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Drohende Stromdrosslung: Herausforderung für Netzbetreiber


Hohe Energienachfrage
Stromdrosselung: Diese Haushalte wären betroffen

Von dpa
Aktualisiert am 17.03.2023Lesedauer: 4 Min.
Ein Auto wird mit Strom aufgeladen (Symbolbild): In Emden sind nur wenig E-Autos unterwegs.Vergrößern des BildesAlles mit Strom: Die wachsende Nachfrage an Ladesäulen für die Mobilitätswende stellt die deutsche Energieinfrastruktur vor große Herausforderungen. (Quelle: IMAGO / Zoonar)

Die wachsende Zahl an E-Autos und von Wärmepumpen sollen Deutschland emissionsärmer machen. Für lokale Verteilernetze ist das eine Herausforderung.

Wie können lokale Stromnetze vor Überlastung geschützt werden, wenn Millionen von Elektroautos geladen werden und strombetriebene Wärmepumpen laufen? Mit "netzorientierter Steuerung", sagt das Energiewirtschaftsgesetz neuerdings. Doch so einfach wie das klingt, ist das nicht. Neben dem bundesweiten Netzausbau müssen noch andere Probleme gelöst werden.

Folgen für Millionen Verbraucher

Seit Wochen wird kontrovers über die Regeln debattiert. Kritiker warnen vor einer Drosselung für Wärmepumpen und Wallboxen. Schon jetzt ist klar: Die Regeln könnten Folgen für Millionen von Stromverbrauchern haben. Ab Januar 2024 sollen sie gelten.

Der Stromverbrauch in Deutschland wird in den kommenden Jahren deutlich ansteigen. Im Verkehrsbereich sollen Millionen von E-Autos dazu beitragen, dass Klimaziele erreicht werden, in Gebäuden sollen Millionen Wärmepumpen eingebaut werden.

Dieser schnelle Anstieg neuer Verbraucher aber stellt die Stromnetze vor große Herausforderungen, wie es in einer Stellungnahme der Deutschen Energie-Agentur an die Bundesnetzagentur heißt. Insbesondere die Niederspannungsnetze seien in der Regel nicht auf Lastspitzen ausgelegt, die bei einem gleichzeitigen Strombezug dieser neuen Verbraucher auftreten könnten.

Netzbetreiber sollen Engpässe umfahren

Damit der Hochlauf von Elektroautos und Wärmepumpen nicht durch Kapazitätsengpässe im Stromverteilnetz aufgehalten wird, sollen Netzbetreiber solche Engpässe durch Steuerung vermieden. Nach der Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes kann die Bundesnetzagentur dafür bundeseinheitliche Regelungen treffen.

Im November hat die Netzagentur erste Eckpunkte vorgelegt. Darin heißt es, die Verteilernetzbetreiber sollen die Möglichkeit bekommen, im Bedarfsfall steuernd einzugreifen – um einen sicheren Netzbetrieb aufrecht erhalten zu können. Gleichzeitig sollen sie aber nur so viel steuern wie unbedingt nötig ist, um den "Komfort" des Kunden so wenig wie möglich einzuschränken.

Es gehe um eine temporäre Reduzierung des Strombezugs aus dem Netz. Die Gegenleistung für Verbraucherinnen und Verbraucher: ein pauschaler Rabatt auf das Netzentgelt.

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Steuerbare Wärmepumpen, private Ladestationen sowie Stromspeicher sollen vor allem dann betrieben werden, wenn der Strompreis wegen hoher Einspeisung von erneuerbaren Energien gering ist. Die Steuerbarkeit soll es den Netzbetreibern dabei ermöglichen, Engpässe und damit lokale Stromausfälle zu vermeiden.

Warnung vor "erheblichen Komforteinbußen"

Wenn ein Engpass droht, sollen nach dem Konzept der Bundesnetzagentur zum Beispiel Wallboxen auf eine Leistung von 3,7 Kilowatt heruntergedrosselt werden können, um eine Überlastung zu verhindern. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet dabei mit einer dreifachen Ladezeit für E-Autos und warnt vor "erheblichen Komforteinbußen" bis hin zu Nutzungseinschränkungen.

Beim Bundesverband Wärmepumpe heißt es, schon jetzt gebe es freiwillige Vereinbarungen, um Wärmepumpen für einen Spitzenausgleich bis zu zwei Stunden abzuschalten – ohne Komfortverlust für die Haushalte. Nach den Eckpunkten der Bundesnetzagentur aber soll dies verpflichtend werden. Darin fehlten aber noch Detailvorgaben, bemängelt der Verband. Viele Wärmepumpen im Bestand ließen sich technisch auch nicht auf eine Leistung von 3,7 Kilowatt herunterfahren, so die Hersteller. Sie würden sich dann automatisch vollständig abschalten.

Erst aufladen, wenn Platz ist

Ein Bündnis aus dem Bundesverband Neue Energiewirtschaft, dem Bundesverband Wärmepumpen, dem VDA und dem Verbraucherzentrale Bundesverband fürchtet erhebliche Einschränkungen für Verbraucher.

Nötig seien Obergrenzen für "Notfall-Abdrosselungen" sowie zusätzliche Maßnahmen, um eine Netzüberlastung präventiv zu vermeiden – zum Beispiel zeitvariable Stromtarife. "Die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren dann finanziell davon, wenn sie ihre Ladevorgänge in Randzeiten niedriger Netzauslastung verlagern", so ein VDA-Sprecher. Direkte Steuerungseingriffe des Netzbetreibers dürften nur letztes Mittel sein.

Lion Hirth, Energieexperte an der Hertie School in Berlin, rät zu Anreizen, dann zu laden, wenn Platz in den Netzen sei. Voraussetzung sei, dass Deutschland bei der Digitalisierung des Stromsystems endlich entscheidend vorankomme. "Man braucht intelligente Messeinrichtungen, die das auch in Echtzeit übermitteln können. Deutschland ist hier spektakulär schlecht im internationalen Vergleich."

Energiebranche gegenüber Maßnahmen skeptisch

Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) weist die Kritik des Verbände-Bündnisses zurück, dass Netzbetreiber im Fall einer drohenden Netzüberlastung Geräte "einseitig und unbegrenzt" abdrosseln dürften. Kunden wüssten von Anbeginn, dass sie betroffen sein könnten und erhielten dafür eine finanzielle Vergütung in Form eines reduzierten Netzentgeltes – unabhängig davon, ob sie in der Folge tatsächlich von Steuerungsmaßnahmen betroffen seien.

"Unbegrenzt abdrosseln" sei nicht gegeben. Es gebe Mindestgrenzen, die nicht unterschritten werden dürften und es den Kunden ermöglichten, ihre normalen Stromverbraucher weiter zu betreiben. "Selbst der Ladevorgang eines E-Autos ist damit möglich, wenn auch mit reduzierter Leistung und damit längerer Ladezeit", so der VDE.

Nicht alle Haushalte seinen betroffen

Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hält die Sorge für unbegründet, dass Verbraucher zeitweise nicht mit Strom versorgt werden könnten. Die geplante Regelung gelte somit nicht für alle Haushalte. "Sie ist lediglich auf die Haushalte beschränkt, die eine Wallbox oder eine Wärmepumpe installiert haben." sagt Hauptgeschäftsfüherin Kerstin Andreae.

Der Haushalt selbst bleibe von einer möglichen kurzzeitigen Dimmung unberührt. "Kühlschrank, Waschmaschine und Internet laufen weiter wie bisher."

Oberste Prämisse sei nach wie vor der Netzausbau. "Die Möglichkeit zur kurzzeitigen Dimmung ist eine Ultima Ratio-Maßnahme, bis das Netz an den neuen Bedarf angepasst ist." Die punktuelle Steuerung ersetze den Netzausbau nicht, sondern gewährleiste kurzfristig die Versorgungssicherheit.

Bundesnetzagentur will Lösung präsentieren

An diesem Donnerstag gibt es bei der Bundesnetzagentur eine öffentliche Anhörung, in der die strittigen Punkte nochmal diskutiert werden. Im zweiten Quartal will die Behörde dann einen konkreten Regelungs-Entwurf veröffentlichen. Anschließend können sich alle Betroffenen auch dazu nochmal äußern. Im Herbst will die Behörde dann die endgültige Regelung vorlegen, die ab Januar 2024 gelten soll.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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