilweise bei Unstimmigkeiten in den Heizkostenabrechnungen. Dazu zählen beispielsweise das Anwenden falscher Verteilungsschlüssel für die Kosten oder falsch in die Abrechnung übertragene monatliche Vorauszahlungen sowie Verbrauchsangaben der Zähler.
Inse Ewen, Expertin beim Team Energie und Klimaschutz der Verbraucherzentrale Bremen e.V., erklärt, dass es noch einen weiteren Faktor gibt, aufgrund dessen das Beratungsangebot gestiegen ist: der Austausch der Zähler. Viele mechanische Zähler wurden gegen Funkzähler ausgetauscht. Dadurch kann es zu Problemen und Unstimmigkeiten in der Heizkostenabrechnung kommen. Es sei daher wichtig, sich die Werte sowohl vor als auch nach dem Austausch zu notieren und später die Werte mit der Heizkostenabrechnung zu vergleichen.
Mieterbund: Große Nachfrage bei Betriebskosten-Beratung
Inzwischen hat der Hessische Mieterbund mitgeteilt, dass es einen hohen Beratungsbedarf bei der Betriebskostenabrechnung gebe. Bereits in den ersten drei Quartalen dieses Jahres wandten sich so viele Mieter wegen ihrer Betriebskosten an den Bund wie nicht einmal im gesamten Jahr 2021. Und auch der Beratungsbedarf von 2022, der bei 25.000 lag, werde mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich überschritten werden, heißt es. Vor allem durch die hohen Energiekosten ergibt sich laut Mieterbund eine hohe Belastung der Mieter.
Durch den Wegfall der Energiepreisbremsen und die Erhöhung der CO2-Abgaben im kommenden Jahr rechnen viele Verbraucherzentralen und Mietervereine mit einem noch höheren Beratungsbedarf. Betroffene sollten sich am besten vorab erkundigen, ob sie bei ihren Betriebs- und Mietkosten staatliche Unterstützungen in Anspruch nehmen können.
- Schriftliche und telefonische Anfrage bei den Verbraucherzentralen der Bundesrepublik
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa